Gewalt gegen Frauen

Asylunterkünfte: "Man verlässt sein Land doch nicht, um zu sterben"

Alexander Brock

Lokales

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3.8.2021, 06:00 Uhr
Bedrängt und bedroht: Geflüchtete Frauen berichten über Gewalt von Männern in Flüchtlingsunterkünften.

© Jan-Philipp Strobel, NN Bedrängt und bedroht: Geflüchtete Frauen berichten über Gewalt von Männern in Flüchtlingsunterkünften.

"Was bleibt, ist die Angst - das Gefühl, ausgeliefert zu sein." Es ist das Resümee einer Frau, die seit Jahren in einer staatlichen Sammelunterkunft in Nürnberg wohnt und seit kurzem anerkannte Asylbewerberin ist. Ihr Name: Seide Muhabaw, sie stammt aus Äthiopien und ist alleinerziehende Mutter. Sie ist eine von drei Frauen, die erzählen wollen, wie sie das Zusammenleben mit Männern in den Unterkünften erleben oder erlebten. Von Einschüchterung ist die Rede, von Bedrohung, Gewalt und Mord.

Das Kernproblem, das bei einem vom EU-Projekt Rosa Asyl organisierten Treffen skizziert wird, ist das Zusammenleben von Männern und Frauen in Flüchtlingsunterkünften. Betroffen sind Frauen ohne Familien, teils aber mit Kindern, denen sich Männer annähern. "Viele Frauen sehen sich gezwungen, sich einen Typen als Protektor zu nehmen", berichtet Rita Anyidoho aus Ghana. Warum? Aus Angst vor anderen Männern und weil die Frauen anfangs oft kaum Deutsch sprechen.

Bedrängt und bedroht

Die 30-jährige Anyidoho war Bewohnerin einer staatlichen Unterkunft am Kleinreuther Weg in Nürnberg. Bedrängt und bedroht habe sie ein Nachbar in der Unterkunft, der aus Nigeria stammt. Als die 30-Jährige ihn abwies, sei dieser damit nicht klargekommen. "'I will rape you', hat er gesagt (Ich werde dich vergewaltigen), erzählt Anyidoho. Die Mutter von drei Kindern habe Angst gehabt, zumal sie in einem Apartment mit sieben Männern gelebt habe. Anyidoho ging zur Polizei und zeigte den Mann an. Sie konnte dann in eine neue Unterkunft ziehen, um sich aus der Situation zu befreien.

Die 26-jährige Seide Muhabaw berichtet von einer ähnlichen Situation. Der Äthiopierin näherte sich ein Landsmann, den sie immer wieder abweisen musste. Die alleinerziehende Mutter lebte in einer Unterkunft in der Nürnberger Tassilostraße. Die Zurückweisungen akzeptierte er aber nicht und steigerte laut Muhabaw sein Bedrohungspotential. "Einmal klopfte es an meine Türe", berichtet die 26-Jährige. Sie öffnete und er steckte seinen Fuß in die Türe. "Er kam mit Gewalt ins Zimmer, meine Tochter hat geweint. Er sagte: 'Ich kann jetzt mit Dir alles tun, was ich will'", schildert die 26-Jährige. Sie konnte sich befreien, verständigte die Polizei, es kam zur Anzeige. Anders als bei Rita Anyidoho musste der mutmaßliche Täter die Unterkunft verlassen. Doch Angst hat die Äthiopierin nach wie vor: "Er weiß, wo ich wohne."

Frau und Kind mit Messer getötet

Dass eine Anzeige bei der Polizei und die Verlegung des gewalttätigen Mannes nicht immer ausreichen, macht der Bericht von Almaz Sebehat deutlich. Die Äthiopierin wurde Zeugin, als ein Mann ihre Freundin und deren zweijähriges Kind in einer Asylunterkunft im oberfränkischen Kronach auf grausame Weise tötete. Die Freundin und Nachbarin von Sebehat ließ sich mit einem Mann aus Marokko ein, der sich als äußerst gefährlich herausstellte.