Chaotische Szenen
Beinahe jeden Montag in Nürnberg: Das steckt hinter den Großeinsätzen der Polizei in der Innenstadt
13.04.2025, 05:00 Uhr
Absperrgitter, die an Festivalzäune erinnern, umrahmen den Hallplatz, während Polizeibusse dicht an dicht parken. Beamtinnen und Beamte, die ihre Helme unter dem Arm tragen, beobachten mit strengem Blick das Geschehen auf dem Platz und in der Umgebung. Am Denkmal der Vertriebenen hält das „Team Menschenrechte“ eine Kundgebung ab, während ein paar Teilnehmende Deutschlandfahnen schwenken. Weiter hinten, beim Trinkwasserbrunnen, versammeln sich Gegendemonstrierende und die Nürnberger Ortsgruppe der „Omas gegen rechts“ hält eine Mahnwache gegen die Demonstration des „Team Menschenrechte“ ab. Diese immer gleiche Szenerie entfaltet sich fast jeden Montagabend in der Nürnberger Innenstadt aufs Neue
Wer ist das „Team Menschenrechte“ 2025?
Das „Team Menschenrechte“ ist aus den Kritikerinnen und Kritikern der Corona-Maßnahmen hervorgegangen, die sich einst unter den Namen „Querdenken911 Nürnberg“ und „Corona-Rebellen“ zusammengefunden hatten. Mittlerweile wird unter anderem gegen „unkontrollierte Massenmigration“ und „Gesinnungsjustiz“ protestiert. Der „Staatsstreich“ soll beendet werden, hieß es in den Aufrufen der letzten Wochen.
Die Proteste des „Team Menschenrechte“ haben sich zu einem Treffpunkt für Rechtsextreme und Funktionäre der AfD entwickelt. Auf Anfrage unseres Medienhauses teilt der Verfassungsschutz mit, dass regelmäßig Extremisten an den Veranstaltungen teilnehmen, die vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden.
Chaotische Szenen
Setzt sich das „Team Menschenrechte“ nach der Kundgebung in Bewegung, verändert sich die Szenerie schnell. Der Demonstrationszug wird durch die Nürnberger Innenstadt geleitet, auch der Gegenprotest setzt sich in Bewegung. Immer wieder rennen Gruppen an Einsatzkräften und Gegendemonstranten durch die Straßen und Gassen. Bummler und Passantinnen springen zur Seite und fragen kurz darauf, was hier eigentlich vor sich geht. Oftmals führt die Route über den Plärrer und die breiten Straßen des Frauentorgrabens. Die Hauptverkehrsader wird dann komplett abgesperrt, Straßenbahnen und Stadtbusse stauen sich am Hauptbahnhof, der Feierabendverkehr kommt zum Erliegen.

Wenn der Demonstrationszug von „Team Menschenrechte“ in Bewegung ist, wird von Teilnehmenden regelmäßig „Re- Re-, Remigration“ und „wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ skandiert. Zur Gestik einiger Teilnehmenden gehört auch das Zeigen des White-Power-Handzeichens. Ein Symbol, das von verschiedenen rechtsextremen, rassistischen Gruppen verwendet wird, um die Überlegenheit von weißen Menschen zu propagieren.
Gegen die Aufmärsche von „Team Menschenrechte“ regt sich großer Protest. Seit Januar versammeln sich Montag für Montag Hunderte Gegendemonstrierende in der Innenstadt. Zu den Protestformen gehören auch immer wieder Sitzblockaden. Die Polizei setzt regelmäßig Schlagstöcke sowie Pfefferspray gegen die Gegendemonstranten ein und versucht ein direktes Aufeinandertreffen der beiden Lager zu verhindern - dies gelingt nicht immer.
Neonazi beteiligt: Angriff auf Gegendemonstranten am Hauptbahnhof
So kam es am Montag, den 7. April, nach der Abschlusskundgebung des „Team Menschenrechte“ zu einem Angriff von Teilnehmenden dieser Kundgebung auf Gegendemonstranten in der Königstorpassage. Die Polizei konnte den Angriff trotz eines Großaufgebots in der Innenstadt nicht verhindern. In den vergangenen Wochen wurde ein Teil der Gruppierung „Team Menschenrechte“ von Einsatzkräften durch die Königstorpassage bis zur U-Bahn begleitet. Am 7. April verzichtete die Polizei jedoch auf diese Begleitung. Warum diesmal darauf verzichtet wurde, konnte die Pressestelle der Polizei Mittelfranken mit Verweis auf „polizeitaktische Erwägungen“ auf mehrmaliges Nachfragen nicht erklären.
Auch zum Angriff machte die Polizei mit Verweis auf laufende Ermittlungen keine weiteren Angaben. In einer ersten Pressemitteilung sprach sie am Montagabend lediglich von einer „teilweisen körperlichen Auseinandersetzung“ – und hielt auch am Freitag auf Nachfrage an dieser Darstellung fest. Das für den Staatsschutz zuständige Kommissariat der Nürnberger Kriminalpolizei hat die Ermittlungen übernommen und sucht nach Zeugen.
Nach Informationen unseres Medienhauses ging die körperliche Auseinandersetzung von einer Teilgruppe des „Team Menschenrechte“ aus. Der Redaktion ist zudem bekannt, dass an dem Angriff mindestens ein Neonazi beteiligt war.
Weitere Eskalation droht
Eine Entspannung der Lage ist in den kommenden Wochen kaum zu erwarten. Für Montag, den 14. April, hat das „Team Menschenrechte“ bereits die nächste Kundgebung angekündigt. Am Samstag, 26. April, ist im Rahmen eines bundesweiten Aufrufs ein weiterer „Protestmarsch“ geplant. Zum Gegenprotest am Montag werden erneut mehrere Hundert Menschen erwartet.
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Das zuständige Fachkommissariat der Nürnberger Kriminalpolizei hat die Ermittlungen zu dem Vorfall in der Königstorpassage (Montag, 7. April 2025, kurz nach 21.30 Uhr) übernommen und bittet nun weitere Zeugen und etwaige Geschädigte, sich unter der Rufnummer 0911 2112 - 3333 zu melden.