Beton statt Grün: Mehr Wohnungen im Nürnberger Süden?

21.7.2020, 05:57 Uhr
Beton statt Grün: Mehr Wohnungen im Nürnberger Süden?

© Foto: Rurik Schnackig

Das Schreckgespenst ist bereits bekannt: Immer wieder mal ist in der Vergangenheit geprüft worden, ob und wieweit sich das Gelände der Kleingartenanlage an der Hinteren Marktstraße für eine Wohnbebauung eignet. Schon Anfang der 80er Jahre bangten Pächter um ihre grünen Oasen, weil über einen Verkauf des Grundstücks nachgedacht wurde.


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Vor 15 Jahren wurde es konkreter und ein Bebauungsplanverfahren kam auf den Tisch. Bürgerverein und Bürger stemmten sich dagegen. Nach einem Antrag der SPD 2007 beschloss der Stadtrat, das Bebauungsplanverfahren einzustellen. Hauptgründe waren damals der Schutz des intakten Grünsystems der Kleingärten sowie die Tatsache, dass dann Bebauung noch näher an die benachbarte Müllverbrennung rücken würde.

Mittlerweile gibt es ein neues Bebauungsplanverfahren. Längst haben die Pächter der betroffenen Parzellen ihre Kündigungen erhalten und ihre Naherholungs-Domizile verlassen. Käufer der Fläche ist das Evangelische Siedlungswerk ESW. Die Grünanlage liegt zwischenzeitlich da wie in einem Dornröschenschlaf. Zugewachsen, kaum einsehbar.

In leeren Gärten gegrillt und gefeiert

Ein Pächter einer benachbarten Anlage, die nicht betroffen ist, verweist auf ein Absperr-Schloss, das zusätzlich an der grünen Gittertür angebracht wurde. "Da sind fremde Leute eingestiegen und haben in den leerstehenden Gärten gegrillt und gefeiert", berichtet er. Dass hier aktuell keine Nutzung stattfinde und vermutlich auch dauerhaft keine mehr möglich ist, hält der Mann, dessen Familie seit 38 Jahren nebenan eine Parzelle hat, für einen großen Fehler. "Diese Grünflächen bilden ja auch gleichzeitig den nötigen Abstand zwischen der Müllverbrennungsanlage und der Wohnbebauung."

Das unterstreicht auch der Bürgerverein St. Leonhard/Schweinau. Dessen Vorsitzender Klaus Thaler kann nicht nachvollziehen, weshalb die Argumente, die schon einmal gegen eine Bebauung gesprochen haben, nun nicht mehr gelten sollen. Im Gegenteil: "Die Entscheidung von einst wird doch jetzt noch untermauert", so Thaler. Schließlich sei das Thema Klimawandel vor Corona das beherrschende Thema aller Parteien gewesen. "Und die bioklimatische Situation in St. Leonhard und Schweinau ist sehr ungünstig."

Grünflächen: Keine konkreten Pläne

Auch wenn es offenbar noch keine konkreten Pläne gibt – aufgeflammt ist das Thema mit der Bebauung jetzt erneut, weil der Stadtrat im April den Bau einer Straße abgesegnet hat, die aktuell ein Fuß- und Radweg zwischen der betroffenen und der benachbarten Kolonie ist. Es wäre die Erschließungsstraße für ein mögliches Wohngebiet. "Wenn dann alle durchfahren, ist es mit unserer Ruhe vorbei", sagt eine Kleingärtnerin.


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Marion Simon vom Bürgerverein St. Leonhard/Schweinau pflichtet bei. Sie fürchtet auch, dass – ist erst der Anfang gemacht – die Tage der angrenzenden Bahngärten gezählt sein könnten. Ob man auf dem infrage kommenden Grundstück tatsächlich wieder Kleingärten errichten müsste, könne man überlegen, findet sie. Öffentliche Grünflächen, für jedermann nutzbar – darüber sollte man nachdenken.

Dies finden auch die Grünen. Sie haben nun einen Antrag eingereicht: die Stadt soll zunächst erklären, welche Gründe dazu geführt haben, das Bebauungsplanverfahren wieder einzuleiten. "Dass man eine Bebauung verhindern kann – meine Hoffnung ist da gering", sagt Grünen-Stadtrat Cengiz Sahin. "Aber vielleicht können wir tatsächlich eine Teilfläche als öffentliche Grünfläche sichern?"

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