Grünen-Antrag

Bezahlkarte erschwert Schulstart: Grüne fordern Lösung für geflüchtete Schüler

Jannik Westerweller

Nordbayern.de

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10.10.2024, 05:00 Uhr
Die Bezahlkarte erschwert den Schulstart für Kinder. (Symbolbild)

© IMAGO / Panthermedia; IMAGO / Bihlmayerfotografie Die Bezahlkarte erschwert den Schulstart für Kinder. (Symbolbild)

Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist das umstrittene Projekt der Länder, um Migration zu begrenzen, sie soll abschrecken und Anreize für sogenannte illegale Migration senken, sie soll verhindern, dass Asylsuchende Geld an Familienmitglieder oder gar Schleuser schicken. Immer wieder wird das Modell kritisiert: Denn mit der Karte gehen viele Einschränkungen für Asylsuchende einher.

Zuletzt wurde im Fall einer Frau aus Schwabach ein eindeutiges Urteil des Nürnberger Sozialgerichts gesprochen: Die Bezahlkarte bedrohe das Existenzminimum, da es ihr einerseits nicht möglich war, im benachbarten Nürnberg einzukaufen oder günstigere Artikel aus dem Internet zu erstehen. In Nürnberg formierte sich eine Initiative gegen die Bezahlkarte.

Gerade auch Kinder und Jugendliche leiden unter der Bezahlkarte, so argumentiert die Grünen-Fraktion im Nürnberger Stadtrat. Der festgesetzte Betrag von 50 Euro Bargeld pro Person reiche nicht aus, gerade wenn zu Beginn des neuen Schuljahres Materialien beschafft werden müssen. Das könne für Schülerinnen und Schüler einerseits sehr belastend sein, "wenn sie merken, dass alle anderen Schüler:innen die Unterrichtsmaterialien haben, nur sie nicht, weil ihre Eltern es alleine nicht schaffen", so heißt es im Antrag der Grünen im Stadtrat. Außerdem sei ein guter Schulstart kaum möglich, wenn die Schülerinnen und Schüler ihre Arbeitsmaterialien zu spät oder gar nicht haben.

Bis zu 100 Euro pro Kind

Zum Vergleich: In Bayern gängige Schul-Arbeitshefte kosten im Durchschnitt zwischen zehn und 15 Euro. Damit kommen schnell hohe Kosten zusammen: Mit allen Materialien, vom Malkasten bis zum Schulheft, sind bis zu 100 Euro pro Kind fällig, erzählt Gabriella Klaßen, bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Stadtrat und ehemalige Schulleiterin.

Nicht immer könnten Eltern das Material im Internet bestellen oder mit Karte im Laden kaufen, oft besorgten auch die Lehrerinnen und Lehrer die Arbeitsmaterialien für die gesamte Klasse. Gerade Familien mit mehreren Kindern könnten sich die Besorgungen zum Schulstart kaum leisten. "Mir hat erst heute jemand geschrieben: ‚Mein Sohn musste 78 Euro Materialgeld bei der Schule abgeben‘", erzählt Réka Lörincz, Grünen-Stadträtin und Mitunterzeichnerin des Antrags. Falls das mit der Bargeldgrenze überhaupt möglich sei, dann nur mit Abstrichen, zum Beispiel beim Taschengeld.

Ebenfalls, so argumentiert die Grünen-Fraktion im Nürnberger Stadtrat, würden Jugendliche ab 14 Jahren den Umgang mit Bargeld sowie mit Online-Banking damit nicht ausreichend lernen. Es komme zu Stigmatisierung, wenn sie aufgrund von defekten Kartenlesegeräten oder verlorenen Karten überhaupt nicht zahlen könnten. Passiert das in der Mensa, falle für betroffene Kinder nicht nur das Mittagessen aus - auch andere Kinder bemerken das und "können grausam sein". "Es leiden wieder die Kinder darunter. Immer die Schwächsten", sagt Lörincz.

Strukturelle Lösungen, keine Einzelfalllösungen

Die Grünen-Fraktion möchte daher wissen, wie viele Kinder und Jugendliche von der Bezahlkarte getroffen sind, wie die Schulen damit umgehen und welche Erfahrungen sie zu Schulbeginn machen, welche Lösungen es bereits gibt und ob gewisse Beträge für Schulhefte und Material über das Programm "Bildung und Teilhabe" gedeckt sind.

Klaßen weiß: Das Programm deckt nur Kosten für Ausflüge. Für Schulmaterialien gibt es jedoch gesonderte Zuschüsse in Höhe von 195 Euro pro Kind und Schuljahr. Es geht nun darum, diese Probleme in den Ausschüssen sichtbar zu machen. "Wir werden in der Debatte darauf drängen, dass die zuständigen Ämter eine Lösung finden", sagt Lörincz. Es brauche strukturelle Lösungen des Sozialreferats und des Schulreferats, keine Einzelfalllösungen.

"Im Schulausschuss sind alle um unsere Schülerinnen und Schüler besorgt", sagt Klaßen zuversichtlich. "Man kann nicht sagen, das ist Quatsch, was wir da schreiben. Es ist ja offensichtlich."

Doch ihre Kollegin Lörincz weiß auch: Oft wird mit fehlender Zuständigkeit, mangelndem Handlungsspielraum argumentiert. Fraglich sei für sie dann, warum Nürnberg bei der Einführung der Bezahlkarte voran preschte: "Dort, wo es nicht dringend ist, aber den Betroffenen schadet, drückt die Ausländerbehörde aufs Tempo. Dort, wo es dringend ist, dauert es ewig", sagt Lörincz und verweist auf den Personalmangel in den Ämtern.

Am Donnerstag soll der Antrag im Sozialausschuss der Stadt Nürnberg besprochen werden. Allerdings rechnet die Grünen-Fraktion damit, dass es sich noch verzögern könnte, bis alle nötigen Daten gesammelt sind.

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