Betrieb läuft weiter

Fall „Buonissimo“: Zoll vermeldet Zwischenstand, Anwalt zeigt sich zuversichtlich

12.7.2024, 12:14 Uhr
Die fränkische Kette "Buonissimo" beziehungsweise deren Gründer stehen im Verdacht, Wirtschaftsbetrug begangen zu haben.

© Felix Schwarz Die fränkische Kette "Buonissimo" beziehungsweise deren Gründer stehen im Verdacht, Wirtschaftsbetrug begangen zu haben.

Es geht nicht um Eis, um süße Schoko-Saucen und um fruchtige Eisbecher. Es geht um den Einsatz "billiger" ausländischer Arbeitskräfte, Sozialversicherungsbetrug und Mindestlohnunterschreitung – so lautet zumindest der Verdacht, auf dessen Grundlage am Mittwoch diverse Razzien in sämtlichen Eisdielen der Kette "Buonissimo" stattgefunden haben.

Nach Razzia: Wie geht es für die "Buonissimo"-Filialen weiter?

Die fränkische Eismanufaktur steht derzeit im Visier des Zolls, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit ermittelt unter anderem wegen Sozialversicherungsbetrug. Am vergangenen Mittwoch durchsuchten demnach über 350 Einsatzkräfte 57 Objekte, insbesondere Wohnungen und Eisdielen, die im Zusammenhang mit "Buonissimo" stehen. Dabei wurden laut den Behörden "umfangreiches Beweismaterial" in Form von Unterlagen, Smartphones und Computern gesichert, welche nun gründlich ausgewertet werden. Das steht jedenfalls als nächster Schritt in der Ermittlungsarbeit der sogenannten "SOKO Arktis" auf dem Programm. Aber wie geht es für das Unternehmen, seine einzelnen Filialen und damit auch für die Kundschaft weiter?

Erstmal ganz normal. Eine Mitarbeiterin einer Nürnberger Filiale bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion, dass sämtliche Eisdielen der "Buonissimo"-Kette weiterhin geöffnet bleiben und sich für die Kundschaft zunächst nichts ändern werde. Es herrscht also unabhängig der schweren Vorwürfe weiterhin weitestgehend normaler Betrieb. Zuvor hatte etwa eine Filiale in Forchheim am Tag nach der Razzia geschlossen, öffnet nun aber auch wieder am Freitag ihre Pforten.

Erster Verdacht widerlegt: Zoll vermeldet vorläufige Erkenntnisse

Im Hintergrund laufen die Ermittlungsarbeiten derweil auf Hochtouren - und förderten auch schon erste Erkenntnisse zutage. Wie eine Sprecherin des Hauptzollamtes Regensburg auf Nachfrage erklärte, hat sich der Verdacht, es würde ausländische Arbeitskräfte ohne Genehmigung in den Eisdielen arbeiten, widerlegt: "Es gab den Verdacht, dass dort Arbeitnehmer gearbeitet haben, welche zumindest für eine bestimmte Zeit lang nicht dort hätten arbeiten dürfen. Aber inzwischen haben alle ein Visum. Grobe ausländerrechtliche Verstöße kann man ausschließen."

Vorwürfe hinsichtlich eines möglichen Sozialversicherungsbetrugs bleiben indes vorerst bestehen so lange die Auswertung der sichergestellten Dokumente, Chats und Geräte noch läuft. "Die Auswertung wird wohl mehrere Monate dauern und kann sich sogar über Jahre ziehen", erklärte die Zoll-Sprecherin. Wie schnell es der zuständigen Arbeitsgruppe gelingt, aus den sichergestellten Unterlagen Erkenntnisse herauszufiltern, hängt nicht zuletzt von den Vorgaben des Staatsanwaltes und der Eindeutigkeit der Beweismittel ab. Hinsichtlich des Umfangs des möglichen Betrugs lässt sich bislang zumindest eine grobe Größenordnung definieren: Nach Angaben der Sprecherin ist womöglich eine Schadenssumme von bis zu einer Million Euro pro Jahr nachweisbar.

Abgesehen von der Sicherstellung diversen Beweismaterials wurde auch zahlreiche Vernehmungen durchgeführt. Die Zoll-Sprecherin zog dazu eine positive Zwischenbilanz: "Die Vernehmungen liefen gut, damit können wir auf jeden Fall arbeiten." Mit der konkreten Anforderung, sämtliche Mitarbeitende, welche im Rahmen der Razzia in den einzelnen Filialen anzutreffen waren, direkt zu vernehmen, wurden "im Durchschnitt drei bis vier Personen pro Eisdiele" befragt. "Die Arbeitnehmer und die Geschäftsführer der einzelnen Filialen haben nicht alles abgestritten", konstatierte die Sprecherin.

Forchheimer Anwalt zuversichtlich: "Viele hochspannende Anhaltspunkte"

Thomas Mönius, der Anwalt des "Buonissimo"-Gründers, zeigte sich gegenüber unserer Redaktion "sehr verwundert, dass derartige Zwischenstandsmeldungen frühzeitig weitergegeben werden", wollte die Zeugenaussagen aber vorerst nicht kommentieren.

Grundsätzlich gab sich der Forchheimer Verteidiger sehr zuversichtlich, die vorgetragenen Vorwürfe zu entkräften: "Wir sind unverändert und mehr denn je überzeugt, dass wir es mit beharrlicher Arbeit Schritt für Schritt widerlegen können." Die Zuversicht nährt sich auch aus Mönius‘ ersten Eindrücken vom Tag der Razzia: "Mir ist es wichtig, möglichst schnell vor Ort zu sein, ein Gefühl zu bekommen und den Menschen direkt beim Zugriff zu erleben. Dadurch bekommt man ein Gespür, ob der Vorwurf begründet ist, ob der Betroffene mit einer Tataufdeckung gerechnet hat oder komplett unvorbereitet getroffen wurde", erklärte Mönius, der sich nach über drei Jahrzehnten Berufserfahrungen eine gute Menschenkenntnis in solchen Situationen attestiert. In diesem Fall sei der Beschuldigte "zutiefst betroffen und bestürzt, wie vom Blitz getroffen" gewesen.

Demzufolge betonte der Anwalt insbesondere die menschliche Dimension der Vorwürfe: "Menschen, die keine Straftäter sind und auch nicht mit solchen Vorfällen rechnen, sind nach derartigen Durchsuchungen völlig durch den Wind." Zwar würden die Betriebe nach außen hin normal weiterlaufen, aber die Betroffenen hinter den Betrieben "müssen so einen Überfall erstmal verarbeiten, das ist eine der schlimmsten Erfahrungen", so Mönius.

Auch deshalb arbeitet der Verteidiger aktiv an der Aufklärung des Falls mit und steht in engem Kontakt zur Staatsanwaltschaft. Ein solcher Fall sei "für alle Seiten, für Ermittler und natürlich für die Betroffenen, unerträglich" - auch weil er sich wohl über Jahre hinweg ziehen wird. Der Anwalt prognostizierte angesichts der umfangreichen Beweismittel und der knapp 300 Beitragsvorgänge eine Dauer von "fünf bis acht Jahren".

Aber: Der Forchheimer Jurist freut sich auf die Bearbeitung des Falls und zeigte sich zugleich sehr optimistisch, da er "viele hochspannende Anhaltspunkte" feststellt, die er im Laufe des Falls zugunsten seines Mandanten anführen kann.

Das ist "Buonissimo"

"Buonissimo" ist eine Eisdielen-Kette, deren Firmensitz in Heroldsberg vor den Toren Nürnbergs liegt und welche eigenen Angaben zufolge 29 Filialen betreibt. Dabei konzentrieren sich sämtliche Standorte mit sehr wenigen Ausnahmen auf das Bundesland Bayern und speziell auch auf den Norden des Freistaates: So ist "Buonissimo" unter anderem in Erlangen, Nürnberg, Bamberg, Bayreuth, Forchheim und Würzburg vertreten.