Flusskreuzfahrt-Tourismus: "Wichtiges Segment" für Nürnberger Tourismus
8.10.2019, 06:00 UhrIm Minutentakt fahren am Wochenende die Busse am Personenschifffahrtshafen im Stadtsüden vor. An allen zehn Liegeplätzen ankern große Schiffe, und die Busse holen Touristen ab, um sie in die Stadt zu fahren, oder bringen sie vom Ausflug wieder zurück.
Ein etwa 70 Jahre altes Ehepaar aus Orlando in den USA ist erschöpft, als es aussteigt. "Mein Kopf ist ganz voll", sagt die Frau. Beide seien aber "very impressed", sehr beeindruckt von Nürnberg. Besonders die nach den Kriegszerstörungen wieder aufgebauten Gebäude haben es ihnen angetan. "So gepflegt, so schön gestrichen", sagt der Mann.
Der Großteil der Flusskreuzfahrttouristen ist über 65 Jahre alt und kommt aus dem englischsprachigen Raum, sagt Antonia Frisch von der Wirtschaftsförderung Nürnberg, die den städtischen Hafen betreibt. "USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Großbritannien", zählt sie auf. Aber auch deutsche Touristen seien mit dem Schiff unterwegs.
"Die Touristen sind gut situierte Rentner"
Die Renner bei den Landausflügen sind die "Altstadttour" mit Kaiserburg und Hauptmarkt sowie die "World-War-II-Tour" mit ehemaligem Reichsparteitagsgelände, Dokuzentrum und Memorium Nürnberger Prozesse, sagt Frisch.
Etwa 140.000 Gäste kommen während der Saison am Hafen im Stadtteil Maiach an, verteilt auf circa 1000 Anlegungen. Im Schnitt gibt ein Tourist 30 Euro pro Tag an Land aus. "Der Flusskreuzfahrt-Tourismus ist ein wichtiges Segment für den Tourismus in Nürnberg", betont auch Yvonne Coulin, Chefin der Congress- und Tourismus-Zentrale (CTZ). Der Besuch könne für die Gäste ein Anreiz sein, um wieder zu kommen.
Hafenausbau: Nürnberg rüstet sich für Kreuzfahrt-Boom
"Die Touristen sind gut situierte Rentner", sagt Ann-Christin Doyen. Die Historikerin macht freiberuflich Stadtführungen für "Geschichte für Alle". Nürnberg sei mehr als Lebkuchen und Würstchen, das solle den Kreuzschifffahrtstouristen vermittelt werden. "Wir fahren zum Beispiel auch in die Industriegebiete, etwa zum Rangierbahnhof. Außerdem erklären wir die NS-Zeit aus Nürnberger Perspektive und auch, wie sich die Stadt damit auseinandersetzt", sagt Doyen. Der letzte Stopp sei oft die Kaiserburg. "Die ganze Tour dauert etwa zweieinhalb Stunden."
Der Kreuzfahrt-Tourismus steht aber auch in der Kritik: Immer wieder gibt es Debatten über die Umweltverschmutzung, die die mit Schweröl betriebenen Schiffe anrichten. "Das ist auch bei uns ein Thema", sagt Antonia Frisch von der Wirtschaftsförderung. Kapitäne und Crew müssten sich an den Luftreinhalteplan der Stadt halten. "Der schreibt etwa eine Stromabnahmepflicht vor." Das bedeutet, dass die Schiffe den Ökostrom vor Ort nutzen müssen.