Giftiges Gewässer: Grüne wollen den Silbersee überprüfen
26.8.2020, 12:13 Uhr"Eines Nachts findet Trixi im Silbersee eine Leiche." Dies stammt aus dem Inhalt des Buches "Der Tote vom Silbersee" aus der Feder der Nürnberger Autorin Ursula Schmid-Spreer, die das Buch zusammen mit Christine Schneider geschrieben hat. Die fiktive Geschichte handelt von illegalen Hundekämpfen, und es ist kein Zufall, dass die Schriftstellerinnen einen Teil der Handlung an das Gewässer im Südosten Nürnbergs verfrachtet haben.
Der Nürnberger Silbersee ist immer noch giftig
Über Generationen erzählte man sich etwa, dass hier nach Kriegsende ein voll besetzter Jeep mit US-Soldaten hineingestürzt sei. Die GIs hätten nach einem Gelage die Orientierung verloren und seien mit dem Auto in den Silbersee gefahren und ertrunken. Nun würden sie nach jedem, der versucht, hier zu schwimmen, mit ihren skelettierten Händen greifen und ihrerseits versuchen, ihn auf den Grund zu ziehen.
Tatsächlich sollen sich US-Soldaten unter den Opfern befinden, heißt es, der Rest ist Schauermärchen. Real ist aber das nach wie vor bestehende Badeverbot, auf das rund um den See Schilder mit Totenkopfsymbolen hinweisen. Schuld daran ist die hohe Konzentration von Schwefelwasserstoff im Gewässer. Der Chemiker kann hier noch vieles in Formeln gießen, für den Laien reicht es meist zu wissen, dass Schwefelwasserstoff stark nach faulen Eiern riecht.
Kampfstoffe und Abfälle
Wie kam es zu der Anreicherung? Während der NS-Zeit wurde die Fläche für das geplante "Deutsche Stadion" ausgehoben – ein weiteres Größenwahn-Projekt von Adolf Hitler. Später gelangten auch durch die danebenliegende Altdeponie Silberbuck unterschiedliche Stoffe in die Grube, die heute als hoch kritischer Sondermüll einzustufen sind: Kampfstoffe aus dem Zweiten Weltkrieg sowie Abfälle aus der Pharma-, Mineralöl-, Metall- und Pflanzenschutzindustrie.
Der Schwefelwasserstoff befindet sich in den unteren Schichten des Wassers. Wird die Oberfläche beim Schwimmen aufgewühlt, kommen Dämpfe an die Oberfläche und führen dort zu Lähmungen und Bewusstlosigkeit. Nicht wenige zweifeln dies jedoch mittlerweile an und verweisen darauf, dass auch Fische dort zu sehen seien. Diese hätten sich arrangiert, indem sie nur den höherliegenden Teil des Wassers als Lebensraum nutzen, wie Fachleute festgestellt haben.
Durch Corona zieht es immer mehr an die Seen
Da durch die Corona-Zeit der Ansturm auf Nürnbergs Seen steige und in jüngster Zeit immer mal wieder Menschen angetroffen wurden, die vorhatten, in dem stark belasteten Gewässer zu schwimmen, sehen die Grünen dringenden Handlungsbedarf. Auch, weil das Wissen um die Geschichte und damit um die Gefahr im Jahr 2020 nicht mehr so ausgeprägt sei.
Die Verwaltung soll daher, laut dem Antrag der Grünen-Fraktion, die aktuelle Konzentration problematischer Stoffe im Silbersee ermitteln und darüber berichten. Dabei soll auch erörtert werden, wie man die Bürger wieder besser für die Gefahr sensibilisieren kann. Eventuell seien neue Verbotsschilder mit mehr Erklärungen in verschiedenen Sprachen erforderlich.
Umfassende Sanierung zu teuer
Außerdem soll ermittelt werden, ob bei der benachbarten Altdeponie Silberbuck Handlungsbedarf besteht, weil sich etwa die Schadstoffe weiter ausbreiten. Immer mal wieder war in den vergangenen Jahren die Zukunft des Silbersees im Gespräch. Eine umfassende Sanierung des Silbersees wurde jedoch bislang ausgeschlossen. Sie gilt wegen der zu erwartenden immens hohen Kosten schlicht als zu teuer.
22 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen