Helfer beklagen Übergriffe auf Nürnberger Obdachlose
3.4.2019, 05:58 UhrEin bisschen gemütlich soll es schon sein. Regina sitzt auf einem Campingstuhl. Ihr Freund "Auge" hat es sich auf einer Matratze bequem gemacht. Auf der roten Tischdecke stimmt ein buntes Osternest auf das Fest ein. Vor dem Esstisch komplettiert ein brauner Osterhase die Runde. Was sofort auffällt: Es ist sehr sauber unter der Brücke am Wöhrder See, wo Regina und "Auge" seit einem dreiviertel Jahr zusammenleben. Die beiden Obdachlosen wollen nur ihre Ruhe haben, doch das ist nicht so einfach. Immer wieder sehen sie sich Vandalismus und Diebstahl ausgesetzt.
Als sie vor zwei Wochen vom Besuch bei Freunden zurückkehrten, war ihr Lager komplett verwüstet. Decken mussten sie aus dem angrenzenden Waldstück einsammeln. Vor kurzem zerstörte ein Randalierer im Vorbeigehen eine Laterne, die sie am Fußweg aufgestellt hatten. Ein anderer trat gegen die säuberlich deponierten Müllsäcke, die dabei aufrissen.
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Einmal wurden die beiden sogar im Schlaf überrascht. Unbekannte schnitten laut Regina von außen das an einem Baumstamm gesicherte Zelt auf und klauten das wenige Geld. Inzwischen verlassen Regina und "Auge" aus Angst vor neuen Attacken kaum noch ihren Platz.
Sabine und Stephan Pilar wissen um die Probleme der beiden und kennen weitere Fälle. Einem anderen "Schützling", wie die Pilars Obdachlose nennen, die sie unterstützen, sei kürzlich zweimal alles geklaut worden, einschließlich Rucksack und Klamotten. "Zum Glück war gerade ein Helfer aus unserem Team auf 'Brückentour'", sagt Stephan Pilar – bei Minusgraden überlebenswichtig.
Menschen zu beklauen, die genügend Probleme und kaum das Nötigste zum Leben hätten, macht Stephan Pilar fassungslos. "Was steckt in den Köpfen dieser traurigen Gestalten?", fragt er in einem Facebook-Post und appelliert an Passanten, die Polizei zu rufen, wenn etwas nicht stimmt.
Eine Berufung
Die Pilars stammen aus Rednitzhembach. Hilfe für Obdach- und Wohnungslose sehen sie als ihre "Berufung". Ihre ehrenamtliche Organisation trägt seit kurzem den Namen "Nürnberger Engel". Für solche hält Regina die beiden auch. Sie strahlt über das ganze Gesicht, als ihr Sabine Pilar Obst auf den Tisch legt. "Die beiden sind einfach nur gut. Sie helfen uns im Alltag und bei Behördengängen", schwärmt die Frau, die ähnlich viele Piercings wie ihr Freund trägt.
Jeden Samstag verteilen die Pilars und ihr Team vor dem Südstadtbad in der Allersberger Straße von 14 bis 16 Uhr Lebensmittel und Frischware an Obdachlose und Hilfsbedürftige. Jeden vierten Samstag erhalten Obdachlose auch Kleidung und Hygieneartikel.
"Wir wollen einfach helfen", sagt Stephan Pilar. Er selbst ist an Parkinson erkrankt. Seine Hände zittern. Doch er bleibt kämpferisch: "Das hält mich nicht auf." Derzeit sind die ehrenamtlichen Helfer auf der Suche nach einem Abstellraum, am besten im Nürnberger Süden. Eine Garage oder ein einfaches Zimmer könnte ihnen ungemein helfen, um Obdachlose weiter und besser zu unterstützen.
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