Heute vor 40 Jahren: Tödliche Wasserwalze überrollte Katzwang
26.3.2019, 06:00 UhrEs war ein lauer März-Montag, der vollkommen normal begann. Der damalige Europakanal stand östlich von Katzwang kurz vor der Fertigstellung, die Betonrinne war probehalber geflutet. Kurz nach 13 Uhr zeigten sich an der Kanalwand nahe der Greuther Straße erste Rinnsale. Fachleute des Wasser- und Schifffahrtsamtes begutachteten wenig später die Stellen, sahen aber keinerlei Gefährdung. Gegen 15.50 Uhr brach die Kanalwand auf etwa zehn Metern Länge ein. Binnen Minuten stürzten rund 800 Millionen Liter Wasser auf das tiefer gelegene Altkatzwang hinab und dann bis ins Rednitztal.
Der Damm des Main-Donau-Kanals war auf 15 Metern Breite gebrochen. Ein zwölfjähriges Mädchen ertrank, als der Balkon, auf den sie sich geflüchtet hatte, in die Fluten stürzte. Mehr als ein Dutzend Häuser wurde völlig zerstört, viele weitere wurden stark beschädigt. Der materielle Schaden lag bei etwa zehn Millionen Euro.
Der Katastrophenschutz in Nürnberg alarmierte bei Feuerwehr, Rettungsdienst und Technischem Hilfswerk alles, was laufen beziehungsweise rollen konnte. Rund 1200 Helfer retteten Kinder und Senioren durch kniehohes Wasser während die Besatzung eines Bundeswehr-Hubschraubers zahllosen Menschen, die sich auf Hausdächer geflüchtet hatten, Hilfe zu bringen versuchte.
Eine dieser Abgeschnittenen war Sabine Strobel. Die Zwölfjährige war auf den Balkon im ersten Stock eines Anwesens geflüchtet. Der Bundeswehrpilot sah das Mädchen und flog das kurz vor dem Einsturz stehende Haus an. Just als der Bordmechaniker versuchte, die Schülerin zu packen, brach der Balkon weg, Sabine Strobel fiel in die Fluten und ertrank.
Flutwelle mit Gewalt
Die ungeheure Gewalt der zwei Meter hohen Flutwelle verwandelte 14 Wohnhäuser in Trümmerfelder, hinterließ meterhohe Schlammhügel in den Straßen, die mit Reifen, Steinen, Möbelstücken, ja ganzen Autos durchsetzt waren. Obwohl sich die Katzwanger sofort an die Aufräumarbeiten machten, waren selbst zwei Jahre nach der Katastrophe noch nicht alle Schäden beseitigt.
Die Interessengemeinschaft der Dammbruch-Geschädigten forderte als Schadenersatz rund 20 Millionen Euro von der Rhein-Main-Donau AG. Denn die Katastrophe war durch Fehleinschätzung ausgelöst worden: Eine Wasserversorgungsleitung der Stadt Fürth unterquerte die Kanaltrasse. Exakt an dieser Stelle wurde der Boden unter dem Kanalbett ausgespült – bis das Tausende Tonnen schwere Kanalsegment aufgrund seines eigenen Gewichts durchbrach.
Ein Gedenkstein mit der Aufschrift "Des Menschen Werk ist vergänglich" erinnert seit 1994 an die Katastrophe. 15 Jahre hatte die Interessengemeinschaft bei der Rhein-Main-Donau AG um eine Genehmigung für das Gedenken nachsuchen müssen.
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