Im März geht's los: So vergeben Nürnberger Friseure ihre Termine
11.2.2021, 16:58 UhrTuut. Tuut. Tuut. Dann folgt der Anrufbeantworter. In vielen Friseursalons hebt aktuell noch keiner ab. Die einen wollen warten. Zu viele Hängepartien haben sie in den vergangenen Wochen mitgemacht, zu oft ist das Ende des Lockdowns in Sicht gewesen und doch nicht gekommen.
Friseure im Lockdown: "Es geht ums Überleben"
Die anderen haben ihre Termine schon gemacht. Für die Friseurläden von Rainer Rossmann gilt beides. Er selbst hat mit der Terminvergabe noch nicht begonnen, das Smartphone der Leiterin seines zweiten Salons steht dagegen nicht mehr still. "Die ist da anders vernetzt und macht die Termine auch per WhatsApp aus."
Alle Termine verschoben
Rainer Rossmann ruft lieber an. Demnächst will er sein Terminbuch zur Hand nehmen und sich bei seinen Kunden melden. Ausgemacht hat Rossmann noch nichts. Anders als manche Kollegen, deren Anrufbeantworter erklärt, dass die für Mitte Februar vereinbarten Termine sich um genau zwei Wochen verschieben". Auch so geht's.
Rossmann und seine Mitarbeiter haben sich an den ersten Lockdown erinnert: Lieber warten statt Termine immer wieder zu verschieben. Zumal Rainer Rossmann bis vor kurzem mit der Renovierung beschäftigt gewesen ist. "Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht", sagt der Friseur.
Viele seiner Kollegen können davon nur träumen, weiß der Obermeister in der Friseur-Innung Nürnberg. So sehr er sich freut, wieder zu öffnen: Die Wut über mangelhafte Unterstützung ist groß. Noch immer sei vom Überbrückungsgeld III kein Cent geflossen. "Viele werden am ausgestreckten Arm verhungern", sagt Rossmann. Schon jetzt hätten viele schließen müssen.
"Bricht uns das Genick"
Dass die Hilfen so lange dauern, "bricht so einer kleinen Branche das Genick", sagt Martin Fleischmann. Wie Rossmann ärgert ihn die Länge des Lockdowns. 80.000 Friseursalons gibt es in Deutschland, angesteckt aber haben sich dort bundesweit gerade einmal zwei Handvoll. "Das zeigt doch, wie gut das Hygienekonzept funktioniert", sagt der Inhaber eines Salons in Altdorf. Der Lockdown sei richtig gewesen, sagt Fleischmann, "aber man hätte viel früher ein Zeichen setzen müssen".
Martin Fleischmann wohnt direkt über seinem Salon, dort klingelt das Telefon pausenlos. Auch er ruft lieber zurück. Wer zuerst angerufen hat, kommt als erstes dran - außer die, die noch einen offenen Termin vom Dezember haben.
Drohung wegen Termin
Manche, weiß Fleischmann, drohen zu einem anderen Frisör zu gehen, wenn sie nicht gleich dran sind. "Aber ich kann Arbeitszeit nicht unendlich ausdehnen", sagt Fleischmann, der wegen des Platzes seine beiden Mitarbeiter in Schichten arbeiten lassen muss.
Vor dem Lockdown hat Fleischmann einen 13-Stunden-Tag eingelegt. "Sowas machst du zweimal, danach leidet die Qualität", sagt er. Friseur-Handwerk fordert viel Konzentration. Besonders freut sich Fleischmann auf die älteren Kunden, "für die ein Besuch beim Friseur elementar wichtig ist".
Auch Thorsten Staudts Kunden sind begeistert und sprechen in Mails oder Nachrichten per Facebook oder Instagram von "einem verfrühten Ostergeschenk". Der Friseur selbst aber, der in der Kappengasse in der Altstadt einen Salon und einen Barbershop betreibt, ist noch unsicher. Er will warten, bis er Termine vereinbart, die Regularien genau prüfen.
Zuerst die Schwächeren
Schon jetzt aber weiß Thorsten Staudt, wer bei der Terminvergabe Vorrang hat: "Die mit dem meisten Bedarf", sagt er. Also die, die sich nicht selbst die Haare föhnen oder waschen können. "Solche Fälle ziehe ich vor - weil ob die Haare der anderen zwei Zentimeter länger oder kürzer sind, interessiert mich da weniger."
In seinem 200 Quadratmeter großen Salon hat er vorgesorgt, in einem Zimmer mit 30 Quadratmetern sitzen bei ihm nur zwei Kunden. Vorgeschrieben sind zehn Quadratmeter pro Kunde. Hier aber sollen ältere Patienten und solche mit schwachem Immunsystem zum Beispiel aufgrund einer Krebsbehandlung versorgt werden.
Ärger wegen Schwarzarbeit
Der Schutz seiner Kunden ist Staudt wichtig. Umso mehr schockt es ihn, wenn ihm Kunden von illegal geöffneten Fitnesscentern erzählen, wo einmal die Woche jemand schwarz die Haare schneidet.
Rainer Rossmann hat befürchtet, dass die Schwarzarbeit zunimmt, "wo dann ohne Hygienevorschriften, ohne Abstand Haare geschnitten werden". Obwohl das Konzept der Frisöre bewiesen hat: Es klappt. Das können sie nun wieder zeigen. Zumindest die, die die Pandemie überstanden haben.
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