Vorschlag für ehemaliges Reichsparteitagsgelände
Konzertsaal soll auch in die Kongresshalle
15.10.2021, 06:00 Uhr"Ohne einen neuen Konzertsaal ist Nürnberg nicht mehr konkurrenzfähig", sagt Jörg Krämer. Der Flötist der Philharmoniker und Musikwissenschaftler an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg verweist darauf, dass seit 25 Jahren keines der besten zehn Orchester in Nürnberg gespielt hat. 1981 waren die Berliner Philharmoniker zum letzten Mal in der Meistersingerhalle. Während die fränkische Provinzmetropole aus finanziellen Gründen den neben der Meistersingerhalle geplanten Konzertsaal nicht mehr weiterverfolgt, entstehen akustisch hochwertige Konzertsäle in Oberfranken, Oberpfalz und vor allem in München.
München hat fünf Konzertsäle
In der Landeshauptstadt gibt es fünf renommierte Konzertsäle, zuletzt wurde für die Sanierung des Gasteigs mit der Isarphilharmonie ein hochwertiges Konzertsaal-Interim errichtet. Darüber hinaus werden die Planungen für einen 750 Millionen Euro schweren neuen Konzertsaal auf dem ehemaligen Pfanni-Gelände weiter verfolgt. Fast komplett vom Freistaat finanziert.
Bamberg baut seinen Konzertsaal aus. Nürnberg hat nur die akustisch limitierte Meistersingerhalle, die schrittweise in den nächsten zehn Jahren saniert werden soll, für klassische Konzerte vorzuweisen. "Nürnberg hat zwei hervorragende Orchester mit überregionaler Ausstrahlung, aber es fehlt eine den Ansprüchen genügende Spielstätte", sagt Krämer. Nürnberg droht im Konzertbereich von der Landkarte zu verschwinden.
Der Platz reicht
Krämer und seine Mitstreiter schlagen deshalb vor, dass im Innenhof der Kongresshalle nicht nur die Halle für das Opernhaus-Interim entstehen soll, sondern auch ein Konzertsaal. "Der Platz dafür ist da", sagt Krämer. Von den Planungen für den Konzertsaal an der Münchener Straße könnte der eigentlichen Konzertsaal mit seiner Akustik, übernommen werden. Damit wird der 20 Millionen teure Umbau der Münchener Straße eingespart. Foyers, Büros, Übungsräume und Toilettenanlagen könnten zusammen mit dem Opernhausinterim in der Kongresshalle genutzt werden.
Ein Spielort für die freie Szene
Die Planungskosten in Höhe von elf Millionen Euro für den Konzertsaal wären auch nicht umsonst geflossen. Während der deutlich abgespeckte Konzertsaal auf Dauer genutzt werden soll, könnte das Opernhausinterim langfristig ein Spielort für die Freie Szene sein, denn mit der Technischen Universität Nürnberg entsteht im direkten Umfeld ein ganz neuer Stadtteil. "Der Bedarf ist da und dieser Ansatz mit zwei Konzertsälen ist nachhaltig gedacht", sagt Christian Marguliés, Vorstandsvorsitzender des Stadtseniorenrats, der das Anliegen Krämers unterstützt.
Laut einer Umfrage sind über 50 Prozent der über Sechzigjährigen an einem besseren Konzertangebot interessiert. In Stavanger in Norwegen gibt schon eine derartige Doppellösung. "Das würde auch unterschiedliche Generationen zusammenbringen", sagt der Vorsitzende des Stadtseniorenrats, und die Synergieeffekte wären im Betrieb erheblich.
Anregung für ein Finanzierungskonzept
Der Förderverein Konzerthaus, der auch Anregungen für ein Finanzierungskonzept und weitere Nutzungsvorschläge erstellt hat, verfügt über prominente Unterstützer: Joanna Mallwitz, Generalmusikdirektorin des Staatstheaters, Lucius A. Hemmer, Intendant der Nürnberger Symphoniker, die Konzertagentur Hörtnagel, die Musikhochschule, der Stadtseniorenrat sowie die Philharmoniker sind dabei. Die Initiative wird auch von einer Spezialistin aus dem Baureferat begleitet, die diese Arbeit in ihrer Freizeit macht, damit die Pläne realisierbar bleiben. Obwohl den Fraktionen im Stadtrat der Vorschlag schon länger bekannt ist, haben sie sich noch nicht dazu geäußert.
Nukleus für einen Kultur-Campus Nürnberg
Der Konzertsaal im Halbrund der Kongresshalle soll zusammen mit dem Opernhausinterim der Nukleus für einen "Kultur-Campus-Nürnberg" sein. Der Förderverein möchte das ehemalige Reichsparteitagsgelände schrittweise in einen "Kunst- und Kulturcampus" transformieren. "Mit der sozialen und kulturellen Wiedergewinnung dieses Areals kann sich Nürnberg weltweit als Stadt der Menschenrechte, der Völkerverständigung und des friedlichen Miteinanders unterschiedlichster Kulturen präsentieren", sagt Marguliés.
Suche nach Investoren und Sponsoren
Die Transformation soll mit großem Respekt vor dem historisch belasteten Ort erfolgen. "Aus dem Unort soll ein kultureller und positiv besetzter kultureller Lernort werden für alle Generationen werden", sagt Marguilés. Durch die Bündelung der Einrichtungen sieht der Förderkreis erhebliche Einsparungsmöglichkeiten. Die Fassaden der beiden Kulturbauten sollen möglichst einfach gestaltet werden. Die städtischen Zuschüsse würden auch nicht mehr in tote Steine erfolgen, sondern in eine nachhaltige Entwicklung des Geländes.
Welche Nutzungen sind noch möglich?
Bei der Finanzierung des Vorhabens will der Förderkreis mit privaten Investoren und Sponsoren neue Wege gehen. Der Unterstützerkreis hat der eigenen Phantasie jedenfalls keine Grenzen gesetzt: Da ist auch von einer Kunst- und Kulturuniversität die Rede, die von der Musikhochschule begleitet wird. Vergleichbar mit der Villa Massimo in Rom.
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