Gewaltverbrechen vor Gericht
Mutmaßlicher Mord an Alexandra R.: Anklage zugelassen - Prozess gegen Verdächtige startet bald
22.2.2024, 11:28 UhrDas mutmaßliche Gewaltverbrechen an Alexandra R. ist jetzt ein Fall für das Landgericht Nürnberg-Fürth. Schon im April wird der Prozess gegen zwei Männer beginnen, nachdem die Anklage am Mittwoch zugelassen wurde. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wirft Dejan B. - einem früheren Lebensgefährten der Frau - und dessen Geschäftspartner Ugur T. Mord, Geiselnahme und illegalen Schwangerschaftsabbruch vor.
Die damals hochschwangere Frau aus Katzwang verschwand am 9. Dezember 2022 spurlos, nachdem sie ihr Pflegekind in eine Schwabacher Kindertagesstätte gebracht hatte. In dem Indizienprozess wird die Staatsanwaltschaft versuchen zu beweisen, dass das angeklagte Duo Alexandra R. getötet hat. Weil aber noch immer die Leiche fehlt, wird es ein durchaus komplizierter Indizienprozess.
Worauf sich die Staatsanwaltschaft bei ihrer Mord-These stützt, ist bislang unklar - einige Details drangen auch durch exklusive Recherchen unseres Medienhauses aber an die Öffentlichkeit. Die Ermittler gehen beispielsweise davon aus, dass Alexandra R. in einem leerstehenden Anwesen im Schwabacher Gemeindeteil Limbach überwältigt und dann in eine Lagerhalle nach Sindersdorf gebracht wurde. Dort, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, haben Dejan B. und Ugur T. sie dazu gedrängt, Anzeigen gegen die beiden fallen zu lassen. Ein entsprechender handschriftlicher Brief ging wenige Tage nach dem 9. Dezember - also dem mutmaßlichen Tag ihres Todes - bei der Justiz ein.
Fall Alexandra R. erschüttert die Region: Gerichtsprozess soll Gewalttat aufklären
Alexandra R. und ihr früherer Partner Dejan B. sollen sich auch wegen Geldangelegenheiten zerstritten haben. Beide kauften zusammen Gebäude und Wohnungen, sanierten und vermieteten sie über eine Firma von Ugur T., so zumindest formuliert es die Staatsanwaltschaft. Nach Recherchen unseres Medienhauses besaß die Katzwangerin in der Spitze bis zu 27 Immobilien. Nach einem Streit, bei dem Alexandra R. Dejan B. den Zugang zu ihren Konten abgeschnitten haben soll, kam es wohl zu Gewalt, die Hochschwangere flüchtete in ein Frauenhaus und brach mit ihrem Ex-Partner.
Über Monate lieferten sich beide eine finanzielle Schlammschlacht, ließen gegenseitig Konten und Immobilien pfänden, wobei Dejan B. und Ugur T. einen fingierten Vollstreckungstitel über exakt 784.660,82 Euro erwirkt haben sollen. Alexandra R. wehrte sich zivilrechtlich gegen die Forderung - und hier sieht die Anklage auch ein Kernmotiv für die Tat. Eine Woche vor der entscheidenden Gerichtsverhandlung sollen die inzwischen Angeklagten die Frau nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft am 9. Dezember erst entführt und dann getötet haben.
Exklusive Recherchen im Fall Alexandra R.
All das soll nun ein Gerichtsprozess vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth aufklären. Neben Mord und Geiselnahme geht es auch um illegalen Schwangerschaftsabbruch - darum hatten Anwälte bis zuletzt gerungen, denn der Vorwurf bezieht das ungeborene Kind der Hochschwangeren explizit mit ein. In besonders schweren Fällen wird das Delikt mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft, beispielsweise wenn "gegen den Willen der Schwangeren" gehandelt wird, wie im Fall Alexandra R., bei der das Kind mutmaßlich mit dem Mord starb.
Das Hauptverfahren wird am 9. April unter dem Vorsitz von Richter Gregor Zaar eröffnet. Mit Zulassung der Anklage sieht die zuständige Strafkammer eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Verurteilung kommt. Vorerst sind Verhandlungstage bis zum 19. Juli angesetzt - das, betont das Landgericht, könne sich aber auch noch ändern. Womöglich werden es mehr, womöglich aber auch weniger werden.
Seit fast eineinhalb Jahren beschäftigt der Fall Alexandra R. die Nürnberger Mordkommission, die noch immer auf der Suche nach der Leiche der damals hochschwangeren 39-Jährigen ist. Exklusive Recherchen unseres Medienhauses skizzieren, dass sich die Frau in einem undurchsichtigem Geflecht aus Firmen, Luxusautos und dubiosen Geschäftsgebahren bewegte. Bereits früh hatte die Polizei den früheren Lebensgefährten Dejan B. und dessen Geschäftspartner Ugur T. im Visier - im September nahmen Spezialeinheiten das Duo fest. Seitdem sitzen sie in verschiedenen Justizvollzugsanstalten in Untersuchungshaft. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Hier finden Sie alle Informationen zu der Suche nach Alexandra R. im Überblick:
- 9. Januar 2024: Ein Prozess ohne Leiche - die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ist überzeugt, dass die 39-jährige Hochschwangere einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Dem Gericht steht ein langer Indizienprozess bevor.
- 9. Januar 2024: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat gegen den ehemaligen Lebensgefährten von Alexandra R. und seinen Geschäftspartner Anklage wegen des Verdachts der Geiselnahme, Mordes und weiterer Delikte erhoben.
- 9. Dezember 2023: Seit einem Jahr ist Alexandra R. nun verschwunden. Genau vor einem Jahr hatte sich die im achten Monat Schwangere aus Nürnberg-Katzwang mit einem Nachbarn für eine Einkaufstour im Baumarkt verabredet. Doch sie kam nicht. Ihr Verschwinden bleibt ein Rätsel. Jetzt berichten Nachbarn Neues.
- 24. November 2023: Die Sonderkommission im Fall der verschwundenen hochschwangeren Nürnbergerin Alexandra R. schließt die Ermittlungen ab. Doch eine Leiche fehlt immer noch. Was verrät der Internet-Router eines Nachbarn? Und warum suchte die Polizei ihren Zahnarzt auf?
- 13. September 2023: Erstmals spricht Alexandra R.s Lebensgefährte und Vater des Kindes mit unserer Redaktion über die plötzlichen Festnahmen- und er äußert einen Verdacht.
- 6. September 2023: Wir haben die Ereignisse seit dem 9. Dezember, dem Tag des Verschwindens, rekonstruiert - Chronologie eines schrecklichen Verbrechens
- 6. September 2023: Fast auf den Tag genau neun Monate nach dem Verschwinden der hochschwangeren Alexandra R. aus Nürnberg hat die Polizei in einer spektakulären Aktion ihren früheren Lebensgefährten und dessen Geschäftspartner festgenommen. Wie die Festnahmen abliefen - und was der Lebensgefährte sagt, erfahren Sie hier.
- 5. September 2023: Wie es auch ohne Auffinden einer Leiche zu einer Festnahme kommen kann und wie die Mosaik-Theorie dabei hilft, hat uns ein Experte verraten
- 12. Mai 2023: Ein Berg neuer Informationen aus Rumänien beschäftigt die Sonderkommission. Erneut rückt ein Jaguar in den Fokus. Doch hilft er wirklich weiter?
- 2. Mai 2023: Die Polizei hat jetzt Antwort auf ihr Rechtshilfeersuchen in Rumänien bekommen, wo ein Jaguar auftauchte, der ins Visier der Ermittler geraten war. Was verraten die neuen Verhörprotokolle, die 150 Seiten umfassen?
- 8. April 2023: Alexandra R. hat angeblich nach ihrem Verschwinden noch eine SMS an ihren Lebensgefährten, ihren Ex-Mann und später auch an die Jugendhilfe geschickt. Dr. Mark Benecke, bekannter Kriminalbiologe, hält davon vor allem eine für aufschlussreich.
- 4. April 2023: Hat die hochschwangere Alexandra R. aus Nürnberg-Katzwang Stunden nach ihrem Verschwinden am 9. Dezember noch Nachrichten per Smartphone verschickt? Die Texte geben Rätsel auf. Und doch verraten sie einiges.
- 23. März 2023: Seit über 100 Tagen fehlt von Alexandra R. jede Spur. Was der bekannte Kriminologe Axel Petermann über den Fall denkt und welche Theorie er für wahrscheinlich hält.
- 21. März 2023: Nach neuesten Informationen unserer Redaktion hat die Polizei geprüft, ob es einen Zusammenhang mit dem Säugling in einer Rother Babyklappe geben könnte. Und auch in Rumänien bewegt sich etwas.
- 21. März 2023: Erneut sucht ein Helikopter den Grund des Main-Donau-Kanals bei Katzwang ab. Es soll der letzte Versuch der Sonderkommission am Kanal sein.
- 10. März 2023: Genau drei Monate ist es her, dass Alexandra R. spurlos verschwand. Die Polizei spricht jetzt von zwei Tatverdächtigen.
- 17. Februar 2023: Im Exklusiv-Interview mit unserem Medienhaus spricht der Lebensgefährte von Alexandra R. erstmals über Details in dem mysteriösen Fall.
- 10. Februar 2023: Der Geburtstermin von Alexandra R. ist längst verstrichen. Ob das Kind auf die Welt gekommen ist, ist ungewiss. Welche Möglichkeiten haben Frauen überhaupt, weitgehend unbemerkt zu entbinden?
- 8. Februar 2023: Auch ein Haus in Limbach, das Alexandra R. gehört, gibt Rätsel auf. Ein Nachbar will den Dienstwagen der Vermissten dort gesehen haben - doch wo war Alexandra R.?
- 3. Februar 2023: Unsere Redaktion hat exklusiv Ereignisse im Fall der verschwundenen Alexandra R. rekonstruieren können. Die Spur führt zu einem Geflecht aus Immobilien, Unternehmen und Luxusautos. Das Handy der hochschwangeren Vermissten tauchte in Südeuropa auf.
- 1. Februar 2023: Seit bald acht Wochen ist Alexandra R. spurlos verschwunden. Ihre Nachbarn fürchten, dass in diesem Vermisstenfall "nichts Gutes" herauskommt. Und: Eine Zweitwohnung gibt Rätsel auf.
- Am Freitagmorgen, 27. Januar 2023, hat die Polizei weitere Befragungen im Bereich der Kita in Schwabach durchgeführt, wo Alexandra R. zuletzt gesehen wurde, als sie ihr Pflegekind in der Einrichtung abgab.
- Am 18. Januar 2023 gibt es möglicherweise eine Spur im Vermisstenfall Alexandra R: Im Landkreis Roth war die Polizei mit großem Aufgebot in einem kleinen Ort.
- 27. Dezember 2022: Spaziergänger, die die Suchaktion am Kanal beobachten, sind betroffen. "Man weiß nicht, was man hoffen soll", sagt eine Passantin.
- 26. Dezember 2022: Was ist mit Alexandra R. geschehen? Diese Frage treibt viele Menschen im Großraum Nürnberg um. Die Mordkommission geht jedem Hinweis nach. Von einem mintgrünen Renault Twingo bis zur Suche im Main-Donau-Kanal - es gibt viele Fragen zu klären.
- 22. Dezember 2022: Seit zwei Wochen keine Spur: Mit Tauchern, Booten und Spürhunden durchsucht die Polizei den Kanal in der Nähe des Wohnortes der spurlos verschwundenen Alexandra R. aus Katzwang.
- 17. Dezember 2022: Nur wenige Tage nach dem Verschwinden von Alexandra R. am 9. Dezember 2022 richtet die Polizei eine Sonderkommission ein. Es verdichten sich die Hinweise, dass die 39-Jährige Opfer einer Straftat geworden sein könnte. Die Polizei nimmt den Fall äußerst ernst.
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