Nach Corona-Chaos: Nürnbergs OB will Gesundheitsamt umbauen
14.5.2021, 18:46 UhrFür das unglückliche Vorgehen seiner Gesundheitsreferentin in der Corona-Statistikpanne übernimmt Oberbürgermeister Marcus König (CSU) die politische Verantwortung. "Es sind Fehler passiert, ich entschuldige mich dafür", sagte König. Gleichzeitig kündigte er einen "strukturellen Umbau" des Gesundheitsamtes an, indem neue Kontrollebenen eingezogen werden. Der Umbau der Behörde umfasse auch personelle Veränderungen.
Druck auf Gesundheitsreferentin Britta Walthelm steigt
Zudem sollen am nächsten Mittwoch die Inzidenzzahlen der einzelnen Stadtteile veröffentlicht werden – zunächst im Stadtrat, dann auch einsehbar unter www.nuernberg.de auf der Homepage. Dagegen hatte sich das Gesundheitsamt eigentlich stets gewehrt, weil es eine Stigmatisierung der Bewohner der überdurchschnittlich betroffenen Stadtteile fürchtete.
"Maximale Transparenz"
Anhand von erklärenden Schaubildern werde "volle Transparenz" gewährt, versicherte König. "Das ist meine klare Anweisung an das Gesundheitsamt: Ich will maximale Transparenz! Und so eine Statistikpanne soll auch nicht mehr vorkommen!"
Ohne Gesundheitsreferentin Britta Walthelm (Bündnis 90/Die Grünen) beim Namen zu nennen, stand sie im Mittelpunkt der Kritik. "Der Fehler der Statistikpanne lag bei uns in Nürnberg", sagte König – noch am Mittwoch hatte Walthelm betont, dass auch das bayerische Landesgesundheitsamt (LGL) mitschuld an den falschen, viel zu hohen Inzidenzwerten für Nürnberg sei. Das LGL, das die Meldedaten nach Erhalt von Städten und Landkreisen ans Robert-Koch-Institut (RKI) weiterleitet, bestreitet dies.
Die Vorwürfe Königs gehen weiter: "Man sollte in so einer Situation nicht mit dem Finger auf andere zeigen" – genau das hatte Walthelm getan, als sie über eine städtische Pressemitteilung verkünden ließ, auch Fürth und Schweinfurt sowie der Landkreis Nürnberger Land würden vergleichbare Statistikpannen verzeichnen. Alle wiesen diese Aussage zurück.
Immer wieder falsche Zahlen
Falsche Zählungen und Meldeverzüge haben Nürnbergs Inzidenzzahlen in den letzten Monaten immer wieder verfälscht. Der jüngste Aufreger war die Statistikpanne, bei der irrtümliche Doppelzählungen den Inzidenzwert in der vergangenen Woche von einem Tag auf den anderen aufgebläht hatten: von 200 auf 222 – und das, während um Nürnberg herum die Infektionszahlen immer weiter sanken.
Marcus König ist klar: "Wir müssen Vertrauen zurück gewinnen." Inzidenzwerte seien keine bloßen Zahlen. "Sie bestimmen unseren Alltag, sie rufen Emotionen hervor, sie bestimmen Existenzen." Als Vater eines Drittklässlers sei er ebenfalls direkt davon betroffen, wenn Kinder wegen zu hoher Werte nicht in die Schule gehen können.
Gleichzeitig verweist Marcus König auf die Pläne, mit denen Nürnberg die Pandemie in den Griff bekommen will. So werde die Stadt in der nächsten Woche 3240 Extra-Impfdosen bekommen, zusätzlich zu den bereits in Aussicht gestellten 11.438 Dosen für das Impfzentrum. Auch andere Städte erhalten mehr Impfstoff.
"Brauchen mehr als andere"
"Wir haben hier die Nähe zu Tschechien, hinzu kommt die Angrenzung zu Sachsen und Thüringen, die auch hohe Inzidenzwerte haben. Wir brauchen also mehr Impfdosen als andere Städte! Was Nordrhein-Westfalen schafft, das müssen wir in Bayern doch auch schaffen", betonte der Oberbürgermeister. Tatsächlich hatte das Gesundheitsministerium in Düsseldorf am Donnerstag mitgeteilt, dass 33.000 Dosen Johnson & Johnson unter anderem nach Köln geliefert werden sollen. Damit sollen auch die Impfungen in Kölns sozialen Brennpunkten wie Chorweiler und Kölnberg wieder aufgenommen werden.
Gleichzeitig kündigte Marcus König an, sich mit Journalisten ausländischer Medien, die auch in Nürnberg gelesen werden, zu treffen. Ziel ist es, dass mehr aufklärende Berichte über die Corona-Impfungen erscheinen. So sollen Vorbehalte abgebaut werden. Modellprojekte wie die Impfung der Menschen an den Ausgabestellen der Nürnberger Tafel laufen in der nächsten Woche an.
Viel mehr Personal
Personell hat das Gesundheitsamt in den vergangenen Monaten stark zugelegt. So zählte die Behörde vor der Pandemie 80 Vollzeitstellen, inzwischen verfügt sie über 430 Vollzeitstellen. Die Zusatzkräfte kommen unter anderem aus der freien Wirtschaft, manche waren vorher am Flughafen beschäftigt, einige sind von Polizei und Bundeswehr. Die vorrangige Aufgabe des Gesundheitsamtes ist immer noch die Nachverfolgung der Kontakte von Corona-Infizierten, "und das innerhalb von 24 Stunden", betonte Marcus König.
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