Nürnberg: Grüne sprechen sich für Altstadt-Tram aus
28.10.2013, 07:00 UhrZum empfohlenen Bau einer Straßenbahnstrecke durch die Altstadt vom Rathenauplatz zum Haller Tor haben die Nürnberger Grünen ein Eckpunktepapier vorgelegt, das sicher Widerspruch herausfordert. Bei einer Streckenbegehung hat die Ökopartei ihre Positionen mit Anwohnern und Geschäftsleuten diskutiert.
Im Nahverkehrsentwicklungsplan, sozusagen das Nürnberger Verkehrskonzept bis 2025, ist die 1,8 Kilometer lange Ost-West-Trasse vorbei am Alten Rathaus und der Sebalduskirche vom Gutachter mit einem Kosten-Nutzenfaktor von 4,59 bewertet worden. „Das ist derzeit der beste Wert für ein Nahverkehrsprojekt in Deutschland“, betont Wolfgang Klemm, Verkehrsexperte der Grünen, bei dem Trassenspaziergang gut 30 Zuhörern.
„Das heißt: Jeder investierte Euro bringt 4,59 Euro. Die VAG kalkuliere die nördliche Altstadtquerung, die vom Dokuzentrum über den Ohm-Campus zum Rathenauplatz in die Laufer Gasse abzweigt, derzeit mit einem jährlichen Plus von einer Millionen Euro, so Klemm. Gerechnet werde — konservativ — mit 15.000 Fahrgästen pro Tag. Der 36er Bus befördere aktuell 2800 Fahrgäste. „Das ist ein deutlicher Zugewinn“, hebt der Befürworter der Trasse hervor. Sie soll über 20 Millionen Euro kosten.
Die Grünen sind dafür. Wenn, so ihr Eckpunkte-Papier, gleichzeitig auch städtebauliche Verbesserungen einhergehen. „Wir müssen zugleich Straßen und Plätze neu gestalten“, sagt Stadträtin und Architektin Monika Krannich-Pöhler. Mehr Platz für Fußgänger und Radler wünscht sich ihre Ratskollegin Christine Seer. „In die Sebalder Altstadt darf der Autoverkehr nur noch als Ziel- und Quellverkehr. Der Durchgangsverkehr ist auszuschließen“, nennt sie eine zentrale Forderung ihrer Partei.
Heikles Thema vor der Wahl
Damit dürften die Grünen bei vielen anecken. Auf jeden Fall bei der CSU, die sie für eine politische Umsetzung ebenso bräuchte wie die SPD. Und die ist vorsichtig beim Zurückdrängen von Autofahrern, hat sich auch doch deshalb 1996 die Kommunalwahl verloren. Die Grünen wagen sich als erste Partei mit einer öffentlichen Veranstaltung auf die Trasse, während andere sich wegen der bevorstehenden Kommunalwahl im März 2014 zurückhalten. Das Thema könnte nämlich durchaus Stimmen kosten. Auch deshalb erwägt Oberbürgermeister Ulrich Maly ein Bürger- bzw. Ratsbegehren zur Altstadttram.
Längst nicht alle Bürger befürworten die Tram, auch wenn Bernd Baudler vom Verkehrsclub VCD für sie wirbt, weil sie eine direkte Verbindung in die Sebalder Altstadt brächte. „Wie sieht denn das Verkehrskonzept aus?“, fragt eine Anwohnerin aus der Beckschlagergasse. „Wie soll der Autoverkehr künftig geleitet werden?“ Wo können Bewohner parken, wenn breitere Fußwege und Radwege gebaut würden? „Wollen Sie den Autoverkehr ganz aussperren?“, lautete eine weitere provokante Frage. Was ist mit den vielen Passanten zur Zeit des Christkindlesmarkt?
„Wir sammeln Fragen und bringen sie in einen Antrag im Stadtrat ein“, versprachen Seer und Klemm. Antworten hätten sie jetzt noch keine. „Das wird ein langer Prozess“, erklärt Seer, die transparente Verfahren mit Bürgerbeteiligung fordert. Sorgen, dass die historische Architektur durch eine Tram beschädigt würde, versuchte Klemm mit modernster Bahntechnik zu zerstreuen.
Er hatte Fotos aus anderen Städten mitgebracht, auf denen Trams durch Altstädte fahren. Durch Tore wie das Laufer Tor. Er zeigte auch alte Bilder aus Nürnberg. Da fuhr die Linie 16 bis 1961 durch das Tor am Laufer Schlagturm. Geschäftsmann Horst Brömme kann sich gut vorstellen, dass vor seinem Laden in der Inneren Laufer Gasse wieder eine Straßenbahn fährt.
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