Nürnberger Feuerwehr-Leitstelle platzt aus allen Nähten

Alexander Brock

Lokales

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22.1.2020, 06:05 Uhr
Nürnberger Feuerwehr-Leitstelle platzt aus allen Nähten

© Foto: Thomas Büttner/Feuerwehr Nürnberg

Sie ist an die Feuerwache 4 der Nürnberger Berufsfeuerwehr angegliedert. Allerdings fehlt Platz, seit langem. Eingezwängt von Hafenstraße, Main-Donau-Kanal, Regenstraße und Donaustraße, ist hier eine räumliche Ausdehnung unmöglich.

Doch die Leitstelle stellt Personal ein, dringend benötigte Disponenten, die Notrufe annehmen. "Das Notrufaufkommen ist in den zurückliegenden Jahre deutlich gestiegen und es steigt weiter an", sagt Feuerwehrsprecher Thomas Schertel. Es fehlen Umkleide- und Sanitäranlagen, Büro- und Aufenthaltsräume sowie Ruheräume, zählt er auf.

Um den entstandenen Druck mit Blick auf die Raumnot fürs Erste herauszunehmen, baut das städtische Hochbauamt im Innenhof der Feuerwache 4 eine Erweiterung mit Fertigbaumodulen. "Das wird keine Burg mit mobilen Containern, sondern ein fest stehendes Fertighaus, das gedämmt und verputzt wird", erklärt Schertel.

Zusätzliche 250 Quadratmeter Nutzfläche bietet der Komplex, der nach dem Innenausbau im Mai fertig sein soll. So ist es jedenfalls geplant. Kostenpunkt für das Projekt: rund 1,25 Millionen Euro. "Durch die Systembauweise erreichen wir eine Verkürzung der Bauzeit gegenüber einer herkömmlichen Massivbauweise", erklärt dazu der städtische Baureferent Daniel Ulrich.

Leitstelle ist knapp zehn Jahre alt

Laut Thomas Schertel ist jedoch auch sicher: Der Fertigneubau ist lediglich eine Zwischenlösung. Denn er lindert die Raumnot nur vorübergehend. "Das Einsatzleitsystem in Bayern entwickelt sich weiter", sagt der Sprecher. "In absehbarer Zeit muss eine neue Leitstelle her."

Dabei ist diese noch gar nicht so alt. Im kommenden September werden es zehn Jahre, seit die Stadt die Integrierte Leitstelle (ILS) am Hafen einweihte. Sie löste seinerzeit die Rettungsleitstelle des Bayerischen Roten Kreuzes ab, die in der Sulzbacher Straße ihren Sitz hatte.

Die ILS am Hafen gehört heute zu den größten Leitstellen in der Bundesrepublik. Hier werden die Einsätze der Feuerwehren und Rettungsdienste gesteuert – unabhängig von der Einsatzzentrale der Polizei, die im Präsidium am Jakobsplatz ihre Schaltstelle hat. Die ILS koordiniert die Notrufe über die Telefonnummer 112 aus den Städten Nürnberg, Fürth und Erlangen sowie den Landkreisen Fürth, Nürnberger Land und Erlangen-Höchstadt.


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Nach Informationen der Lokalredaktion werden für die neue Leitstelle städtische Grundstücke im Nürnberger Norden geprüft. Darunter auch eine Fläche im Bereich Schnepfenreuth. "Das ist eine Option", sagt Thomas Löhr, Vize-Chef der ILS. Auch aus seiner Sicht reicht der neue Erweiterungsbau im Hof der Wache 4 nicht aus, um den Druck in Sachen Raumnot dauerhaft herauszunehmen.

Umwelt reduzierte Lebensdauer

"Die Erweiterungsmöglichkeiten waren hier am Hafen schon immer schwierig", sagt er. "Unser Ziel ist eine sichere und zukunftsfähige Leitstelle mit Möglichkeiten, diese nicht nach innen verdichten zu müssen, sondern in die Fläche erweitern zu können", sagt Löhr. Feuerwehrsprecher Schertel ergänzt, dass die neue Leitstelle in der nächsten Stadtratssitzung Ende Januar ein Thema sein soll.


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Kopfzerbrechen bereitet den Mitarbeitern der Feuerwache 4 und der ILS aber noch ein ganz anderes Projekt: der geplante Neubau der drei Hafenbrücken. Insbesondere die beiden altersschwachen Bauwerke in der Hafenstraße, die über den Main-Donau-Kanal und über die Südwesttangente führen. Durch das steigende Verkehrsaufkommen, die immer höhere zulässige Achslast bei Lkw und die aggressiven Umwelteinflüsse hat sich die Lebensdauer der Betonbauwerke drastisch reduziert. Eindringendes Wasser und Streusalz fressen gefährlich am Stahlgerippe im Inneren der drei Brücken.


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In der ersten Hälfte des nächsten Jahres soll es losgehen: Provisorische Brücken werden gebaut und die alten abgerissen. Dann beginnt die Errichtung der neuen Überführungen. Die Feuerwache 4 und die ILS, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu dieser Großbaustelle liegen, fürchten Lärm und neuen räumlichen Druck: "Das Bauprojekt wird sich auf das Wachgrundstück ausdehnen", sagt Feuerwehrsprecher Schertel. Hinzu kommt, dass die Hafenstraße für die Brandbekämpfer eine wichtige Route ist, um in die Stadt zu kommen.

Zeitweise soll aber genau diese Verkehrsader unterbrochen werden. Lösungen für dieses Problem liegen noch nicht vor. Und wer schon einmal im Leitstellenbetriebsraum war, der weiß: Hier soll und muss es möglichst ruhig zugehen. Disponenten müssen sich konzentrieren, vor allem dann, wenn es am anderen Ende der Leitung um Leben und Tod geht.

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