Nürnberger Heim-Chef lässt Angehörige impfen

Michael Kasperowitsch

Region/Bayern

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2.3.2021, 05:46 Uhr

Betroffen ist vor allem das Georg-Schönweiß-Heim der CAG mit fast 200 Plätzen für Senioren. Die ganz eigene, familiennahe Impfstrategie des CAG-Chefs Florian Schoenauer ist Mitarbeitern Mitte Januar aufgefallen, als ein mobiles Impfteam anrückte, um betagte Heimbewohner zu versorgen.

Intern ist da selbst unter Führungskräften von einem "Skandal" die Rede. Andere äußerten früh im kleinen Kreis die Befürchtung, der Schuss könne leicht nach hinten los gehen, und sprachen von einer "typischen" CAG-Aktion, sozusagen Impfen nach Gutsherrenart.

Persönliche Priorisierungsliste

In den Genuss von Schoenauers ganz persönlicher Priorisierungsliste kamen nicht nur der Chef einer Handwerkerfirma oder ein Architekt, die für seine Einrichtung arbeiten. Hinzu kamen bei dem angesetzten Impftermin Mitarbeiter der CAG-Zentralverwaltung und Familienmitglieder wie Gottfried Schoenauer, Vater des CAG-Chefs, ein früherer evangelischer Dekan und CAG-Aufsichtsratsvorsitzender. Auch die Ehefrau von Florian Schoenauer ist im Heim geimpft worden.


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Zur ganz engen Gruppe von Menschen, die zunächst geschützt werden sollen, gehören sie alle nicht. Böse Zungen unter den CAG-Mitarbeitern munkeln, dass Freunde und Bekannte der Schoenauers sehr schnell bereitstanden.

Dies weist Florian Schoenauer, der für die Impf-Vorkommnisse verantwortlich ist, weit von sich. Die anderen Ereignisse stellt er einer Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung als außerordentliche und notwendige Hilfsbereitschaft gegenüber dem Impfteam dar. In einem der CAG-Häuser, dem Dr.-Werr-Heim, habe man, so Schoenauer junior, die offizielle Impfliste der Bewohner "um drei Personen ergänzt". Dies sei nötig gewesen, weil Impfwillige wegen einer Corona-Erkrankung aus dieser Liste herausgefallen seien. Die bekannt gewordenen Vorwürfe betreffen allerdings vor allem das Georg-Schönweiß-Heim.

Angeblich ein "eindringlicher" Appell

Dort, so die Darstellung des CAG-Vorstands, habe der leitende Impfarzt "eindringlich" an die Einrichtungsleitung appelliert, "kurzfristig" weitere Impfwillige zu kontaktieren und in das Haus einzubestellen, nachdem es dort zu Ausfällen gekommen sei. Rückfragen bei Mitarbeitern "in unseren Häusern" hätten keine weiteren Impfwilligen erbracht.

Daraufhin habe man den Kreis um "Psychotherapeuten, behandelnde Ärzte etc." erweitert. Als immer noch nicht alle Impfdosen verplant waren, habe man "den Kreis noch weiter gespannt" und Personen angesprochen, die regelmäßig im Heim tätig sind. Damit aber noch nicht genug, der Überschuss an Impfstoff muss beängstigend gewesen sein.


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Etwa zwei Stunden vor Beendigung der Tätigkeit des Impfteams seien Personen angesprochen worden, die ganz grundsätzlich ein Impfinteresse hatten. Wohl für sie glückliche Umstände führten dazu, dass dabei auch Florian Schoenauers Ehefrau ausfindig gemacht werden konnte. Und selbst danach sei noch Impfstoff übrig gewesen, so dass man "über das Impfteam weitere außenstehende Personen" gesucht habe.

Schoenauer spricht von einem "Hilferuf", der ihn aus dem Heim erreicht habe, und von "pragmatischen Lösungen". Der leitende Impfarzt habe "in allen uns bekannten Fällen" um die schnelle Benennung von Ersatzpersonen gebeten.

Es fehlen noch Vorschriften

Das entspricht nicht ganz dem Vorgehen der Koordinierungsstelle Impfzentrum Nürnberg. Ohne sich zu den Vorgängen bei der CAG zu äußern, versichert deren Sprecherin Ulrike Goeken-Haidl, ein Impfarzt würde nie vor Ort mehr oder weniger blindlings nach Ersatzpersonen fragen, sollten Impfdosen übrigbleiben. Die gingen zurück ins Impfzentrum. Dort seien Listen von Interessenten vorbereitet, etwa unter Polizisten oder Feuerwehrleuten.


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Bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach sind bereits Einzelfälle von Impfdränglerei bekannt. Derzeit bestünden, so Sprecher Martin Hartnagel, allerdings noch keine speziellen Vorschriften, um Verstöße gegen die Corona-Impfverordnung mit einer Strafe zu ahnden.

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