Nürnberger Roland Schwarz ist unser Sportler des Jahres
21.12.2020, 14:04 UhrWer im Archiv nach Bildern von Roland Schwarz sucht, findet nicht viele. Die ersten Fotos aus dem Jahr 2013 zeigen einen 17 Jahre jungen Mann im blauen Anzug, der da gerade mit der zweiten Mannschaft des ASC Bindlach beim TSV Zirndorf zu Gast ist. Für die Landesliga war er aber schnell zu gut, er war da ja schon Deutscher Meister der Jugend. In Zirndorf, in der Region sah man ihn erst einmal nicht mehr, im Archiv: nichts als Leere.
Stattdessen durfte er im selben Jahr noch für die erste Mannschaft der Bindlacher in der zweiten Bundesliga debütieren. Aus Oberfranken wechselte er 2014 zum Erstligisten ASV Mainz und zwei Jahre später zur SV Johannis nach Nürnberg – in die Stadt, die er schon zuvor kennenlernen durfte. Auf der Bertolt-Brecht-Schule konnte er den Unterricht mit seinem Sport perfekt kombinieren, auf der Matte wurde er immer besser und holte sich auch den Deutschen Meistertitel der Junioren.
Jubel in Serbien: Ringer Roland Schwarz holt WM-Bronze
Aus der Nürnberger Zeit gibt es wieder mehr Fotos. Die meisten zeigen Roland Schwarz, wie er seinen Gegner beherrscht, wie er jubelt, wie er mit Deniz Menekse oder Trainer Matthias Baumeister von den Johannis Grizzlys abklatscht. Doch nach 2017: wieder Leere. Neue Fotos sind seitdem nicht kaum gekommen – dabei könnte man den 24-Jährigen jeden Tag auf der Straße treffen.
Mit seiner Freundin wohnt er inzwischen in der Nürnberger Südstadt, der "Goldene Ring" unterstützt ihn auf seinem sportlichen Weg, "ich liebe Nürnberg", sagt Schwarz, der an der FAU International Business Studies studiert, um sich für die Karriere nach der Karriere vorzubereiten. Doch als Leistungssportler ist er viel unterwegs, manchmal sieht er von Nürnberg mehrere Wochen lang nichts. Schwarz ist Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr, weshalb er von seinem Sport leben kann. Er trainiert oft am Olympiastützpunkt in Heidelberg, in der Bundesliga ringt er mittlerweile für den Deutschen Meister Wacker Burghausen.
Im November verließ er Nürnberg mal wieder, diesmal sogar für mehr als nur ein paar Wochen. Es ging in die Heimat seiner Eltern, dorthin, wo er 1996 auf die Welt kam. Mit drei Jahren zog der kleine Roland mit seiner Mutter nach Deutschland, seinen Vater, der in Moskau blieb, besucht er in normalen Zeiten mehrmals pro Jahr. Der Name Islam Dugutschijew hat in Russland einen ganz anderen Klang, als aktiver Ringer wurde Schwarz‘ Vater zweimal Europa- und viermal Weltmeister, 1992 gewann er in Barcelona die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen.
Warum Ringer Roland Schwarz in Russland trainiert
Heute arbeitet er als Jugend-Nationaltrainer in Russland und versucht, neue Weltmeister zu schmieden. In einem Interview hat Roland Schwarz ihn als seinen "härtesten Lehrmeister" bezeichnet, vor ein paar Wochen hat er seinen Vater mal wieder besucht. Allerdings nicht für ein paar nette Stunden, sondern um zu trainieren. In Nürnberg wurde das nach mehreren Coronafällen am Stützpunkt immer schwieriger, weshalb er eine sportliche Flucht wagte.
Wenn Roland Schwarz von seinen Erfahrungen dort erzählt, schwärmt er vom Niveau seiner Trainingspartner, 60 Leute aus der russischen Nationalmannschaft trainierten gemeinsam, "da waren nur Top-Leute und ich musste in jeder Sekunde 100 Prozent geben, denn als einziger Deutscher will man sich da ja auch nicht abschlachten lassen", sagt Schwarz.
"Ich war überzeugt von mir"
Das Leben war allerdings ein stressiges, wer in Zeiten einer Pandemie trainieren will, muss mit vielen Einschränkungen klarkommen. "Das war wie ein Gefängnis, eine riesige Anlage, die wir nicht verlassen durften", so Schwarz – der ganz froh war, dass er sie dann Mitte Dezember doch verlassen durfte.
Eine Weltmeisterschaft gab es in diesem Jahr zwar nicht, für den "Individual World Cup" in Serbien wurde Roland Schwarz aber kurzfristig nachnominiert. "Ich hatte zuvor mit den besten der Welt trainiert", sagt er, "das hat mein Ego gepusht und ich war ziemlich überzeugt von mir." Diese Überzeugung nahm er mit auf die Matte – und gewann die Bronzemedaille. Den Erfolg beschrieb er nachher im Interview mit dieser Zeitung als "große Genugtuung".
Inzwischen ist er wieder daheim, in der Nürnberger Südstadt. Die vergangenen Wochen waren anstrengend, doch Roland Schwarz nimmt all das gerne auf sich. 2021 will er zu den Olympischen Spielen, so wie sein Vater. Dann gibt es sicher auch neue Bilder für das Archiv.
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