Laut der Vereinbarung dürfen einige der bekanntesten Treffpunkte für Nachtschwärmer demnächst offiziell ebenfalls Freischankflächen betreiben. Davon profitieren zum Beispiel Feieradressen wie "Mach 1", "Hinz & Kunz", "Gemein & Gefährlich" und "die rote Bar". Normaler Diskothekenbetrieb wird dagegen weiterhin nicht möglich sein.
Ein Strohhalm für die Club-Szene
Schon seit einiger Zeit drückt die Stadt bei bestehenden Freischankflächen ein Auge zu und genehmigt auf Antrag deren Ausdehnung auf städtischen Raum, sofern das mit der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vereinbar ist. Bisher sind beim Liegenschaftsamt gut 120 solcher Anträge eingegangen, nur wenige davon wurden abgelehnt, etliche harren noch der Bearbeitung.
Die behördliche Kulanz eröffnet bisher vor allem Speisegaststätten mit Biergärten, die aufgrund der geltenden Abstandsgebote beträchtliche Teile ihrer Außensitzplätze und damit erheblich an Umsatz einbüßten, eine Überlebenschance. Nach dem gleichen Prinzip sollen nun auch die Bars und Clubs behandelt werden.
Diese hatten – zumindest in Bayern – seit dem Shutdown überhaupt keine Einnahmen mehr. Sie mussten auch nach den ersten Lockerungen für die Gastronomie komplett geschlossen bleiben. "Diese Betriebe hatten bislang keinen Horizont für Erleichterungen", sagt Thomas Förster, Chef im "Bratwurst-Röslein" und als bayerischer Dehoga-Vize an den Gesprächen am Montag beteiligt.
Möglichst bald sollen die Lokalitäten, in denen vor Corona innen zu lauter Musik gefeiert wurde, nun außen zu leiser Musik Getränke ausschenken dürfen. Der genaue Beginn steht noch nicht fest. Man wolle erst noch "ein paar interne Dinge" klären, heißt es aus dem Wirtschaftsreferat.
Offenbar müssen Gespräche mit Anwohnern geführt werden, denn einige der neuen Biergärtchen werden wohl an Stellen entstehen, an denen bisher noch gar keine Gastronomie vorhanden ist. Der Grund: Nicht alle Clubs haben Platz vor der eigenen Tür, aber alle brauchen dringend Einnahmen.
Keine Disco im Freien
"Die Leute haben Angst und wollen nicht drinnen sitzen", begründet Thomas Förster seinen Vorstoß. Stellvertretend für seine Branche gelobt er, Vorsicht walten zu lassen. "Das werden keine Diskotheken unter freiem Himmel. Wir wollen auf keinen Fall Verursacher von irgendwelchen Infektionsherden sein."
Ob das neueste Entgegenkommen der Stadt reicht, um alle Nürnberger Party-Locations vor der Pleite zu bewahren, bleibt offen. Christian Wagner ("Zeit & Raum", "die rote Bar"), Sprecher der Szene, war am Montag telefonisch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Branche hat jede Hilfe nötig
"Die Lage ist nach wie vor verheerend", seufzt Förster und meint damit die gesamte Gastronomie. Umsatzrückgänge von 80 Prozent seien keine Seltenheit. Gegenwärtig ist das städtische Kassen- und Steueramt dabei, den Wirten in Not die Nutzungsgebühren für Freischankflächen zurückzuerstatten.
Diese waren im Februar vorab für das ganze Jahr erhoben worden. 700 Fälle mussten dafür geprüft werden, so Wolfram Gäbisch, stellvertretender Leiter des Liegenschaftsamtes: "Das ist ein Akt der Wirtschaftsförderung."
Corona: Nürnbergs Bars und Clubs kämpfen ums Überleben
Dass die Branche jede Hilfe nötig hat, meint auch Frank-Ulrich John, Pressesprecher des Dehoga in Bayern. Zu viele Betriebe seien chronisch unterfinanziert. Laut einer Studie des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts in München kommt ein Wirt im Schnitt auf einen Stundenlohn von 4,66 Euro.
Mehr als ein Drittel des vergleichsweise kleinteiligen Gaststättengewerbes in Bayern verbuche weniger als 100.000 Euro Umsatz pro Jahr. "Damit lässt sich keine Liquidität aufbauen", konstatiert John. Der Dehoga-Mann fürchtet, dass auf lange Sicht Gastro-Ketten das Angebot dominieren werden.
Just gestern eröffnete nach zweijähriger Planung das "Cafe Extrablatt" seine erste Filiale in Nürnberg. Nach eigenen Angaben investierte Geschäftsführer Harald Gaenicke am Lorenzer Platz 1,4 Millionen Euro. Momentan verhandelt er mit der Stadt noch über die Freischankfläche. Gaenickes Unternehmen gehört zum Bereich der Systemgastronomie, er betreibt weitere Lokale in Süddeutschland. Vor Corona schützt ihn das möglicherweise auch nicht. "Wenn im Herbst die zweite Welle kommt, haut‘s uns weg."
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