Nürnbergs Grüne verzichten auf Wahlempfehlung
25.3.2020, 17:39 UhrSie sehe keine Veranlassung dafür, so Verena Osgyan, die für die Grünen in den OB-Wahlkampf gezogen ist und es am Ende nicht ins Finale geschafft hat. Die Gleichung, dass sich Grüne im Fall des Falls zu den Sozialdemokraten bekennen, geht in Nürnberg nicht mehr auf. Denn die Parteimitglieder haben offenbar ganz unterschiedliche Präferenzen. "Ganz ehrlich, ich weiß noch gar nicht, was ich mache", sagt ein Grüner, der lieber anonym bleiben will. Er wisse noch nicht, ob er Marcus König (CSU) oder Thorsten Brehm (SPD) seine Stimme geben werde. "Ich weiß gar nicht genau, worin die beiden sich unterscheiden", seufzt der Grüne am Telefon.
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Die Parteispitze bietet hier keine Entscheidungshilfe. Der Nürnberger Kreisverband hat sich gegen eine Wahlempfehlung entschieden. Die Partei habe sich ja auch im Wahlkampf bewusst als eigenständig positioniert, sagt Osgyan auf Anfrage. In den Wahlprogrammen von SPD und CSU gebe es mit Blick auf Umwelt- und Verkehrspolitik wenig Übereinstimmung mit den Grünen, meint denn auch Grünen-Chef Gisbert von Eyb. Er traue den grünen Wählerinnen und Wählern die Kompetenz zu, sich individuell zu entscheiden.
Innerhalb der Nürnberger SPD stößt die demonstrative Neutralität der Grünen-Spitze auf wenig Begeisterung. Etliche SPDler fragten dem Vernehmen nach bei den Grünen an, warum es die Grünen in Nürnberg nicht wie die Grünen in Erlangen handhabten. Thorsten Brehm, OB-Kandidat der SPD, gibt sich derweil diplomatisch: "Natürlich freut man sich über Wahlempfehlungen wie sie beispielsweise die Politbande ausgesprochen hat. Aber ich respektiere die Entscheidung der Grünen-Parteiführung." Es hätten sich jedoch zahlreiche grüne Kandidatinnen und Kandidaten und Wählerinnen und Wähler bei ihm gemeldet und ihre Unterstützung zugesagt, das motiviere natürlich für den Stichwahl-Endspurt, fährt Brehm fort.
Gute Ansätze bei SPD
Die neue Gruppierung Politbande, die nach dem Stand der Dinge mit einem Sitz im Stadtrat vertreten sein wird, hat sich klar positioniert. "Gemeinsam müssen wir verhindern, dass Nürnberg mit Marcus König einen CSU-Oberbürgermeister bekommt", heißt es auf der Facebook-Seite der Politbande. Bei der SPD gebe es "gute Ansätze, bei denen wir mit unseren Forderungen anknüpfen können". Brehm habe zum Beispiel bereits zugesichert, sich für eine Aufstockung des Etats für die freie Kulturszene starkzumachen, so die Politbande weiter.
Während sich die Freien Wähler und die Nürnberger FDP klar für CSU-Kandidat König aussprechen, "um das bürgerliche Lager zu stärken", so der neue FDP-Stadtrat Ümit Sormaz, sieht die Partei Die Linke das, wenig überraschend, diametral anders. "Nürnberg wählt den Oberbürgermeister…keinen König", postete der wiedergewählte Linken-Stadtrat und Parteichef Titus Schüller im Netz.
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Als im Internet ein offenbar manipuliertes Bild kursierte, auf dem genau das Gegenteil verbreitet wurde, brandmarkte Schüller die Botschaft als "Fakenews" und stellte klar: Eine Unterstützung der CSU gebe es selbstverständlich nicht. Und ganz nebenbei schoss Schüller noch eine Spitze in Richtung Achim Mletzko ab, aktuell Fraktionschef der Grünen im Stadtrat. Im Gegensatz zum Fraktionsvorsitzenden der Grünen flirte die Linke nicht mit den Schwarzen, so Schüller.
Ein schwarz-grünes Bündnis im Rathaus? Rein rechnerisch wäre das nach dem jetzigen Stand wohl möglich, auch wenn die Mehrheit sehr knapp wäre. Bei den Grünen scheint der eine oder andere gar nicht abgeneigt zu sein. Die Zeit sei vorbei, in der man auf Gedeih und Verderb was mit der SPD machen müsse, meint einer, der seinen Namen ebenfalls nicht nennen will.
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Einige andere aus der Öko-Partei träumen dagegen von einem Bündnis mit der SPD und den kleinen Parteien. "Das ist theoretisch genauso eine Option wie Schwarz-Grün", meint Parteichef von Eyb und betont das Wörtchen "theoretisch". Er könne sich nämlich nicht vorstellen, dass die kleineren Parteien da mitspielten.
Grüne warten auf Gesprächsangebote
Der Grünen-Vorsitzende geht ohnehin davon aus, dass sich CSU und SPD nach der OB-Wahl wieder zu einer GroKo zusammentun werden. Das wäre nicht überraschend, denn sowohl König als auch Brehm sprechen sich seit geraumer Zeit für ein breites Bündnis im Rat aus. Keine Partei oder Gruppierung rechts oder links solle das Zünglein an der Waage werden, so König. Seine Partei will sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen sprechen, denn auch die Grünen hätten einen klaren Wählerauftrag bekommen, fährt der Konservative fort.
Die Grünen sehen das ähnlich. Noch habe sich aber niemand bei ihnen gemeldet, sagt von Eyb. Die Partei wartet selbstbewusst auf Gesprächsangebote. "Wir sind jetzt eine 20-Prozent-Partei", jubelt einer stolz. "Wir müssten natürlich in erster Linie über Inhalte reden, aber auch über einen Machtzuwachs", meint von Eyb. Der könnte zum Beispiel in Form eines Bürgermeister-Postens für die Grünen daherkommen. Die Devise lautet jedenfalls: "Für lau sind wir nicht zu haben."
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