Öffnung der Gastronomie: Das Zittern geht weiter

25.5.2020, 19:37 Uhr
Auch in Nürnberg dürfen Gaststätten seit Montag wieder im Innenbereich öffnen. Alles gut also? Wer sich unter Betrieben in der Stadt umhört, der bekommt einen anderen Eindruck.

© Michael Matejka Auch in Nürnberg dürfen Gaststätten seit Montag wieder im Innenbereich öffnen. Alles gut also? Wer sich unter Betrieben in der Stadt umhört, der bekommt einen anderen Eindruck.

Drei Gäste hat Tim Kohler heute in den ersten Stunden nach der Eröffnung im Innenraum seines Restaurant "Globo" gezählt. "Normalerweise hätten wir etwa 25 im vergleichbaren Zeitraum", zieht der Gastronom die erste Bilanz. "Aber für morgen haben wir bereits 16 Reservierungen", gibt er sich optimistisch. Klar ist auch: Bei schönem Wetter wollen die Menschen lieber draußen ihr Essen genießen, was die Gäste im Kohlers Lokal am Theresienplatz auch tun an diesem Nachmittag. Auch in anderen Speisegaststätten ist das Gleiche zu beobachten.


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Wie bei vielen anderen Betreibern sind seine Plätze auf die Hälfte geschrumpft und er ist nun umso mehr auf eine gute Auslastung angewiesen. Um diese etwas zu steigern, will er die Verweildauer der Gäste auf zwei Stunden beschränken. "Wir bitten unsere Gäste dafür um Verständnis." Kohler will daran glauben, dass Gäste nicht allzu viele Ängste, sich mit dem Coronavirus anzustecken, haben und tatsächlich zahlreich kommen. "Sie müssen uns vertrauen, dass wir alles dafür tun, um unser Hygienekonzept umzusetzen."

Christian Wagner, der unter anderem das Lokal "Zeit & Raum" betreibt, ist da weniger optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass Menschen ängstlich sein werden und lieber daheim ihre Flasche Wein oder Bier aufmachen." Wagner wird trotz seiner Skepsis "Zeit & Raum" am Donnerstag wiedereröffnen. "Wir wollen sehen, wie das Publikum damit umgeht."


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Wagner glaubt aber nicht einmal, dass die Nürnberger Gastronomen kostendeckend werden arbeiten können. "Wir brauchen alle 100 Prozent unserer Plätze." Die reduzierten Öffnungszeiten, auch wenn diese nun in einer Woche für drinnen wie draußen bis auf 22 Uhr ausgeweitet werden, bedeuten für die Wirte Nürnbergs große Einbußen, so Wagner. Was aber tun angesichts der bestehenden staatlichen Auflagen? Der Unternehmer würde sich mehr Unterstützung für Gastronomie seitens der Politik wünschen. "Die Soforthilfe ist eine tolle Sache gewesen, aber diese Maßnahme reicht nicht aus." Er würde es auch begrüßen, wenn die Verpächter mit den Betreibern der Lokale Kompromisse schließen und nicht auf die gesamte Miete bestehen.

Diese Ansicht vertritt auch Bernhard Steichele vom gleichnamigen Traditionslokal und appelliert an Verpächter: "Unterstützt Wirte. Denn wenn ein Lokal schließen muss, dann wird das Objekt für die nächsten eineinhalb Jahre nicht vermietet." "Das Steichele" hat in der vergangenen Woche kostendeckend arbeiten können, erzählt sein Betreiber. Aber wenn das Wetter nicht passt, dann wird es schwierig, gibt er zu. Am ersten Tag nach der Wiedereröffnung der Innenräume ist der Ansturm auf das Lokal ausgeblieben. "Uns fehlen Touristen und Geschäftsleute", so Steichele.

Er hofft jedoch, dass es in absehbarer Zeit besser wird, weil da die deutschen Touristen vielleicht kommen und durch die Wiedereröffnung der Museen und womöglich bald auch Kinos in der Stadt wieder etwas mehr Leben in der Stadt sein wird. Dennoch: "Wir brauchen weitere Lockerung der Maßnahmen. Auf die Dauer kann man die Maßnahmen nicht durchziehen."
Mit der Wiedereröffnung seines Restaurants kann Steichele höchstens "Schadenbegrenzung betreiben". Auch, wenn das Geschäft sich nicht wirklich lohnt, nicht aufzumachen hält Steichele für keine gute Option: "Wenn wir nicht öffnen, dann setzt es ein schlechtes Zeichen. Wir müssen Impulse geben, auch an die Menschen da draußen." Wer als Gastronom gerade überleben will, braucht mindestens drei Dinge, so Steichele: "Mut, Optimismus und ein gewisses Eigenkapital."

Bing Minh Vu will optimistisch bleiben. Für seine Gäste im Restaurant "CoDung" hat er bereits an der Eingangstür ein Waschbecken zum Händewaschen installiert und bei ihm bekommen die Gäste einen Mundschutz geschenkt, sollten sie ihn nicht dabei haben. "Wir versuchen, die nächsten Monate zu überleben. man muss flexibel bleiben."


Die Gastronomie soll sich aber nicht nur damit befassen, wie die akute Corona-Krisenphase zu meistern ist, gibt Wagner zu bedenken. Er geht davon aus, dass die Menschen künftig wesentlich sensibler auf Meldungen rund um Viren reagieren werden. "Wir müssen in die Zukunft schauen und Respekt vor der nächsten Panikwelle haben, die kommen könnte. Dafür müssen wir neue Gastronomiekonzepte entwickeln."

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