Juraleitung
P53 bei Schwabach: Entsetzen über Trassenkorridor
9.7.2021, 06:00 UhrDenn die Stromautobahn würde ja weiterhin zwischen Schwabach und seinem größten Stadtteil Wolkersdorf verlaufen. Dass deshalb Schwabachs Stellungnahme zu diesem Raumordnungsverfahren äußerst negativ ausfallen wird, ist keine große Überraschung.
Wie vielfach berichtet, soll Tennet die so genannte Juraleitung, die in den 1940-er-Jahren entstanden ist, neu bauen. Die Dimensionen sind, was den Stromtransport angeht, gewaltig. Gewaltig sind aber auch die Eingriffe in die Natur. Im Vergleich zu den bis zu 75 Meter hohen Masten sehen die heutigen Hochspannungsleitungen fast zwergenhaft aus.
Vorerst vom Tisch
Im dicht besiedelten Großraum Nürnberg stößt Tennet mit seinen Plänen auf die größten Hürden. Deshalb gab es zwischenzeitlich auch die Idee einer zwölf Kilometer längeren Südumfahrung durch den Landkreis Roth, die aber inzwischen vom Tisch zu sein scheint. Zumindest taucht sie in dem im Juni gestarteten Raumordnungsverfahren nicht mehr auf.
Der jetzt gewählte 100 Meter breite Trassenkorridor führt wie bisher fast schnurstracks durch Schwabacher Stadtgebiet und würde, wenn er denn so kommt, "unsere Entwicklungsmöglichkeiten massiv einschränken", wie Oberbürgermeister Peter Reiß in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Mobilität kommentierte.
Teile des geschützten Waldgebietes "Brünst" müssten überspannt werden. In Wolkersdorf dürfte es zumindest knapp werden mit den eigentlich geforderten Mindestabständen zur Wohnbebauung von 400 Metern. Und östlich von Wolkersdorf muss die Leitung aus luftiger Höhe in eine Trafostation geführt werden, weil es ab dann unterirdisch weitergehen soll. Katzwang, der Kanal und auch die geschützten Rednitzwiesen sollen in einem Pilotverfahren nämlich untertunnelt werden.
Groß wie ein halbes Fußballfeld
Wie diese Übergabestation von Freileitung und Erdverkabelung aussehen wird? Weiß man nicht. Aber Stadtratsmitglied Martin Sauer betonte, dass es da um ein bis zu 30 Meter hohes Gebäude, so groß wie ein halbes Fußballfeld, gehen werde.
Für die Stadt blöd: Beim Raumordnungsverfahren geht es nicht darum, Argumente zu sammeln, warum die aufgerüstete P53 möglicherweise überflüssig sein könnte. Es geht nicht mehr darum zu hinterfragen, ob man sie benötigt oder vielleicht doch nicht. Es geht darum aufzuzeigen, was am vorgelegten Korridor passt und was nicht.
Wenigstens die Wasserversorgung ist nicht mehr betroffen
Mit den positiven Dingen waren die Ausschussmitglieder und Lars Kullick, der stellvertretende Leiter des Stadtplanungsamtes, schnell durch. Schwabachs Wasserversorgung ist nicht mehr betroffen. Immerhin.
Aber ansonsten: Nur vage Aussagen zu besonders kritischen Punkten, nur Zumutungen für Mensch und Natur. "Setzen, Sechs", fasste CSU-Sprecher Oliver Memmler die vorgelegten Pläne und Karten zusammen. Seiner Meinung nach könnten bei Wolkersdorf die geforderten Abschnitte zur Wohnbebauung nicht eingehalten werden.
Sein SPD-Kollege Martin Sauer wunderte sich, dass in einem Raumordnungsverfahren artenschutzrechtliche Fragen nicht untersucht werden. Zur Erdverkabelung gebe es viel zu wenig Informationen. "Das Motto , Verbuddeln und dann mal weitersehen´ reicht hier nicht."
Zudem beklagte sich Sauer, dass der Trassenkorridor das ehemalige Sandabbaugebiet bei Wolkersdorf umfahre und deshalb noch näher an den Ort heranrücke. Wenn dort tatsächlich noch Sand abgebaut werden würde, könnte man das noch verstehen, so Sauer. "Aber dort wird doch schon wieder aufgefüllt."
Das wertvollste Areal durchschnitten
Schlimm fand der SPD-Mann, dass der (ehemalige) Standort-Übungsplatz durchschnitten werde, "unser schützenswertestes Areal überhaupt". Und dann habe es Tennet wirklich überall geschafft, beim Tangieren von Wäldern sich die wertvollsten Abschnitte herauszupicken und diese zu vernichten.
Entsprechend negativ wird die Stellungnahme der Stadt zum Raumordnungsverfahren ausfallen. Der "Planungsverband 7", in dem Schwabach zum Beispiel neben Nürnberg Mitglied ist, hat sich bereits ähnlich positioniert.
Am Ende werden wohl Gerichte entscheiden, ob und, im Falle eines Falles, wie die Juraleitung gebaut werden kann. Im derzeit laufenden Raumordnungsverfahren, das sich wohl rund ein Jahr hinziehen wird, können die Beteiligten aber noch nicht die Justiz anrufen. Das ist erst im danach folgenden Planfeststellungsverfahren möglich.
Dann erst wird man sehen, wo genau die gewaltigen Masten hingepflanzt werden sollen, wie die genaue Zuwegung aussehen und wie die Erdverkabelung funktionieren soll.
Energiewende wird behindert
Die vielen Bürgerinitiativen zweifeln derweil weiterhin insgesamt den Sinn des Mega-Projekts an. Es diene in erster Linie dem (europäischen) Stromhandel, schicke Atom- und Kohlestrom quer über den Kontinent und bremse die regionale Energiewende aus. Entsprechende Flyer legte der Büchenbacher Wolfgang Schmid von der dortigen BI den Schwabacher Rätinnen und Räten im Markgrafensaal auf den Tisch. Überzeugen von seiner Sicht der Dinge musste er sie aber nicht mehr.
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