Prostitutions-Gesetz: Neue Auflagen für Bordelle
1.2.2018, 05:51 UhrMontag und Dienstag ist es eher ruhig, nur wenige Freier ziehen hier durch die Gasse. Typisch für den Wochenanfang, die Geschäfte laufen generell mäßig. "Das ist wie in der Fußgängerzone, da ist auch nicht viel los", sagt Vanessa, eine Frau aus dem "Haus Sexundneunzig". Ab Mitte der Woche und am Wochenende zieht es wieder an. Die größte Nachfrage ist in den Nachtstunden. Schlaf finden die Sexarbeiterinnen dann oft nur am Tag - in ihren gemieteten Bordell-Zimmern, in eigenen Wohnungen oder in Hotels.
Seit Juli 2017 gilt das Prostituiertenschutzgesetz. Es soll Frauen im Rotlichtmilieu besser schützen - auf Kondompflicht müssen sie achten und das Gesundheitsamt für ein Beratungsgespräch aufsuchen. Das Schreckgespenst der Bürokratie geht in der Szene derzeit um. Was sie vom Gesetz hält? Es gibt Frauen, die es als Belastung empfinden und ihre Existenz bedroht sehen. Vanessa nicht. "Am Anfang waren wir schon in Sorge. Wir wussten ja nicht, was da auf uns zu kommt", sagt sie. Es war aber nur ein harmloses Gespräch mit einem Sachbearbeiter.
Unterstützung von Bordellbetreibern
Hilfe bekommen Vanessa und ihre Kolleginnen von ihren Vermietern - einer Fürther Familie, die das und zwei weitere Bordelle an der Frauentormauer betreibt. "Wir kümmern uns um sie, wir machen auch Termine im Gesundheitsamt für sie aus", erzählt die Tochter (29) der Unternehmerfamilie.
Das Gesetz sieht aber auch Auflagen in den Betrieben vor. Und die könnten einigen Betreibern Schwierigkeiten bereiten und so die Frauen in existenzielle Nöte treiben. In Nürnberg sind die Aufgaben getrennt und auf zwei Behörden verteilt: Während das Gesundheitsamt sich um die Prostituierten kümmert, prüft das Ordnungsamt, ob die Vermieter die baulichen Vorgaben erfüllen. Auch das "Haus Sexundneunzig" bekam kürzlich Besuch von städtischen Mitarbeitern. Die Unternehmerfamilie muss aber nichts befürchten, ihre Häuser sind frisch renoviert und sie hat einen Großteil der Forderungen schon im Zuge des Umbaus berücksichtigt.
Alarmsystem für Notfälle
Das Alarmsystem beispielsweise. Fühlt sich eine Sexarbeiterin von einem Freier bedroht, löst sie Alarm aus. "Im Zimmer schaltet sich das rote Licht sofort in ein grelles, weißes um", erklärt die Junior-Chefin des Unternehmens. Zu gleich ertönt ein schriller Ton durchs ganze Haus, auf den Monitoren in den Fluren leuchtet die Nummer des Zimmers auf, in dem der Notknopf gedrückt wurde. "Die Frauen halten zusammen, sie marschieren da rein und schauen, was da los ist. Wenn dann zehn von ihnen vor dem Freier stehen, hat das seine Wirkung", sagt die 29-Jährige. Wenn im Haus der Alarm schrillt, sieht sie das auch auf ihrem Handy - und könnte die Polizei verständigen. Höchstens zweimal im Jahr komme es zu so einer Alarmierung. "In den elf Jahren, in denen wir das Geschäft führen, wurde noch niemand verletzt", berichtet ihre Mutter und Senior-Chefin (50).
Der Gesetzgeber fordert von Vermietern auch einen Sozialraum für Sexarbeiterinnen. Der befindet sich hier im Keller. Im roten Lichtschein und an Tapeten mit Leopardenmuster vorbei geht es zum Treppenhaus. Ein Getränkeautomat steht im Erdgeschoss, an der Wand hängt ein Automat mit Kondomen. In den oberen beiden Etagen liegen weitere Zimmer. Im Keller durchflutet nüchtern-weißes Licht aus Leuchtstoffröhren den Flur. Der Sozialraum sieht aus wie ein Pausenraum - Automaten für Zigaretten und Snacks stehen hier, ein Kaffeevollautomat, der im Dauerbetrieb ist, ein schwerer Holztisch mit Stühlen und ein Sofa.
Störung von Freiern
Doch alles ließ ihnen das Ordnungsamt nicht durchgehen. Im Bordell nebenan lag der Ruheraum zu nahe am Arbeitsplatz der Frauen. Die Behörde monierte, dass sie Störungen von Freiern ausgesetzt seien. "Den Ruheraum haben wir dann verlegt." Allerdings war die Unternehmerfamilie nicht immer in dieser Branche unterwegs. Die Tochter: "Meine Eltern führten früher ein Hotel in Fürth. Das verkauften sie. Später wollten sie ihr Geld wieder investierten. Als sie erfuhren, dass hier was verkauft wird, schlugen sie zu."
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