Radentscheid für Nürnberg soll im Februar starten
18.10.2019, 06:00 UhrWeit und breit ist rund um das Haus eckstein kein einziger freier Fahrradstellplatz zu sehen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sich an diesem Mittwochabend wahrscheinlich die radbegeistertsten Nürnbergerinnen und Nürnberger versammelt haben. Die Gruppe der Radlbotschafter, wie sich die Initiatoren nennen, hat zum ersten Treffen in Sachen Radentscheid geladen.
Von den rund 160 Plätzen im Saal ist jeder belegt, ein paar Leute stehen: Der Andrang ist groß, das Interesse am Thema ebenso. Und auch der Frust ist offenbar enorm bei den versammelten Radfahrern.
Zum Auftakt der Veranstaltung geht es zunächst um den Ist-Zustand der Nürnberger Fahrradinfrastruktur. Radlbotschafterin und ADFC-Vertreterin Esther Zimsack beschreibt das Radverkehrsnetz diplomatisch als "wenig intuitiv" und "ein bisschen lückenhaft", was unter den Zuhörern für großes Gelächter sorgt.
Noch anschaulicher wird diese Problematik im Vortrag von Johannes Birkner, der als Rollstuhlfahrer täglich mit seinem Handbike unterwegs ist und anhand von Fotos aus seinem Alltag auf den Nürnberger Straßen berichtet. "Auf dem Bild seht ihr so einen roten Streifen, der soll wohl ’nen Radweg symbolisieren", scherzt er über die bisherige Radwegesituation.
Maßnahmen reichen nicht aus
Bei allem bissigen Witz ist es den Radlbotschaftern ernst mit ihrem Anliegen: Denn auch unter Berücksichtigung aller Pläne – zum Beispiel für die Radschnellwege, die insgesamt zwölf Fahrradstraßen, von denen erst kürzlich die erste am Rennweg eröffnet wurde, und das Fahrradparkhaus, das am Bahnhof entsteht – könne es "so nicht weitergehen" mit dem Radverkehr in Nürnberg.
Deshalb soll hier nach dem Vorbild vieler anderer Städte wie Berlin und München, aber auch Bamberg, 2020 ein Radentscheid durchgeführt werden. Das ist das Ziel der Radlbotschafter, einer Gruppe aus 15 Freiwilligen, parteipolitisch unabhängig und dem Selbstverständnis nach eine Stimme der Nürnberger Radfahrer. Beim Infotreffen stellten sie nicht nur sich, sondern auch das Konzept eines Radentscheides vor.
Markus Stipp, Sprecher der Gruppe, erklärte den Ablauf wie folgt: Es handelt sich um ein Bürgerbegehren, wie es grundsätzlich erst einmal jeder Bürger starten kann. Dafür heißt es Unterschriften sammeln. Mindestens 15.000 müssen zusammenkommen, um die nächste Stufe zu erreichen: den Bürgerentscheid. Findet sich auch hier die notwendige Mehrheit, gleicht das Ergebnis einem Stadtratsbeschluss: Die Stadt müsste handeln. Soweit die Theorie.
Forderungen müssen noch formuliert werden
Doch was genau wollen die Radlbotschafter eigentlich fordern? "Um das herauszufinden, brauchen wir jeden Einzelnen von euch", sagt Markus Stipp. Nur ein übergeordnetes Ziel habe die Gruppe bereits festgelegt: "ein sicheres Miteinander für alle Verkehrsteilnehmer". Denn klar sei, dass das Begehren nur dann eine Chance habe, wenn man die "gesamte Breite der Gesellschaft" ansprechen könne.
Um zunächst einmal möglichst viele Menschen zu erreichen, wolle man mit Rad-Demos, Flashmobs und vielen verschiedenen Veranstaltungen auf das Begehren aufmerksam machen. Um die Organisation soll sich künftig eine Projektgruppe kümmern, die sich an diesem Abend gleich zusammenfand und erste Ideen austauschte.
Auch für Fragen der Technik, der Finanzierung und der Öffentlichkeitsarbeit wurden gleich Teams gebildet, Ideen diskutiert und weitere Treffen vereinbart. Bis im Februar 2020 die Unterschriftensammlung beginnen soll, bleibt für sie alle viel zu tun – allem voran die Konkretisierung der Forderungen.
Weitere Informationen unter www.radentscheid-nuernberg.de
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