Schloßstraße: Hygiene-Probleme waren schon länger bekannt

Johannes Handl

Lokalredaktion

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6.9.2020, 18:49 Uhr
Die Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft in der Schloßstraße berichten von unhaltbaren hygienischen Zuständen.

© Horst Linke Die Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft in der Schloßstraße berichten von unhaltbaren hygienischen Zuständen.

Flach Gomez kritisiert, dass die Stadt wichtige Einflussbereiche – etwa die Reinigung oder die Betreuung der Unterkunft durch Sicherheitskräfte – an einen externen Betreiber abgebe. Dessen Arbeit überprüfe sie offenbar nicht häufig genug, "sodass Zustände wie in der Schloßstraße fast unbemerkt auftreten können und bei der Behebung solcher Zustände wenig Einfluss genommen werden kann".

Unbemerkt sind die dortigen Zustände allerdings nicht geblieben. Die Linke Liste hat schon Mitte Juni mit einem Stadtratsantrag darauf aufmerksam gemacht, dass die Vorschriften bezüglich Hygiene und Infektionsschutz in den Gemeinschaftsunterkünften in Nürnberg nicht eingehalten würden. "Durch eine Zimmerbelegung mit bis zu fünf Personen und eine gemeinschaftliche Nutzung von Küche und Sanitärräumen können keine Abstandsregeln eingehalten werden", sagt Linke-Liste-Politikerin Marion Padua: "Besonders die Schloßstraße habe ich als Stadträtin in der Diskussion namentlich benannt."

Bewohner äußern sich

 Kathrin Flach Gomez will den Bewohnern helfen.

 Kathrin Flach Gomez will den Bewohnern helfen. © Foto: Die Linke

Am Samstag nun haben sich 43 Männer und Frauen, die in der Einrichtung in St. Peter wohnen, mit einem an das Bayerische Gesundheitsministerium, das Nürnberger Sozialamt und die Regierung von Mittelfranken adressierten Brief selbst zu Wort gemeldet. Laut den Bewohnern breiten sich im Haus Kakerlaken, Würmer und anderes Ungeziefer, aber auch Mäuse aus, weil die Mülleimer nicht rechtzeitig geleert werden würden. Gleichzeitig beklagen die Schutzsuchenden Schikane durch Sicherheitskräfte sowie respektloses Verhalten vonseiten der Behördenmitarbeiter.

Laut Solzialreferentin Elisabeth Ries sind die Sicherheitskräfte angehalten, die Quarantäne nicht physisch durchzusetzen, sondern lediglich auf die Bestimmungen hinzuweisen. Wenn es konkrete Fälle respektlosen Verhaltens gebe, werde man diesen nachgehen.

Für Flach Gomez bestätigt sich aus dem Schriftwechsel mit Betroffenen das Bild einer Notsituation. Diesen Eindruck habe sie auch nach Telefonaten mit zuständigen Sachbearbeitern gewonnen. Die 34-Jährige verweist dabei auch auf ein Video, das ihr zugespielt worden sei und laut Informationen der Bewohner erst vor kurzem aufgenommen worden sei.

Wasser tropft von der Decke

Dieses soll das vermeintlich marode und tropfende Leitungssystem neben einem Bewohnerzimmer in der Unterkunft zeigen. Das Problem sei seit Anfang des Jahres bekannt, habe ihr das Sozialreferat erklärt, allerdings habe bisher nur der Hausmeister der Unterkunft versucht, den Schaden zu beheben. Erst vergangene Woche sei angeblich ein professioneller Handwerksbetrieb zur Leckortung hinzugezogen worden, berichtet Flach Gomez.

Sozialreferentin Elisabeth Ries bestätigt die Probleme, betont aber, dass es sich um keinen Wohn-, sondern einen Technikraum handele. Bewohner hätten hier offensichtlich Habseligkeiten gelagert, obwohl der Raum dafür nicht vorgesehen sei. Ries bestätigt, dass der Handwerksbetrieb vor Ort gewesen sei. Der Schaden werde hoffentlich bald behoben.

Sechs Bewohner mit Covid-19 infiziert

"Im Video wird deutlich, dass die löchrigen Wände und Leitungen als Einfallstor für sämtliches Ungeziefer fungieren können", sagt Flach Gomez. "Da können die Bewohner der Einrichtung trotz sämtlicher Bemühungen, ihre Zimmer sauber zu halten, kaum dafür sorgen, dass das Ungeziefer fern bleibt."

Nachdem vor gut einer Woche eine Bewohnerin positiv auf Covid-19 getestet worden ist, sind in der Zwischenzeit fünf weitere Fälle nachgewiesen worden. Alle anderen Bewohner haben bei der ersten Testreihe ein negatives Ergebnis erhalten.

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