Schnaittacher Doppelmord beschäftigt erneut das Gericht

14.7.2020, 18:07 Uhr
Eine schlankere Stephanie P. versteckt ihr Gesicht hinter einem Aktenordner.

© Andrea Beck Eine schlankere Stephanie P. versteckt ihr Gesicht hinter einem Aktenordner.

Im neuen Verfahren geht es nun um das Strafmaß. Stephanie P. kann auf eine kürzere Freiheitsstrafe als das bisherige Urteil "lebenslänglich" hoffen, falls die 19. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth unter Richter Markus Bader entscheidet, dass ihre Aussage gegenüber der Polizei hilfreich war.

Das Mindeststrafmaß beträgt bei Anstiftung zum Mord zehn Jahre Haft. Bereits nach sechs Jahren hinter schwedischen Gardinen könnte Stephanie P. in diesem Fall eine Entlassung auf Bewährung beantragen. Doch selbst wenn Stephanie P.s Aussage den Ermittlern geholfen hat, ist das noch keine Garantie, dass das Strafmaß gelockert wird. Die Kronzeugenregelung nach Paragraf 46 b des Strafgesetzbuches ist eine "Kann"-Regel. Sie liegt im Ermessen des Richters.


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Um den Wert von Stephanie P.s Aussage für die Aufklärung des grausamen Schnaittacher Doppelmords im Dezember 2017, bei dem ihr späterer Ehemann Ingo. P seine Eltern mit einem Zimmermannshammer tötete, richtig einzuschätzen, sagen vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth Zeugen aus, die an den Ermittlungen beteiligt waren.

Unglaubwürdig und einstudiert

Am gestrigen Dienstag, dem zweiten Verhandlungstag, schildern die Gerichtsmedizinerin, die Stephanie P. nach ihrer Vernehmung untersuchte, der Ermittlungsrichter, der ihre Verhaftung anordnete, der zuständige Psychiater und der damalige Staatsanwalt ihre Erinnerungen. Sie alle erzählen, dass Stephanie P. nach ihrer Verhaftung am 22. Januar 2018 kaum zu bremsen war und jedem dem sie begegnete, ob Polizist, Richter oder Ärztin, die kaltblütige Tat ihres Mannes schilderte, an der sie in keiner Weise beteiligt gewesen sei. Doch ihre Geschichte wirkte unglaubwürdig und einstudiert, darüber sind sich alle Zeugen einig.


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Immer wieder geht es um die gleichen Fragen. Wie lange hätte die Polizei – ohne Stephanie P.s Aussage - das Haus von Elfriede und Peter P. in Schnaittach zerlegt, bis sie die Leichen im Garagenanbau gefunden hätte? Wie schnell wäre den Ermittlern klar gewesen, dass Ingo P. einen Hammer als Tatwaffe verwendete und wie gut wäre der Tatablauf nachvollziehbar gewesen, wenn Stephanie P. nicht berichtet hätte, dass ihr Mann nach eigenen Angaben erst seine Mutter und dann seinen Vater tötete. Es geht auch um die mysteriösen Bestellungen von Pinselreiniger, PH-Streifen und Schutzmasken via Amazon, aus denen sich die Ermittler zunächst keinen Reim machen können. Stephanie P.s Aussage, Ingo P. habe den Pinselreiniger in den Kaffee seiner Mutter gekippt, bringt zum ersten Mal eine mögliche Vergiftung ins Spiel.

Doch dieses Beispiel zeigt auch die Grenzen von Stephanie P.s Nutzen für die Ermittlungen auf. Da ihre Behauptung, sie hätte mit alldem nichts zu tun und Ingo P. habe sie monatelang in seiner Gewalt gehabt von Anfang an unglaubwürdig ist, wird ihre Aussage von Ermittlern und Staatsanwalt mit Vorsicht betrachtet. Letztendlich wird Ingo P. vom Vorwurf des versuchten Mordes freigesprochen, weil es keinen Beweis für die Vergiftung seiner Mutter gibt. Allein auf die Aussage von Stephanie P. will sich das Gericht im April 2019 nicht stützen. Diese sei nicht glaubwürdig genug.

"Keine Träne war zu sehen"

Auch der damals leitende Staatsanwalt, Stefan Rackelmann, betrachtete Stephanie P.s Aussage skeptisch. "Mir fiel schon bei der Vernehmung auf, dass keine Träne zu sehen war, wenn sie weinte und die Behauptung, sie habe von den Plänen ihres Mannes nichts gewusst, konnte schnell widerlegt werden", sagt Rackelmann. Anders als bei sonstigen Fällen hätte er Stephanie P.s Aussage nicht als Leitfaden für die Anklage verwendet, sondern sie erst im Nachhinein zur Bestätigung mit den objektiven Beweisen verglichen. "Die Analyse der Blutspuren hat bereits vor Stephanie P.s Aussage den Ablauf der Tat belegt und die Grube in der Garage hatte die Polizei schon gefunden", sagt Rackelmann.


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Trotzdem hätten die Ermittler wohl einige Zeit den Garten umgegraben, wenn Stephanie P. nicht sofort von dem Leichenversteck im Garagenanbau erzählt hätte. Ob die Lügen der heute 25-Jährigen dem Staatsanwalt zusätzliche Arbeit gemacht hätte, will eine Richterin wissen. "Nein, das kann man so auch nicht sagen. Wir haben unser festes Ermittlungs-Programm das unabhängig von Stephanie P.s Aussage durchgeführt wurde. Ihre Erzählungen haben die Ermittlungen also auch nicht verkürzt", sagt Rackelmann.

Am kommenden Mittwoch, 22. Juli, dem dritten Verhandlungstag, will Richter Markus Bader die Beweisaufnahme schließen. Als Zeuge geladen, ist unter anderem Stephanie P.s Ehemann, Ingo P.. Ob er aussagt, ist allerdings fraglich.


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