Schule von Zuhause: Digitales Lernen funktioniert "besser als gedacht"
12.1.2021, 05:55 UhrWieder waren alle Augen auf Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) gerichtet: Am Montag startete nach den verlängerten Weihnachtsferien in ganz Bayern erneut der Distanzunterricht – vorerst bis zum 31. Januar. Statt Klassenzimmer und Frontalunterricht bedeutet das für Bayerns Schülerinnen und Schüler wieder: zu Hause lernen, unter anderem mit der Plattform Mebis.
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Vor den Weihnachtsferien musste sich Piazolo wegen auftretender Probleme des Portals bereits heftiger Kritik stellen. Das Kultusministerium riet Schülerinnen und Schülern im Vorfeld, "die Lernplattform am 11. Januar nur sehr zurückhaltend zu nutzen". FDP, SPD und AfD forderten daraufhin Piazolos Rücktritt.
Nun steht den Schülerinnen und Schülern also Heimunterricht bevor, den ganzen Januar lang. Einen holprigen Start nach den Ferien wünschte sich, nach all diesen Monaten, wohl niemand.
Darf man im Münchner Kultusministerium nun aufatmen und sich auf einen ruhigen Januar einstellen? Funktioniert die Plattform? Am Vormittag ließ das Kultusministerium verlauten, es wären keine größeren Probleme aufgetreten. Wie lief der Start an Nürnberger Schulen?
Kritik nicht gerechtfertigt
Am Dürer-Gymnasium hat man sich über die vergangenen Monate mit der sich ständig ändernden Corona-Situation arrangiert. Mebis spielt dabei so gut wie keine Rolle, das vorrangig eingesetzte Tool ist hier das "Microsoft Office 365"-Paket. Die Kritik an Kultusminister Michael Piazolo und der Lernplattform Mebis hält Reiner Geißdörfer, Schulleiter des Dürer-Gymnasiums, für nicht gerechtfertigt: "Da muss ich dem Minister schon zur Seite springen. Mebis ist keine geeignete Plattform fürs Distanzlernen, wurde dafür aber auch nicht erschaffen. Es war von Anfang an klar, dass Mebis nicht für einen Ansturm von Tausenden Schülern gleichzeitig gerüstet ist."
Homeschooling in Bayern: Lernplattform Mebis läuft vorerst ohne Probleme
Anfangs mussten Geißdörfer und seine Lehrkräfte zwar auch mit Microsoft-Teams experimentieren, mittlerweile könne der Stundenplan aber reibungslos darüber abgehalten werden. "Ich war anfangs skeptisch, ob digitaler Unterricht überhaupt möglich ist", gibt er zu. Schule lebe schließlich von Begegnungen und vom Miteinander. Noch dazu sei es über die Ferne schwieriger, den Kontakt zu den Schülern zu halten. "Wenn ein Schüler im Klassenzimmer fast einschläft, dann merkt die Lehrkraft das. Über den Bildschirm klappt so was natürlich nicht", so Geißdörfer. Dennoch funktioniere das digitale Lernen "besser als gedacht", auch wenn das Unterrichten über eine digitale Plattform eine "ganz andere Herausforderung" für die Lehrkräfte darstelle.
Dieser Meinung ist auch Harald Fischer, Schulleiter des Neuen Gymnasiums. Den reinen Distanzunterricht konnte seine Schule in der Vergangenheit, wie überall, relativ selten ausprobieren, dennoch sei er in der Mischung Mebis- und Microsoft-Teams "ganz gut" angelaufen, so Fischer. "Schwieriger ist das Unterrichten bei Mischformen – da müssen die Lehrkräfte doppelt so viel organisieren", sagt er.
"Bisher keine Einschränkungen"
So wenig unterschiedliche Plattformen wie möglich. Das ist die Taktik der Geschwister-Scholl-Realschule. Damit die Lehrkräfte sich nicht mit Dutzenden verschiedenen Zugängen und Programmen herumschlagen müssen, setzt man dort vor allem auf Microsoft-Teams, Mebis nimmt nur eine Nebenrolle im Distanzunterricht ein. "Bisher haben wir noch keine Einschränkungen festgestellt", erklärt Schulleiter Thomas Weiland. Auf Mebis würden die Lehrkräfte nur vereinzelt Materialien hochladen. Diese Vorgehensweise scheint sich an der Realschule auszuzahlen, denn Weiland fasst zusammen. "Bisher haben wir alles ganz gut hinbekommen."
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Michael Kaiser, persönlicher Mitarbeiter der Schulreferentin, bekommt von den Nürnberger Schulen zu Mebis und dem allgemeinen Thema des Online-Lernens regelmäßig Rückmeldungen. "Sehr, sehr viele Schulen haben eigene Programme entwickelt und es wird kommuniziert, dass man diese auch nutzen soll", sagt er. Diese dezentrale Lösung hält Kaiser für sinnvoll. Man wisse, dass es immer mal wieder Schwierigkeiten gibt, aber die Schulen würden alles geben, damit der Unterricht abwechslungsreich und gut gestaltet werden könne. "Es gibt in Nürnberg 121 Schulen, da ist es logisch, dass es mal einen Wackler geben kann."
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Auch Schulreferentin Cornelia Trinkl (CSU) sieht die Schulen für die kommenden Wochen gut ausgerüstet. In Sachen Notbetreuung sei die Nachfrage am Montag gering gewesen, sagt sie.
Kritik an Absage der Faschingsferien
Vergangene Woche verkündete die bayerische Regierung dann eine weitere Hiobsbotschaft: die Absage der Faschingsferien im Februar. Nicht nur Eltern treibt diese Nachricht Schweißperlen auf die Stirn, auch unter Lehrern ist die Kritik mitunter groß: "Welche Wertschätzung! Wir Lehrer sollen drei Wochen Distanzunterricht und Notbetreuung bieten. Dafür streicht man die Faschingsferien. Mehrarbeit ohne Ende, danke!", schrieb eine Lehrkraft auf Twitter an Söder und Piazolo gerichtet. Auch Dagmar Bär, stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands, ließ auf Twitter verlauten: "Distanzunterricht ist anstrengender als Präsenzunterricht, daher ist die Verschnaufpause für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler Mitte Februar dringend geboten."
Dieser Meinung ist auch Reiner Geißdörfer vom Dürer-Gymnasium. "Ferien sind immer sinnvoll. Gerade in den Faschingsferien müssen die Lehrkräfte viel Organisatorisches erledigen, etwa den Stundenplan für das zweite Halbjahr planen oder Schulaufgaben korrigieren. Das muss jetzt neben dem Unterricht parallel passieren", sagt er. Durch ausgefallene Schulfahrten sei sowieso wesentlich mehr Unterrichtszeit verfügbar.
Kommentar: Homeschooling macht Unterschiede sichtbar
Auch Harald Fischer vom Neuen Gymnasium Nürnberg hält die Absage der Ferien für "bedenklich". "Ich glaube nicht, dass eine Absage notwendig war. Bis zu den Osterferien durchzuarbeiten, ist für Lehrkräfte wie Schüler eine Belastung", sagt er.
"Das ist doof"
Wie zu erwarten, sind auch Nürnberger Schülerinnen und Schüler wenig begeistert von den Ferienplänen. "Das ist doof. Man muss Kindern auch mal eine Pause gönnen", findet der 13-jährige Max (Name geändert). Sein elfjähriger Bruder Leo sieht es ähnlich. "Die Weihnachtsferien sind verlängert worden, deswegen verstehe ich das. Aber ich finde es trotzdem blöd", sagt er. Mit der Technik hat bei Siebtklässlerin Mimi, zum Schulstart ins neue Jahr alles gut geklappt. "Es ist aber anstrengend, so lange vor dem Bildschirm zu sitzen. Ich würde auf jeden Fall lieber in die Schule gehen."
Für alle Beteiligten, Eltern, Lehrer und Schüler, ist es mit dem Distanzunterricht wohl wie mit vielen Notlösungen in der Corona-Pandemie: Alle hoffen, dass der holprige Weg am Ende ans Ziel führt.