Schwabacher Inzidenzwert über 300 - Das passiert jetzt

1.12.2020, 16:07 Uhr
Am Samstag wurde unter freien Himmel noch die Adventssaison eingeläutet - jetzt hat die Stadt mit die höchsten Infektionszahlen in ganz Franken.

© GIURDANELLA SALVATORE Am Samstag wurde unter freien Himmel noch die Adventssaison eingeläutet - jetzt hat die Stadt mit die höchsten Infektionszahlen in ganz Franken.

Es war zuletzt eher eine Frage des „wann“ statt des „wie hoch“. Seit Dienstagvormittag hat es Schwabach nun extrem dunkelrot auf schwarz: Der Sieben-Tage-Inzidenzwert ist in der Stadt explodiert. Es gab innerhalb einer Woche mehr als 300 Neuansteckungen, gerechnet auf 100000 Einwohner. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Morgen einen Wert von 319,7, das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Nachmittag sogar 344,06. Schwabach ist damit neben Nürnberg der mittelfränkische Corona-Hotspot. Tags zuvor war in den offiziellen Listen noch ein Wert von 139 aufgeführt.

Haupttreiber: Awo-Heim

Haupttreiber der Zahlen ist der Massenausbruch im Awo-Heim in der Wittelsbacherstraße, wo sich 64 Senioren*innen und 19 Pflegekräfte mit dem Virus angesteckt hatten (wir berichteten). Drei Betroffene sind inzwischen gestorben, weitere fünf mussten in umliegende Krankenhäuser gebracht werden.


Schwabacher Inzidenzwert explodiert: Von 139 auf 344,06


Alleine diese 83 Fälle lassen den Inzidenzwert in Schwabach um rund 200 Punkte nach oben schießen (siehe Erklärung im grauen Kasten). Zumindest hat es laut Rainer Mosandl, Awo-Vorstand für Pflege und Psychiatrie, eine gewisse Stabilisierung gegeben. Allerdings lagen am frühen Dienstagnachmittag die Corona-Tests der 17 bislang noch nicht betroffenen Bewohner*innen noch nicht vor. Das Gesundheitsamt hatte hier am Montag nach einmal eine Reihentestung veranlasst.

Auch Schulen betroffen

Doch Corona hat nicht nur im Awo-Heim brutal zugeschlagen. Es werden darüber hinaus weiterhin vergleichsweise viele Fälle aus Schulen und Kindertagesstätten gemeldet. Die Johannes-Helm-Schule und der dazugehörige Hort sind seit Montag geschlossen. Das berufliche Schulzentrum ist schon seit längerem in den Distanzunterricht gewechselt, mehrere Kitas mussten ebenfalls vorübergehend einzelne Gruppen nach Hause schicken oder sogar ganz schließen.

Das Überspringen des Inzidenzwertes von zunächst einmal 200 hat über die Betroffenen hinaus Auswirkungen. Für Schwabach sind diese Auswirkungen dreigeteilt.

Erstens: Es gelten die Bestimmungen, die im gesamten Freistaat gelten.

Zweitens: Es gibt zusätzliche Einschränkungen, weil die Stadt den 200-er-Inzidenzwert nach oben durchbrochen hat. Die Wochenmarkt-Stände am Königsplatz, die keine Lebensmittel anbieten, sind ab sofort verboten. Hinfällig ist damit auch der etwas erweiterte Wochenmarkt.

An diesem Wochenende sollten eigentlich der Geschichts- und Heimatverein und der SV Penzendorf in Hütten verkaufen - und damit für etwas mehr weihnachtliche Stimmung sorgen. Musik- und Fahrschulunterricht fallen bis auf weiteres ebenfalls aus, wobei bei letzterem noch nicht klar ist, ob das nur für den theoretischen oder auch für den praktischen Unterricht gilt.


Corona in der Region: Infektionszahlen steigen rapide


Ganz wesentlich: Ab diesem Mittwoch wechseln alle weiterführenden Schulen in der Stadt ab der achten Klasse in eine Mischung aus Präsenz- und Distanzunterricht. Das heißt: Die eine Hälfte der Klasse lernt in der Schule, die andere halbe Klasse ist von zu Hause aus zugeschaltet.

Ausnahmen sind die Schule am Museum (Förderzentrum) und die Abschlussklassen der weiterführenden Schulen. Verboten wird der Alkoholkonsum auf belebten Plätzen oder in belebten Straßen. Dazu zählen zum Beispiel Königsplatz, Martin-Luther-Platz und Bahnhofsvorplatz.

Jenseits der 300, und jetzt?

Weitere Verschärfungen dürften im Laufe dieses Mittwochs von städtischer Seite angekündigt werden. Ob sich die an die Maßnahmen in Nürnberg anlehnen, wo der Inzidenzwert ebenfalls über 300 gestiegen ist, wollte Jürgen Ramspeck, der Pressesprecher der Stadt Schwabach, noch nicht sagen. „Wir können uns vermutlich nicht völlig abkoppeln, aber wir haben doch etwas Spielraum.“ Denn: Mit dem Awo-Heim ist der größte Treiber der Infektionszahlen sehr gut zu lokalisieren – und zu isolieren.

Grundsätzlich gelte zwar die seit 1. Dezember gütige Neufassung der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. „Aber wenn man in Einzelfällen mildere Maßnahmen machen kann, dann würden wir das auch tun“, so Ramspeck.

Unterdessen muss Schwabach einen zehnten Todesfall seit Beginn der Pandemie Anfang März melden. Wieder erwischte es eine Person aus der Risikogruppe, diesmal aber nicht im Awo-Heim. Alleine sechs dieser zehn Todesfälle mussten seit dem Wochenende registriert werden.

Angesichts der dramatischen Entwicklungen in Schwabach ist die Situation im Kreis Roth noch einigermaßen überschaubar. Allerdings ist auch hier die Zahl der Neuinfektionen nach wie vor hoch – und die Inzidenzzahl nach einer vergleichsweise ruhigen Woche wieder deutlich nach oben geschossen: von 100,2 auf 165,7. Weil der Wert aber unter der Grenze von 200 liegt, drohen aktuell noch keine weiteren einschneidenden Maßnahmen, so wie sie in Schwabach getroffen worden sind.


Dritter Todesfall im Schwabacher Awo-Heim


Insgesamt sind seit Beginn der Pandemie im Landkreis 1464 Personen positiv auf Covid-19 getestet worden, in Schwabach sind es 590. In Schwabach sind zehn Bürger*innen an oder in Verbindung mit dem Virus gestorben, im Landkreis 15.

Impfzentrum im Gewerbegebiet

Sehnsüchtig erwartet wird unterdessen der Corona-Impfstoff, der zumindest zu Beginn in Impfzentren verabreicht werden soll. Sicher ist, dass sowohl Schwabach wie der Landkreis Roth eigene Impfzentren betreiben wollen und werden, anders als bei der gemeinsamen Corona-Teststrecke in Roth. Das war vom Bayerische Gesundheitsministerium auch so vorgesehen.
Wo in Schwabach das Impfzentrum entstehen soll, dazu machte die Stadt am Dienstag noch keine Aussagen. Das dürfte damit zusammenhängen, dass die Verhandlungen mit den Eigentümern der Immobilien offenbar weit gediehen, die Verträge aber noch nicht unterschrieben sind. In den nächsten Tagen soll es hier Neues geben.

Der Kreis Roth dagegen hat am späten Dienstagnachmittag bestätigt, dass im früheren Aldi-Auslieferungslager im Rother Gewerbegebiet ein Impfzentrum aufgebaut werden soll. Betrieben werden soll es „von einem „Drittanbieter“, wie Sachgebietsleiterin Marie-Christine Fränkel am Telefon betonte. Wer das ist, konnte sie noch nicht sagen: „Die Ausschreibungen laufen gerade.“