Sexismus-Kritik am Knoblauchslandkalender: "Das ist eine Frechheit"
28.9.2020, 16:18 UhrEr sorgt für viel Diskussionsstoff – obwohl er selbst wenig Stoff mit sich bringt: der Knoblauchslandkalender. Zum 13. Mal zeigen sich darin zwölf Frauen mit Bezug zum Knoblauchsland – hübsch in Szene gesetzt. All das unter dem Motto "Reife Früchte, freches Gemüse". Der Erlös kommt diesmal der Fürther Tafel zu Gute. Auf der Homepage wird das Produkt wie folgt beworben: "Diesmal präsentieren sich unsere Damen noch schärfer als jeder Rettich, knackiger als Eissalat und kesser als Kresse."
Dürfen die das? Immerhin schreiben wir das Jahr 2020: Sexismus-Debatten sind so präsent wie nie. Die Meinungen dazu gehen auseinander. Das zeigen auch die Reaktionen im Netz.
Nichts verstanden: Knoblauchslandkalender gehört abgeschafft
Die Fotografin Heike Beyerlein, die seit vier Jahren die Motive für den Kalender schießt, versteht die Kritik nicht: "Ich finde die Diskussion albern." Die Mädchen seien teilweise ganz normal angezogen. "Das sind brave und anständige Aufnahmen."
Auch die Initiatorin Ines Schindler versteht den Aufruhr nicht, sie empfindet ihn vielmehr als "Frechheit". Eine sexuelle Darstellung auf den Bildern würde sie niemals zulassen, erklärt sie. "Es verlangt niemand, dass sich jemand auszieht." Die Modelle kämen auf sie zu, weil sie dabei sein wollen. Immerhin sei es für den guten Zweck, insgesamt seien schon rund 70.000 Euro zusammengekommen. Wie steht sie zum Thema Sexismus? "Das interessiert mich alles gar nicht. Es gibt wichtigere Themen."
Schindlers Engagement unterstützt auch Bürgermeister Christian Vogel. Er sieht auf Nachfrage kein Problem darin, dass sich für den Kalender gestandene Frauen fotografieren ließen, die erfolgreich seien und mitten im Leben stehen.
Doch gibt es keine andere Möglichkeit, für die Region und sein Gemüse zu werben? Es handele sich nicht unbedingt um Werbung für das Knoblauchsland, antwortet Vogel. "Es geht darum, dass dort viele sehr engagierte Frauen Tag für Tag sehr wichtige Arbeit leisten." Das Miteinander und das Ehrenamt stehen im Vordergrund – "nicht mehr, aber auch nicht weniger".
Die Frage, ob es sich beim Knoblauchslandkalender um Werbung handelt und ob damit eine Rüge des Deutschen Werberats drohen könnte, sei in der Tat nicht eindeutig zu beantworten. Das sagt eine Sprecherin von Pinkstinks, einer Hamburger Organisation, die Sexismus in der Werbung anprangert. Immerhin sei der Kalender ein käuflich erwerbbares Produkt und damit etwa vergleichbar mit Erotikkalendern. Die Modelle entscheiden hierfür selbstbestimmt, wie sie sich präsentieren. "Das muss erlaubt sein."
Andererseits spreche sich der Kalender für das kulinarische Angebot in Franken aus. Hierzu heißt es: "Ganz klar sexistisch sind Werbemotive, die die Darstellung stark sexualisierter Frauen als reinen Blickfang ohne Produktbezug benutzen." Personen dürften nicht auf ihre Sexualität reduziert werden. Die Frage bleibt also im Raum: Wieso stehen leicht bekleidete Frauen im Fokus, wenn es um Auberginen-Anbau geht?
Horst Arnold, Chef der SPD-Landtagsfraktion und früherer agrarpolitischer Sprecher, war ebenfalls bei der Präsentation des Kalenders zugegen. Auf Nachfrage erklärt er nun, dass er von der "inszenierten moralisch gesellschaftlichen Diskussion überrascht" ist. "Wenn Ehrenamtliche sich mit kreativen Leistungen in das gesellschaftliche Leben einbringen, haben sie Respekt und Dank verdient. Gesellschaft braucht Toleranz und Verständnis, aber auch Fairness. Dazu gehört auch Gelassenheit."
Bald gehen die Planungen für die nächste Auflage los, erklärt Initiatorin Schindler. Sie denkt jedenfalls nicht daran, irgendetwas am Konzept zu ändern.
Der Knoblauchsland-Kalender 2021 kann ab sofort online unter www.knoblauchsland-kalender.de bestellt werden.
74 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen