So steht's um die Musik

Streit um Gebühren: Geht's auch ohne GEMA am Nürnberger Christkindlesmarkt?

Alina Boger

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12.9.2024, 05:00 Uhr
Der Christkindlesmarkt gehört zu Nürnberg, wie die Bratwürste und Lebkuchen. Aber wird es bald eine schwerwiegende Veränderung geben?

© Hans-Joachim Winckler/VNP Der Christkindlesmarkt gehört zu Nürnberg, wie die Bratwürste und Lebkuchen. Aber wird es bald eine schwerwiegende Veränderung geben?

Dass Weihnachtslieder einen erheblichen Teil der feierlichen Stimmung auf Weihnachtsmärkten ausmachen, ist wohl jedem klar. Genauso klar ist aber, dass sich in den letzten Jahren ein regelrechter Streit zwischen den Veranstaltern und der Verwertungsgesellschaft GEMA entfacht hat. Knapp 30.000 Euro müssten die Veranstalter des weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarktes dieses Jahr an die GEMA bezahlen. Zunächst war von einem speziellen Tarif, der extra für Weihnachtsmärkte ausgelegt worden wäre, die Rede. Dieses Vorhaben ist aber nun offenbar gescheitert.

Wird Nürnberger Christkindlesmarkt nun zum stillen Fest?

Dass die Situation nicht nur die Veranstalter, sondern auch potenzielle Besucher interessiert, ist verständlich. Schließlich zählt der Nürnberger Christkindlesmarkt zu den bekanntesten und schönsten Weihnachtsmärkten weltweit. 2023 besuchten rund zwei Millionen Menschen den Hauptmarkt, erklärte die Stadt Nürnberg. Neben den vielen Touristen, die sich das rege Treiben mal selber ansehen möchten, gehört ein Besuch bei vielen Nürnbergerinnen und Nürnbergern sicher zur jährlichen Tradition. Glühwein, Bratwürste und gebrannte Mandeln wären aber nicht dasselbe ohne die unzähligen Kinder-, Erwachsenen- und Posaunenchöre.

In Regensburg entschied man sich vergangenes Jahr beispielsweise zu einem radikalen Schritt. Der dortige Weihnachtsmarkt blieb überwiegend still, man hatte sich gegen eine Zahlung der GEMA-Gebühren entschieden.

In solch einer Situation stellt sich die logische Frage: Bleibt der Nürnberger Christkindlesmarkt dieses Jahr vielleicht ebenfalls ohne Musik?

Eine genaue Antwort darauf scheint es derzeit noch nicht zu geben. Dr. Andrea Heilmaier, Nürnbergs Wirtschafts- und Wissenschaftsreferentin, erklärte, man würde weitere Schritte prüfen. Als Beispiel nannte sie vollständig GEMA-freie Musik. Auch auf Reddit tauchte dieser Vorschlag auf. Unter einem Post, der den nicht existierenden Weihnachtsmarkt-Tarif der GEMA thematisiert, veröffentlicht ein User eine Liste an traditionellen Weihnachtsliedern, die die meisten wahrscheinlich schon als Kinder in der Schule gesungen haben.

Viele traditionelle Lieder gar nicht von GEMA geschützt

Nach einer Prüfung der Redaktion hat sich ergeben, dass es tatsächlich einige lizenzfreie Weihnachtslieder gibt. Auch die GEMA selbst veröffentlichte auf ihrer Seite eine Liste, mit GEMA-feien Stücken. Wichtig sei nur, dass auch lizenzfreie Musik bei der GEMA gemeldet werden müsse. So prüfe die Verwertungsgesellschaft, welche Songs tatsächlich gespielt wurden und welche von ihnen kostenlos sind.

Zwar ist die Auswahl an den freien Stücken deutlich magerer im Vergleich zu typischen Weihnacht-Playlists beispielsweise auf Spotify, doch sind dort wohl die Klassiker aufgeführt, die viele noch aus ihrer Kindheit kennen könnten. Beispielweise fallen folgende Lieder unter die GEMA-freien Stücke, wie es auch auf der Seite "Urheberrechte.de" heißt:

  • Alle Jahre wieder
  • Fröhliche Weihnachten überall
  • Ihr Kinderlein kommet
  • Kling, Glöckchen, klingelingeling
  • Lasst uns froh und munter sein
  • Leise rieselt der Schnee
  • O Tannenbaum Stille Nacht, heilige Nacht

Auch der Allzeit-Klassiker "Jingle Bells" findet seinen Platz in der Aufzählung.

Es wird also deutlich: zwar sind Hits wie "All I want for Christmas is you" oder "Last Christmas" nicht GEMA-frei, so gibt es doch eine kleine, aber feine Auswahl an traditionellen Volksliedern. Auf Reddit zeigen sich die Nutzer übrigens sogar ziemlich erfreut. "Klingt eigentlich nach einem Traum", schrieb ein User. Andere deuten darauf hin, dass ihnen diese Auswahl lieber wäre, als die modernen Pop-Songs.

Ob und welche Lösung sich für den Nürnberger Christkindlesmarkt finden wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Immerhin sind es noch zweieinhalb Monate bis zur Eröffnung. Eines steht aber fest: Einen völlig musikfreien Weihnachtsmarkt hat man in Nürnberg bisher wohl noch nie erlebt. Sich das vorzustellen, ist wohl auch schwer.

Die GEMA ist eine deutsche Verwertungsgesellschaft und steht für "Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte". Sie vertritt Komponisten, Textdichter, Musikverleger und Rechtsnachfolger aller genannten Gruppen. Dabei kontrolliert sie stellvertretend für die Urheber die Nutzung ihrer Werke und sammelt die daraus entstehenden Gebühren. Diese fallen an, wenn die Werke für die Öffentlichkeit genutzt werden, beispielsweise also bei öffentlichen Veranstaltungen, in Läden, Restaurants oder auch im Internet.

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