Trotz Katastrophenfall: Viele tummeln sich auf Nürnbergs Plätzen

19.3.2020, 11:29 Uhr

Die Mittagssonne scheint, die Menschen sitzen in kleinen Grüppchen draußen vor den Cafés, plaudern, essen und trinken. Die Geschäfte haben geschlossen, also bummeln die Nürnberger gemütlich durch die Stadt. Es könnte ein ganz normaler Sonntag sein, hätten nicht die Drogerien und Lebensmittelmärkte geöffnet – die übrigens durchweg gut besucht sind. Nichts deutet darauf hin, dass wir uns mitten in einer aus dem Ruder laufenden Pandemie befinden.


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Freilich ist weniger los als sonst an einem normalen Wochentag – immerhin fehlt ein Großteil der Konsummöglichkeiten. Doch die Menschen, die unterwegs sind, wirken sorglos. Obwohl genügend Platz ist, gehen sie in der Fußgängerzone dicht aneinander vorbei. In der Kassenschlange rücken sie sich gegenseitig auf den Pelz. Und obwohl vielerorts um Kartenzahlung gebeten wird, zücken an der Kasse einige ganz selbstverständlich ihr Bargeld.

Selbst am Nachmittag, als die Cafés ihre Ware nur noch zum Mitnehmen verkaufen dürfen, schlendern die Nürnberger immer noch im Ferienmodus durch die City, viele mit ihren Kindern. Hört man mal ein bisschen zu, worüber gesprochen wird, dann ist das Hauptthema zwar Corona. Doch allzu oft geht es höhnisch um die übertriebenen Maßnahmen oder es werden Halbwahrheiten verbreitet.

Große Lücken

Wie ambivalent die Haltung zum Virus ist, sieht man in den Drogerien und Supermärkten: Nach wie vor sind Desinfektionsmittel, Toilettenpapier und Mehl fast überall ausverkauft. Auch das Regal mit der Seife ist fast leer und zwischen den Konservendosen klaffen große Lücken. Dass sozialer Kontakt das weitaus größere Problem ist als eine mehr als unwahrscheinliche Versorgungsknappheit, scheint nach wie vor nicht überall angekommen zu sein.

Über die Hamsterkäufe kann Jürgen Weich nur den Kopf schütteln. Er verkauft Gemüse auf dem Hauptmarkt, sein Stand ist nahe der Frauenkirche. "Da kaufen die Leute massenweise Nudeln, Konserven und Klopapier und lassen dabei eine der wichtigsten Maßnahmen, um gesund zu bleiben, außer Acht: gesunde Ernährung!" Vor Weich liegen knackig frische Rettiche, Radieschen und Tomaten aus dem Knoblauchsland. Viel zu tun hat er dieser Tage nicht. Im Gegensatz zum Außenbereich der Cafés liegt der Hauptmarkt fast verlassen da, nur vereinzelt kaufen Menschen Obst und Gemüse.


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In Mögeldorf herrscht in den Nebenstraßen ebenfalls sonntägliche Ruhe, auch auf den Spielplätzen. "Bis auf weiteres gesperrt", verkündet ein Schild am Zaun einer Spielfläche an der Dientzenhoferstraße. Alle halten sich daran, auch weiter vorne in einem kleinen Park an der Farnstraße, wo sich Rutsche und Sandkasten nicht absperren lassen. Dass sie derzeit nicht benutzt werden dürfen, ist aber auch hier den Schildern zu entnehmen, die der Servicebetrieb Öffentlicher Raum aufgehängt hat.

Nicht überall sind die Menschen so vernünftig, auf einem Spielplatz an der Wöhrder Wiese turnen zwei Rentner in Sportkleidung um den Sandkasten herum, auch im Luitpoldhain sind Mütter mit ihren Kindern unterwegs. Michael Reichelt, der dort am Spielplatz einen Kiosk betreibt, hat trotzdem dichtgemacht, denn Laufkundschaft gibt es bei ihm nicht. "Eigentlich hätte meine Saison jetzt gerade begonnen", seufzt der 58-Jährige, der von den Einnahmen aus dem Sommer im Winter leben muss.


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Am Mögeldorfer Plärrer sind um die Mittagszeit die meisten Tische vor den Cafés und Imbissläden leer. Sonja und Hans Rohleder genießen vor einem Asia-Lokal ein Mittagessen in der Sonne. "Solange man das noch darf, muss man es ausnutzen", meint das Paar. Bis 15 Uhr stehen Tische und Stühle noch draußen, danach kann man das Essen nur noch abholen, betont die Wirtin. Ob das alle Betriebe einhalten werden? Die Polizei hat am Nachmittag mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei mit gezielten Kontrollen begonnen.

"Die Leute sagen alle ab"

Besonders viel zu tun hätte sie am Abend bekommen. Da sonnten sich Scharen von Menschen dicht an dicht am Strand des Wöhrder Sees, Bier in der Hand, spielende Kinder im Sand. Nina Stamm dagegen hat ihren Kosmetiksalon mit offizieller Erlaubnis noch geöffnet – und ist darüber nur bedingt glücklich. "Wir dürfen zwar arbeiten, aber es bringt uns nichts", sagt die 30-Jährige, die ihr Studio an der Schmausenbuckstraße erst Anfang Januar eröffnet hat.
"Die Leute sagen ja alle ab." Nur einige Stammkunden kommen noch. Stamm, die Permanent-Make-up anbietet, lässt sie nur einzeln ein und arbeitet mit Schutzmaske.

Auch in der Textilreinigung Natura geht es ruhig zu. Sie wolle auf Kurzarbeit umstellen, sagt Anna Zaimidi, die dort die Geschäfte führt. "Die Leute holen nur noch ihre Sachen ab und bringen keine neuen Kleidungsstücke." Rund einen Monat könne sie das überbrücken, länger aber nicht, meint die gebürtige Griechin, die trotzdem nicht klagen will.


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"Man muss zusammenhalten und Rücksicht nehmen", sagt sie. "Damit hilft man allen." Ein paar Meter weiter, an der Ostendstraße, sperren Georg und Marion Pfann gerade ihren Blumenladen zu. Bis 13 Uhr hatten sie gestern geöffnet und das soll auch in den nächsten Tagen so bleiben, hoffen sie. "Wir verkaufen ja überwiegend die Ware aus unserer eigenen Gärtnerei in Buch, und das ist erlaubt." Der Nachschub aus
Holland bleibe bei ihnen jetzt aus, unter anderem, weil ihr Großhändler schon geschlossen hat. Aber es gibt Primeln und Tulpen aus eigener Zucht, "wenn die Leute was für die Seele brauchen", so Marion Pfann.

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