"Unglaubliche Mängel": Krankenhausmitarbeiter protestieren
30.9.2020, 20:33 UhrZu Beginn ertönt das Lied vom "Applaus-Klaus", das kürzlich in der ZDF-Satireshow "Mann, Sieber!" zu hören war. Es dreht sich um einen Mann, der immer noch für die Pflegekräfte und das Krankenhauspersonal klatscht, obwohl dieser Brauch aus der Hochzeit der Corona-Krise schon wieder in Vergessenheit gerät.
Mehr Geld, ehrlicher Respekt
Die rund 100 Kundgebungsteilnehmer, die einem Aufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt sind, möchten gar nicht unbedingt, dass immer noch geklatscht wird. Sie wollen, dass dieser Respektsbezeugung Taten folgen. Vor dem bayerischen Gesundheitsministerium am Gewerbemuseumsplatz fordern sie mehr Geld und bessere Beschäftigungsbedingungen für die Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten. "Ich bin sauer", sagt Amila Besic, stellvertretende Vorsitzende der mittelfränkischen Verdi-Jugend, in Richtung Berlin, wo die Gesundheitsminister in einer Konferenz tagen. "Der Mangel an Pflegekräften ist unglaublich." Die Menschlichkeit, befürchtet Besic, "bleibt auf der Strecke."
Rund 15 Aktivisten legen sich dann auf den Boden, um das aus ihrer Sicht darniederliegende Gesundheitssystem darzustellen. Mit Schildern ihrer Forderungen erheben sie sich wieder. "Gute Pflege statt Profit", ist auf einem dieser Plakate zu lesen, auf einem anderen geht es um die Enteignung von Krankenhauskonzernen und die Vergesellschaftung des Gesundheitswesens. "Wir sind Privatisierungsweltmeister", sagt Andrea Josephine Weißenberger von der "Initiative Gesundheit statt Profit" über die deutsche Gesundheitspolitik. "Ein Drittel der Krankenhäuser in Deutschland ist privatisiert." 2018 hätten diese eine Milliarde Euro Gewinn erwirtschaftet. "Damit kann man 22.000 Pflegestellen finanzieren." Aber Notaufnahmen würden zu Nicht-Aufnahmen, weil diese Anbieter nur Gebrechen behandelten, die Erlöse zeitigen.
Mitarbeiter zweiter Klasse
Auch Karin Reinfelder ist empört über die Zustände im Gesundheitswesen. Die Betriebsratsvorsitzende der Klinikum-Nürnberg-Servicegesellschaft (KNSG) kritisiert, dass sie und ihre Kollegen Seite an Seite mit der Stammbelegschaft des Nürnberger Klinikums arbeiteten, aber "300 bis 900 Euro brutto weniger" bekämen. Betroffen seien Tätigkeiten im Reinigungs- oder Transportbereich. Reinfelder kämpft für das Prinzip "Ein Krankenhaus – eine Belegschaft". Oberbürgermeister Marcus König (CSU), so ihr Vorwurf, habe vor seiner Wahl versprochen, den Servicebetrieb wieder ins Klinikum zu überführen – jetzt kümmere er sich nicht mehr darum.
Trotz genug Kapazitäten: Am Klinikum drohen Einnahmeverluste
Freilich ist auch die aktuelle Tarifrunde im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen ein Thema der Kundgebung. "Streiks stehen vor der Tür", sagt Anja Schmailzl mit Blick auf die Kliniken in Nürnberg und Fürth. Und Verdi-Gewerkschaftssekretär Timo Klein entlässt die Demonstranten mit den Worten: "Wir sehen uns auf der Straße wieder."
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