Warum Nürnbergs Konzertsaal jetzt wohl eine Luftnummer bleibt

Andre Fischer

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29.11.2020, 06:01 Uhr
Warum Nürnbergs Konzertsaal jetzt wohl eine Luftnummer bleibt

© Simulation: Team Johannes Kappler Architektur

So wird behauptet, man habe nun Zeit für eine neue Standortsuche. Doch im Mai 2014 hat die Firma Actori eine dreiteilige Studie vorgelegt, ob eine Konzerthalle wirtschaftlich Sinn ergibt und wo sie in Nürnberg gebaut werden könnte. Die Überlegung war, die Konzerthalle entweder in die Innenstadt zu setzen oder damit Stadtteilentwicklung zu betreiben. Ein möglicher Standort wäre das Kohlenhofgelände gewesen.


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Es stellte sich aber bei der Analyse der Fakten heraus, dass ein Konzertsaal nur in Zusammenhang mit der Meistersingerhalle wirtschaftlich zu betreiben wäre, weil die Synergie-Effekte als Veranstaltungs- und Konzerthalle sehr hoch sind. Ein Subventionsgrab wollte sich die Stadt nicht leisten. Der Augustinerhof als möglicher Standort kam im Kommunalwahlkampf 2014 noch hinzu. Die Verkehrsbelastung etwa während des Christkindlesmarkts wäre aber nicht zu bewältigen gewesen. Die Wöhrder Wiese als Standort hätte sich angesichts der wenigen Grünflächen in Nürnberg von selbst verboten. Alle großen Flächen in der Innenstadt sind oder werden bebaut.

Der geplante Standort im Luitpoldhain liege am Stadtrand, so die Kritik: Wer einmal auf einen großen, analogen Stadtplan schaut, der sieht, dass der Luitpoldhain keine Stadtrandlage ist. Auch entstehen in direkter Nähe mit Lichtenreuth ein neuer Stadtteil und die Technische Universität Nürnberg. Randlage? Wohl eher nicht.

Es sind nur 61 Bäume betroffen

Der Parkplatz auf der Ostseite der Meistersingerhalle wäre der bessere Standort für die Konzerthalle, weil weniger Bäume gefällt werden müssten, hatten Kritiker ins Feld geführt. Doch es ist schlicht falsch, dass auf der Westseite der Meistersingerhalle 87 Bäume betroffen waren. Es sind nach aktuellem Planungsstand 61. Die Vitalität dieser Bäume ist eingeschränkt. Umfangreiche Ersatzpflanzungen sind vorgesehen und teilweise auch schon erfolgt. Es wurde mit der Begrünung von Dächern der Meistersingerhalle begonnen. Auch auf dem östlichen Parkplatz müssten Bäume gefällt werden. Es wären kaum weniger als 61, heißt es in einer Stellungnahme der Bauverwaltung. Unter dem Konzerthaus, das jetzt nicht mehr gebaut wird, befindet sich das "Paläotal 1", ein Urstromtal des Pegnitz-Rednitz-Flusssystems mit einem starken Grundwasserstrom.

Hier an der Meistersingerhalle hätte das neue Konzerthaus entstehen sollen.

Hier an der Meistersingerhalle hätte das neue Konzerthaus entstehen sollen. © Oliver Acker, NN

Das Baureferat hat Probebohrungen, Pumpversuche und Wasseranalysen durchführen lassen, mit dem Ergebnis, dass hier hervorragende Bedingungen für die Nutzung von Geothermie zur Deckung des Heiz- und Kühlbedarfes des Konzerthauses vorliegen. Zusammen mit neuen Photovoltaikanlagen wäre ein CO2-neutraler Betrieb möglich. "Einen ähnlich geeigneten Standort im Stadtgebiet zu finden, dürfte kaum möglich sein", stellt Alexander Leupold von der städtischen Dienststelle für Kulturgroßbauprojekte fest.

Und zur Verfallszeit von Planungen: Bauplanungen, die einmal gemacht, aber nicht umgesetzt werden, haben eine Verfallszeit. Das gilt auch für den Konzertsaal. Der Architektenwettbewerb, das Bauleitplanverfahren, die Gutachten und erste bauliche Maßnahmen haben rund zehn Millionen Euro gekostet.

Gesetze ändern sich

Aber: "Planungen, die wesentlich länger als vier bis sechs Jahre auf Eis liegen, sind nach allgemeiner Erfahrung weitgehend verloren. Sicher könnte man auf dem aktuellen Stand in zwei Jahren weitermachen. In fünf Jahren wird sich viel geändert haben", sagt der städtische Baureferent Daniel Ulrich. Es ändern sich Gesetze, die Haltung der Nutzer und der Willen der Stadtgesellschaft.

Bei einem neuen Anlauf für einen Konzertsaal dürften die Planungen weitgehend überholt sein und es müsste von vorne begonnen werden.

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