Problematik beschäftigt Stadt

Weniger Wohnraum durch Airbnb? Metropolen kämpfen - so ist die Situation in Nürnberg

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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6.9.2024, 04:55 Uhr
Plattformen wie Airbnb sorgen vielerorts für eine Verknappung des Wohnraums. In Nürnberg hat die Stadt schon vor Jahren auf das Problem reagiert.

© dpa/Collage Nordbayern Plattformen wie Airbnb sorgen vielerorts für eine Verknappung des Wohnraums. In Nürnberg hat die Stadt schon vor Jahren auf das Problem reagiert.

Lebensmittel, Energie, Mieten: Die Lebenshaltungskosten steigen immer weiter. Für viele Menschen ist deshalb Sparen angesagt - auch im Urlaub. Statt in Hotels oder Pensionen zu übernachten, buchen immer mehr Urlauber eine Ferienwohnung über Online-Plattformen wie Airbnb. Dort können Privatpersonen Zimmer oder ganze Wohnungen und Häuser als Unterkünfte für Reisende zur Verfügung stellen. In der Theorie eine klassische Win-win-Situation: Die Vermieter verdienen bares Geld, und die Urlauber sparen im Vergleich zu konventionellen touristischen Übernachtungsmöglichkeiten.

Doch vielerorts sorgt das Modell für Schwierigkeiten: Denn die Angebote auf Plattformen wie Airbnb locken nicht nur zusätzliche Touristen in ohnehin schon hochfrequentierte Ferienregionen. Besonders der lokale Wohnungsmarkt leidet daran, dass Kapazitäten durch die Vermietung an Touristen verloren gehen - Kurzzeitvermietungen zu entsprechenden Preisen sind finanziell lukrativer als die langfristige Vermietung an Einheimische.

Mancherorts wollen Politik und Anwohner deshalb - teils rigoros - gegen Airbnb & Co. vorgehen: Der Bürgermeister von Barcelona hat verkündet, bis Ende 2028 die Vermietung von Ferienwohnungen komplett abschaffen zu wollen. Und in Rom hat sich ein Dachverband aus Bürgervereinigungen gebildet, dessen Ziel es ist, Kurzzeitvermietungen zu regulieren - vor allem im Zentrum der Stadt will man Kurzzeitvermietungen einschränken, außerdem soll die Umwandlung von Kurz- in Langzeitvermietungen steuerlich begünstigt werden.

Seit 2019: In Nürnberg gilt ein Zweckentfremdungsverbot

Die Stadt Nürnberg hat schon vor Jahren versucht, der Problematik durch Kurzzeitvermietungen entgegenzuwirken: Bereits im Jahr 2019 hat die Kommune ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen erlassen - seitdem ist es beispielsweise nicht mehr erlaubt, mehr als die Hälfte der eigenen Wohnung für gewerbliche oder berufliche Zwecke zu nutzen oder sie für mehr als acht Wochen pro Jahr an Touristen zu vermieten.

Das Angebot von Zimmern und Appartements in Nürnberg bei Airbnb verharrt seitdem auf einem konstanten Niveau: 2100 Unterkünfte wurden nach Information der Congress- und Tourismuszentrale Nürnberg im Jahr 2018 angeboten, 2200 sind es im Jahr 2024 - gerade einmal 100 mehr.

Erlass erfolgreich? Positive Effekte spürbar

Laut Andrea Heilmaier, Wirtschafts- und Wissenschaftsreferentin der Stadt Nürnberg, ist der geringe Anstieg auf den Erlass des Zweckentfremdungsverbotes und die Arbeit des zuständigen Stabes Wohnen zurückzuführen: "Durch Beratung und den Vollzug der Satzung wird nicht nur die Zahl der Ferienwohnungen direkt reduziert, sondern auch ein Bewusstsein in der Bevölkerung für die Regelungen geschaffen."

Heilmaier unterstreicht den positiven Effekt des Erlasses. 354 Wohneineinheiten mit einer Gesamtfläche von fast 20.000 Quadratmetern (Stand: 1. Juli 2024) hätten seit der Einführung des Zweckentfremdungsverbotes wieder dem regulären Wohnungsmarkt zugeführt werden können. "Der Anteil der Fälle, bei denen eine Zweckentfremdung durch touristische Vermietung festgestellt wurde, liegt dabei besonders hoch", erklärt die Wirtschafts- und Wissenschaftsreferentin: Bei 219 der 354 zurückgeführten Wohnungen habe es sich um Ferienwohnungen gehandelt.

Auch Yvonne Coulin, Geschäftsführerin der Congress- und Tourismuszentrale Nürnberg, betont die positiven Auswirkungen des Zweckentfremdungsverbotes. Sie bezeichnet dessen Erlass als "wichtigen Schritt, den die meisten großen Städte in Deutschland so begangen haben." Die Congress- und Tourismuszentrale habe den Erlass deshalb unterstützt: "Es kann nicht sein, dass der Stadt durch Kurzzeitvermietungen Wohnraum entzogen wird. Das ist nicht im Sinne des Gedanken und das kann auch nicht einher mit Tourismus-Akzeptanz gehen", erklärt Coulin.

Airbnb bestreitet Verantwortung für Wohnraum-Situation in Spanien

Nun will also auch die Stadt Barcelona gegen Kurzzeitvermietungen via Airbnb & Co. vorgehen - mit einem wie zuvor beschrieben deutlich radikaleren Schritt als dem Zweckentfremdungsverbot. Airbnb sieht derartige Pläne kritisch, stattdessen verfolge man einen anderen Ansatz: "Wir möchten unsere Zusammenarbeit mit Regierungen und Behörden in ganz Europa fortsetzen und gemeinsam an Maßnahmen arbeiten, die vielen Familien helfen – und nicht schaden", erklärte eine Sprecherin des Unternehmens auf Nachfrage unserer Redaktion.

Am Beispiel Spaniens erläutert die Sprecherin die positiven Auswirkungen von Kurzzeitvermietungen über Airbnb: "Während unsere Plattform nur ein Prozent des Wohnraums in Spanien ausmacht – mit einer typischen Vermietungsdauer von nur wenigen Tagen im Monat – ist die Kurzzeitvermietung für Familien eine wirtschaftliche Lebensader, die ihnen hilft, ihr Einkommen zu steigern, ihre Miete zu bezahlen und über die Runden zu kommen - besonders in Zeiten, in denen die Lebenshaltungskosten steigen."

Das Problem des Übertourismus sei in Spanien zudem hauptsächlich auf jahrzehntelangen Massentourismus zurückzuführen, der von Hotels vorangetrieben worden sei - und auf einen Mangel an neu gebauten Wohnungen. "Airbnb macht nur einen kleinen Bruchteil der Besucher in Spanien aus und hilft dabei, Gäste über die Hotel-Hotspots hinaus zu verteilen, sodass auch Familien außerhalb der Zentren vom Tourismus profitieren."

Trotz erfolgreichem Erlass: Problematik beschäftigt Stadt Nürnberg weiterhin

Trotz alledem pocht Barcelona auf ein Komplettverbot von Ferienwohnungen. Und auch die Stadt Nürnberg geht seit der Einführung des Zweckentfremdungsverbotes weiter gegen das Problem der Kurzzeitvermietungen vor. Denn trotz des Erlasses bleibe die Vermietung von Wohnungen an Touristen, insbesondere über Plattformen wie Airbnb, ein wichtiges Thema für die Stadt, wie Andrea Heilmaier erklärt.

"Es wird vermutet, dass die Zahl der nicht genehmigten Ferienwohnungen nach wie vor hoch ist", verrät die Wirtschafts- und Wissenschaftsreferentin der Stadt Nürnberg. Die Stadt verfolge deshalb weiterhin das Ziel, die großflächige Zweckentfremdung von Wohnraum zu unterbinden - "diese Überwachung und Durchsetzung bleibt ein zentraler Aspekt der städtischen Bemühungen, um die Wohnraumsituation in Nürnberg zu verbessern."

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