Wie sich Überlebende der Shoa in Nürnberg an NS-Tätern rächten

13.4.2021, 05:45 Uhr
In der Konsum-Bäckerei am Schleifweg wurden die Brote mit Arsen bestrichen. Ein US-Leutnant (links) und ein deutscher Kriminalbeamter inspizieren die Bäckerei.  

© US National Archives and Records Administration In der Konsum-Bäckerei am Schleifweg wurden die Brote mit Arsen bestrichen. Ein US-Leutnant (links) und ein deutscher Kriminalbeamter inspizieren die Bäckerei.  

"Nakam" heißt Rache auf Hebräisch; es war der Name einer jüdischen Gruppe, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die Ermordung von sechs Millionen Juden rächen wollte. Es galt ein Fanal zu setzen: "Solche Verbrechen müssen in einer Weise bestraft werden, die den Leuten im Gedächtnis bleibt", begründete der ehemalige jüdisch-litauische Widerstandskämpfer Joseph Harmatz das Vorhaben. Geplant waren Massenvergiftungen bis hin zu Mordanschlägen auf verantwortliche, hohe Nazis.

Joseph Harmatz

Joseph Harmatz © Jim G. Tobias

Lange Zeit waren die Aktionen der jüdischen Rächer ein tabuisiertes Thema – auch in Israel. "Jahrzehnte haben wir diese Geschichte in unserem Herzen verborgen und sie niemandem erzählt", so Joseph Harmatz. Er und rund 50 weitere Shoa-Überlebende aus Osteuropa hatten sich im Frühjahr 1945 zur Gruppe Nakam zusammengeschlossen. Die Idee, eine solche Organisation zu gründen, stammte vom charismatischen Dichter Abba Kovner, der im Ghetto Wilna und später als Partisan gegen die deutschen Besatzer kämpfte. Der jüdische Schriftsteller forderte: Für jeden der Millionen getöteter Juden sollte ein Deutscher sterben. Um dieses Vorhaben am effektivsten umzusetzen, entwickelten die traumatisierten "Rächer" einen wahnwitzigen Plan: Das Trinkwasser sollte vergiftet werden.