Zelt in Nürnberg soll Flüchtlingseinrichtung Zirndorf entlasten
28.8.2014, 11:04 UhrDas schlimmste Szenario steht vielleicht noch bevor. In der Münchner Bayernkaserne sind die Masern ausgebrochen, deswegen dürfen dort momentan keine neuen Flüchtlinge aufgenommen werden. Stattdessen kommen sie nach Zirndorf – bekanntlich ein bereits heillos überfüllter Standort. Dort sollen die Asylbewerber sicher vor der Krankheit sein.
Aber was ist, wenn jemand die Masern schon mit nach Zirndorf gebracht hat? „Das würde einer Katastrophe gleichkommen“, sagt der Sprecher der Regierung von Mittelfranken, Michael Münchow. Genau davor hat die Behörde Angst. Menschen müssten in Quarantäne gebracht, das Umfeld geimpft werden. „Wenn es ganz kritisch wird, müssten wir auch die Zirndorfer Einrichtung vorübergehend schließen. Momentan wird es ein Tanz auf dem Vulkan.“
Eine Toilette für 20 Menschen
Schon jetzt bezeichnet Münchow die Situation in Zirndorf als „sehr prekär“. Weil die Flüchtlinge sowieso schon überall im Haus untergebracht sind - etwa in der Kapelle oder im Speisesaal - schlafen 260 von ihnen nun in Zelten. 200 sind in einem 400 Quadratmeter großen Festzelt untergebracht, jeder Asylbewerber hat also zwei Quadratmeter Platz für sich. Das reicht gerade einmal für ein Stock- oder ein Feldbett. Die verbleibenden 60 Flüchtlinge übernachten in fünf kleineren Zelten.
Trotz des Lebens auf engstem Raum gibt es laut Werner Staritz, dem Leiter der Zirndorfer Einrichtung, keinerlei Probleme zwischen den Bewohnern: „Auch zwischen Sunniten und Schiiten nicht“. Die momentane Unterbringung bezeichnet er trotzdem als „normalerweise nicht mehr tragbar“. Beispielsweise wird es immer knapper mit den sanitären Einrichtungen. Für die 60 in kleineren Zelten untergebrachten Asylbewerber gibt es drei Klohäuschen - somit teilen sich 20 Menschen eine Toilette.
Damit ist die Zirndorfer Einrichtung überbelegt. Das war zwar schon der Fall, als dort ein paar Hundert Asylbewerber weniger wohnten. Doch jetzt stellt Münchow klar: „Wir sind wirklich voll. Wir haben in Zirndorf absolut keinen Platz mehr.“ Normalerweise kommen rund 200 Flüchtlinge täglich in die Zentrale Aufnahmeeinrichtung, von denen rund 150 an andere Standorte weitervermittelt werden können. Dies ist laut dem Sprecher nicht mehr der Fall, die Regierung ist längst an die Grenzen ihrer Ausweichmöglichkeiten gestoßen. Aus diesem Grund wurde am Mittwoch in Zirndorf ein vorübergehender Aufnahestopp für Flüchtlinge verhängt.
Qualität spielt keine Rolle
Aufgrund dieser Zustände befindet sich die Behörde weiterhin händeringend auf der Suche nach alternativen Standorten. Normalerweise achte man sehr wohl auf Qualität, einigermaßen Platz und darauf, dass es genügend sanitäre Einrichtungen gibt. Aber „in dieser Lage können wir danach nicht fragen. Wir müssen nehmen, was wir bekommen“, sagt Regierungspräsident Thomas Bauer.
Fündig wurde man im Nürnberger Süden. Dort wurde vorübergehend ein Grundstück zur Verfügung gestellt. Im Laufe des Mittwochs wurde ein 240 Quadratmeter großes Zelt aufgestellt, in dem 100 Flüchtlinge übernachten werden. Die Asylbewerber folgen am Donnerstag nach.
Der Standort habe sich „sehr kurzfristig ergeben“, sagt Bauer. Auch er ist mit dieser Lösung nicht glücklich: „Wir wollen den Aufenthalt der Flüchtlinge dort so kurz wie möglich halten. Wenigstens für ein paar Wochen soll Zirndorf dadurch entlastet werden.“
Ein weiterer Standort für ein zweites Zelt wird derzeit geprüft, wie der Leiter des Nürnberger Sozialamtes, Dieter Maly, am Donnerstag sagte.
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