Zivilpolizisten beobachteten Neonazi-Fackelmarsch
27.2.2019, 19:52 UhrPolizisten in Zivil beobachteten die unangemeldete Versammlung von 18 Neonazis auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände. Sie sahen, dass die Rechtsextremen mit Fackeln in Richtung Steintribüne marschierten. Es kam "zum Einsatz von Beamten in Zivil... Von diesen konnten Personen mit brennenden Fackeln im Umfeld und auf der Steintribüne festgestellt werden", räumt die Pressestelle des Präsidiums auf Nachfrage ein.
Dass die Zivilkräfte die Neonazis gewähren ließen, erklärt Robert Sandmann von der Pressestelle des Präsidiums mit der Eigensicherung der Polizisten: "Ein unmittelbares Eingreifen der Zivilkräfte war ohne Unterstützung - unter Berücksichtigung der Eigensicherung - zu diesem Zeitpunkt taktisch nicht zielführend." Schließlich seien lediglich zwei Zivilbeamte vor Ort gewesen, heißt es.
Am vergangenen Samstag trafen sich 18 Neonazis, die sich "Wodans Erben" nennen und sich aus der NPD und deren Umfeld rekrutieren, zunächst vor der Asylunterkunft in der Beuthener Straße. Dort wurden sie von uniformierten Polizisten kontrolliert, ihre Personalien wurden festgestellt und Platzverweise wurden erteilt.
Nach Abzug der uniformierten Kräfte traten die Neonazis aber keineswegs den Heimweg an. Sie gingen mit Fackeln zur nahegelegenen Steintribüne auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände und hielten dort eine nicht angemeldete Versammlung ab. Sie stellten davon ein Video ins Netz, das mit der ersten Strophe des Deutschlandlieds unterlegt war.
Die Polizei musste sich hinterher fragen lassen, weshalb sie die Versammlung nicht verhindert hat. Die Polizei räumte Fehler ein und drückte ihr Bedauern aus. Durch die eingesetzten Kräfte sei der Fortgang des Geschehens "nicht ausreichend erkannt und in die vorzunehmende Lagebewertung einbezogen" worden, so Polizeisprecherin Elke Schönwald in einer ersten Erklärung.
Die Grünen fordern, dass diese Vorfälle umfassend geklärt werden. "Es muss genau aufgeklärt werden, warum die Polizei hier die Lage offensichtlich völlig verkannt und falsch reagiert hat", meint die Landtagsabgeordnete Verena Osgyan. "Dass 18 Neonazis im Nürnberger Südosten mit ihren Fackeln Mitte Februar wohl nicht zu einer Gartenparty unterwegs waren, müsste eigentlich augenfällig sein." Offensichtlich müsse die Ausbildung der bayerischen Polizeibeamten im Hinblick auf die Verfolgung rechtsextremer und rassistischer Straftaten verbessert werden, fordert sie.
Erschreckend sei, dass die Durchführung eines solchen Fackelmarsches überhaupt möglich sei. Beim Konzept für das ehemalige Reichsparteitagsgelände und die Zeppelintribüne dürfe daher nicht nur die bauliche Instandhaltung im Fokus stehen; es müsse auch ein Präventionskonzept her, das diesen Täterort für derlei Verhöhnung der Opfer des NS-Staates unbrauchbar macht, fährt Osgyan fort.
Die grüne Stadtratsfraktion hat einen entsprechenden Antrag dazu gestellt. "Dass es der Neonazi-Gruppe gelungen ist, ihren Fackelzug auf der Zeppelintribüne abzuhalten und den Gedenkort für ihre rechtsextreme Propaganda zu missbrauchen, ist extrem ärgerlich", so Vize-Fraktionschefin Britta Walthelm. "Wichtig ist jetzt, dass wir uns als Nürnbergerinnen und Nürnberger gemeinsam überlegen, wie wir solche Vorkommnisse in Zukunft verhindern können."