Zoff um Erhalt der Zeppelintribüne geht in eine neue Runde
5.4.2019, 18:03 UhrDas Stadtoberhaupt plädiert seit langem für einen Erhalt des einmaligen "authentischen Geschichtsortes". Das Interesse der jährlich bis zu 300.000 Besucher belege schon heute, wie wichtig es sei, "die Selbstinszenierung der Täter" zu vermitteln. Dies sei an keinem anderen Ort in Deutschland so gut möglich wie auf dem Reichsparteitagsgelände im Südosten Nürnbergs.
Stabstelle der Stadt kümmert sich um die Vorbereitungen
Maly räumt aber auch unumwunden ein, "dass wir unsere Vermittlungsarbeit vermitteln" müssen. Damit spielt er auch auf aufkeimende Kritik an der wohl sehr teuren Sanierung an. Mindestens 80 Millionen Euro soll der Erhalt der Zeppelintribüne und des Zeppelinfeldes kosten, noch sind die Arbeiten in der Planung und die Mittel nicht geflossen. Eine eigens eingerichtete Stabsstelle bei der Stadt kümmert sich um die Vorbereitungen für die Arbeiten, die ein Jahrzehnt dauern dürften.
Seit einem Fackelmarsch von 18 Rechtsextremisten, die am 23. Februar von der Flüchtlingsunterkunft in den Grundig-Türmen bis zur Zeppelintribüne gelaufen sind, wird über den Sinn der Sanierung vermehrt debattiert. Aufgrund einer Polizeipanne konnte die Gruppe, die sich als "Wodans Erben Germanien" bezeichnet, trotz einer Kontrolle ungehindert weitermarschieren. Offenbar zählte auch ein CSU-Mitglied zu den Teilnehmern.
Seit dem Fackelmarsch wird intensiv über die Zukunft des Geländes diskutiert. Eine Initiative um den Schriftsteller Reinhardt Knodt, der sich auf 150 Intellektuelle aus der Bundesrepublik beruft, fordert seit geraumer Zeit, über das Gelände Gras wachsen zu lassen, "Gärten der Welt" sollten entstehen. In einem Brief an Oberbürgermeister Maly kündigt Knodt an, ein Bürgerbegehren einzuleiten, falls dieser seine Haltung nicht überdenke.
Maly fordert "komplett neue Didaktik der Erinnerung"
Maly denkt nicht daran und warnt, dass ein Bürgerbegehren "Beifall von einer Seite auslösen könnte, den Herr Knodt nicht haben will". Grundsätzlich halte er den Ausgang eines Begehrens für offen. Seine Haltung ist klar: Gerade weil in Nürnberg die Nazi-Inszenierung gut nachzuvollziehen sei, müsse das Gelände begehbar bleiben. Zumal es auch aktuell Despoten gebe, die sich an den Methoden des Nazi-Propagandaministers Joseph Goebbels orientierten. Maly nannte den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un als ein Beispiel.
Gerade wegen der aktuellen Bezüge fordert Maly "eine komplett neue Didaktik der Erinnerung". Nürnberg eigne sich dafür hervorragend, weil sowohl im Memorium Nürnberger Prozesse als auch im Dokuzentrum in Kürze eine Überarbeitung der in die Jahre gekommenen Austellungskonzepte anstehen. Dort könne künftig — ebenso wie auch auf dem Reichsparteitagsgelände — nach neuesten Erkenntnissen Geschichte vermittelt werden.
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