Peta fordert Haltungs-Stopp
Zu heiß für Eisbären? So reagiert der Tiergarten Nürnberg auf die hochsommerlichen Temperaturen
14.8.2024, 17:31 UhrDer Hochsommer ist in Franken angekommen. Bei Temperaturen von bis zu 35 Grad versuchen nicht nur die Menschen, ein kühles, schattiges Plätzchen zu finden. Auch einigen Tieren im Tiergarten Nürnberg macht die Hitze augenscheinlich zu schaffen.
Ein Video, das der Tierrechtsorganisation Peta zugespielt wurde, zeigt, dass die hohen Temperaturen auch die Eisbären im Tiergarten zu belasten scheinen. Zu sehen ist ein Eisbär, der im Schatten liegt und stark hechelt. Sein Bauch hebt und senkt sich in kurzen Abständen, das Maul hat er leicht geöffnet.
Die Tierrechtsorganisation nimmt dieses Video zum Anlass, um den Tiergarten dazu aufzufordern, die Haltung der Polarbären einzustellen. Die sengende Hitze, die gerade mit über 35 Grad Celsius erreicht werde, könne für die Eisbären in deutschen Zoos "unmittelbar lebensbedrohlich" werden. So sei im Jahr 2012 ein Eisbär im Zoo von Buenos Aires bei 35 Grad Lufttemperatur an Hitzestress gestorben, schreibt Peta.
Tiergarten Nürnberg: 30 Grad Celsius liegt im Toleranzbereich von Eisbären
Der Tiergarten Nürnberg teilt auf Anfrage mit, dass es auch im natürlichen Verbreitungsgebiet der Eisbären im Sommer sehr heiß werden könne. So liege etwa die Höchsttemperatur auf Grönland und in der Hudson Bay, in der die Tiere unter anderem beheimatet sind, bei etwa 30 Grad Celsius. Diese 30 Grad Celsius lägen beim Eisbären in seinem physiologischen Toleranzbereich, welcher beschreibt, innerhalb welches Rahmens ein Lebewesen bezüglich eines bestimmten Umweltfaktors lebensfähig ist.
An manchen Tagen in Deutschland, an denen die Temperatur die 30-Grad-Marke knackt, bekommen die Eisbären im Nürnberger Tiergarten in Wasser gefrorenes Gemüse zur Abkühlung. Ansonsten sei es den Tieren freigestellt, ob sie sich im kühlen Wasser, im Schatten oder in den Stallungen aufhalten wollen.
Peta wirft den Zoos Sabotage des Artenschutzes durch die Kühlung der Gehege von Eisbären vor. So würden die Tierparks viel Energie benötigen, um die Stallungen "auf Hochtouren" zu kühlen, was angesichts der Energiekrise unverantwortlich sei. Auf diese Weise würden Zoos kostbare Ressourcen "verschleudern, um Eisbären in einer für sie artwidrigen Klimazone einsperren zu können".
Der Tiergarten Nürnberg dementiert das. Die Stallungen der Eisbären seien durch ihre Bauweise von Natur aus kühl; eine Klimatisierung, wie sie Peta in Eisbärgehegen in Zoos vermutet, lehnt der Tiergarten aufgrund des Energiebedarfs ebenfalls ab. Um eine solche effizient betreiben zu können, müssten die Tiere in den Boxen eingesperrt werden - was nicht den Praktiken des Zoos entspräche, die Tiere selbst wählen zu lassen, wo diese sich aufhalten möchten.
Peta fordert Haltungsstopp - auch aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten bei Eisbären in Zoos
Peta kritisiert weiter, dass Eisbären in Zoos aufgrund mangelhafter Haltungsbedingungen oft schwere Verhaltensstörungen an den Tag legen. In freier Wildbahn würden die Tiere mehrere tausend Kilometer zurücklegen, in Zoos dagegen könnten sich die Tiere nicht artgemäß bewegen. Die Folge seien auffällige Verhaltensstereotypien, wie sich immer wiederholende Bewegungsabläufe. Auch darum, so schreibt Peta in einer Pressemeldung, habe die Organisation eine Petition gestartet, in der sie das Bundeslandwirtschaftsministerium dazu aufruft, "die Haltung in Gefangenschaft mit einem Nachzucht- und Importverbot" auslaufen zu lassen.
Im Tiergarten Nürnberg sei man sich darüber im Klaren, dass Eisbären häufiger Verhaltensauffälligkeiten entwickeln, als andere Tierarten. "Wir versuchen, mit modernen Anlagen und Konzepten in der Tierhaltung den hohen Ansprüchen der Tiere gerecht zu werden", schreibt Böhm. So seien auch spezielle Trainings- und Beschäftigungsprogramme für die Tiere entwickelt worden, die die Tierpfleger regelmäßig mit den Eisbären durchführten.
Außerdem könne der Tiergarten bei vielen Tierarten anhand medizinischer Checks überprüfen, wie es ihnen gehe. Ob diese Checks auch bei den Eisbären durchgeführt werden, geht aus der Antwort des Tiergartens allerdings nicht hervor.
Für die verbleibenden, in deutschen Zoos gehaltenen Eisbären fordert Peta die sofortige Einstellung der Haltung, sowie einen Nachzuchtenstopp. Die Eisbären sollten in skandinavische Tierparks verlegt werden, in denen es nicht so heiß werde, wie in Deutschland. "Wir appellieren mit Nachdruck an die Zoo-Verantwortlichen und die Politik, die Ausbeutung von Eisbären zu Profitzwecken endlich zu beenden", heißt es in der Pressemeldung weiter.
Seit Mai 2023 leben im Nürnberger Tiergarten drei junge Eisbärenweibchen. Die Entscheidung, ob mit diesen Tieren gezüchtet wird, liege bei der Koordinatorin des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms für Eisbären, schreibt Böhm. Die Tiere, so teilt der Tiergarten auf seiner Website mit, würden im Rahmen des Erhaltungszuchtprogramms EEP unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten gehalten und gezüchtet. Auf diese Weise soll eine gesunde Population außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der Eisbären aufrechterhalten werden. Derzeit leben in 43 europäischen Zoos insgesamt 121 Eisbären.