Zustände in Schloßstraße: Jetzt sprechen die Bewohner

Johannes Handl

Lokalredaktion

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7.9.2020, 17:38 Uhr
Zustände in Schloßstraße: Jetzt sprechen die Bewohner

Zwei Betten, ein Schrank, ein Kühlschrank: Hawi Eliwon (Name geändert) aus Äthiopien lebt mit seinem Zimmergenossen auf gerade mal 20 Quadratmetern. Dafür müssen die beiden jeden Monat je 350 Euro Miete zahlen. Erschwerend kommt hinzu: Eliwon und sein Mitbewohner arbeiten bei einem großen Logistikkonzern im Schichtbetrieb. Möchte einer schlafen, steht der andere gerade auf und umgekehrt. Nicht nur Eliwon wünscht sich daher dringend einen Rückzugsort für sich allein. "Ich habe schon tausendmal gefragt, ob ich ein anderes Zimmer bekommen kann", sagt er. Geändert habe sich an seiner Situation bislang aber nichts.

Räumliche Enge ist in den Augen der 100 Bewohner, von denen 15 in die Unterkunft im Schleifweg umgezogen sind, eines der Hauptprobleme. Man könne sich überhaupt nicht aus dem Weg gehen. Dass mehrere Menschen im Treppenhaus aufeinandertreffen, sei unvermeidlich, wie ein Teil der Bewohner in einem offenen Brief kritisiert hat.

Vierköpfige Familien leben in Zimmern zwischen 24 und 30 Quadratmetern. So auch Takalgin Waljara Mamo mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern, von denen eine positiv auf Covid-19 getestet wurde. Wie die übrigen Bewohner hat auch der Äthiopier Angst, dass die zweite Quarantäne innerhalb weniger Wochen längst nicht die letzte sein könnte. Doch nicht nur Corona, auch weitere ansteckende Krankheiten könnten sich, so die Befürchtung, leicht verbreiten. Zumal sich offenbar nicht alle an die gebotenen Mindestabstandsregeln halten und manche, wie es im offenen Brief nachzulesen ist, trotz der Quarantäne durch den Hinterausgang verschwinden würden.

Sauberkeit bleibt Dauerthema

Die Sauberkeit lasse weiterhin zu wünschen übrig. Problematisch sei dies vor allem im Innenhof, erklärt Hawi Eliwon. Nur wenige Meter vom Spielplatz entfernt, befinden sich Mülltonnen. Diese würden zu selten geleert und seien häufig überfüllt, so dass rasch weiterer stinkender Müll daneben abgelegt werde. Auch Waljara Mamo kritisiert die Bewohner, die ihren Müll einfach auf den Boden werfen. Eine Folge: Viele Kinder, die dort spielen, hätten Allergien oder würden krank.

Sozialreferentin Elisabeth Ries bestätigt die Probleme, betont aber, dass es sich um keinen Wohn-, sondern einen Technikraum handele. Bewohner hätten hier offensichtlich Habseligkeiten gelagert, obwohl der Raum dafür nicht vorgesehen sei. Ries bestätigt, dass der Handwerksbetrieb vor Ort gewesen sei. Der Schaden werde hoffentlich bald behoben.

Eliwon räumt ein, dass ein Teil der Bewohner sehr auf Sauberkeit bedacht ist, manche dagegen weniger – mit Folgen. Immer wieder mache sich in privaten Zimmern Ungeziefer breit, egal wie intensiv man putze. "Meine Frau und ich machen hier ständig sauber", sagt etwa Haile Semere (Name geändert). "Wir haben Insektenschutzmittel gekauft, aber das hilft nichts." Schnell hätten sie es in ihrem Zimmer aber wieder mit zahlreichen Insekten zu tun. Viele Bewohner fühlen sich im Stich gelassen, zum Teil aber auch respektlos behandelt vom Hausmeister und von Sicherheitskräften, wenn sie mit ihren Anliegen Gehör zu finden versuchen.

Generell, erklärt Sozialreferentin Elisabeth Ries, stehe den Bewohnerinnen und Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft der Sozialdienst des Bayerischen Roten Kreuzes für sämtliche Lebensfragen als Ansprechpartner zur Verfügung. Zurzeit würden die Mitarbeiter und Bewohner vor allem telefonisch Kontakt halten, nachdem die Sozialdienste ab Ende März coronabedingt einige Zeit überhaupt nicht in die Unterkünfte durften.

Genaue Dokumentation

Die Schädlingsbekämpfung innerhalb der Unterkunft wird laut Ries genau dokumentiert. Der Kammerjäger sei in der Vergangenheit regelmäßig vor Ort gewesen. Sie verweist auf Protokolle, aus denen hervorgeht, dass es in den Gemeinschaftsräumen im Jahr 2020 keinen Befall von Schaben gegeben habe. In den Zimmern der Bewohner sieht das offenbar anders aus, wie Fotos belegen. Hier sei es wichtig, dass sich die Bewohner selbst melden, um der Sache nachgehen zu können.

"Die Mülltonnen werden regelmäßig geleert", stellt Ries klar. Ob möglicherweise zu wenige Behälter im Innenhof aufgestellt sind, will sie prüfen lassen, um gegebenenfalls nachzusteuern.

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