Paukenschlag: Mollath-Verteidiger legen Mandat nieder
23.7.2014, 16:05 UhrDie beiden Wahlverteidiger von Gustl Mollath haben am Mittwoch völlig überraschend ihr Mandat niedergelegt - und wurden vom Landgericht Regensburg darauf umgehend zu Pflichtverteidigern bestellt. Anwalt Gerhard Strate sagte, Mollath habe das Vertrauen in ihn und seinen Kollegen Johannes Rauwald aus Hamburg wohl verloren. Ihr Mandant habe bis zu 30 Beweisanträge stellen wollen, die sie aber nicht einbrachten. «Herr Mollath kann offensichtlich nicht mehr Freund und Feind unterscheiden», sagte Strate und lobte das Gericht für die sorgfältige Verhandlung.
Mollath zeigte sich erstaunt von dem Schritt seiner Verteidiger: «Ich bin auch total überrascht und am Boden zerstört», sagte der 57-jährige Nürnberger. «Ich kann den Grund nicht verstehen. Ich habe Vertrauen in meine Anwälte.» Er habe sich am Vormittag wohl unglücklich ausgedrückt, als er erneut gefordert hatte, Zeugen im Zusammenhang mit angeblichen Schwarzgeldgeschäften der Bank seiner Ex-Frau zu hören.
Die Staatsanwaltschaft beantragte, Strate und Rauwald als Pflichtverteidiger zu benennen. Nur bei unüberwindbaren Interessenskonflikten und einem zerstörten Vertrauensverhältnis könnten Verteidiger komplett aus einem Prozess entlassen werden. «Dies ist hier aber nicht der Fall», betonte Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl. Konflikte zwischen Mandanten und Verteidigung über die Positionierung seien normal.
Das Landgericht Regensburg verfügte darauf, Strate und Rauwald als Pflichtverteidiger Mollaths zu bestellen. Es bestehe ein Fall der notwendigen Verteidigung, betonte die Vorsitzende Richterin Elke Escher. Strate und Rauwald erklärten sich einverstanden: «Wir werden die Verteidigung fortführen, ohne Abstriche an dem, was wir für richtig halten», sagte Strate. Nach halbstündiger Unterbrechung wurde der Prozess fortgesetzt.
Mollath muss sich wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung verantworten. Er soll 2001 seine Frau misshandelt und eingesperrt haben. Zudem soll er Dutzende Autoreifen zerstochen haben, um sich an Menschen zu rächen, die an der Scheidung von seiner Frau beteiligt waren oder sich irgendwie gegen ihn gewandt hatten.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte Mollath 2006 wegen Schuldunfähigkeit zwar freigesprochen, aber in die Psychiatrie eingewiesen. Erst im vergangenen Jahr kam er frei. Der Fall hatte eine Debatte über die Unterbringung in psychiatrischen Kliniken ausgelöst. Am 7. Juli begann in Regensburg das Wiederaufnahmeverfahren.
Dabei hatte der elfte Prozesstag für Mollath positiv begonnen. Die vorgeworfenen Reifenstechereien sind laut Gutachten heute nicht mehr nachweisbar. «Objektiv kann ich nicht sagen, dass sie zerstochen worden sind. Es kann sein, es gibt aber Alternativursachen», sagte der technische Sachverständige Hubert Rauscher am Mittwoch. Hauptgrund sei, dass die Reifen nicht mehr vorhanden seien. Es gebe auch keine Dokumentation über die Bauart der Reifen und der Beschädigungen. Auch die Frage, ob ein fachkundiger Einzeltäter die Reifen Anfang 2005 durchstochen hatte, konnte der Gutachter nicht beantworten.
Der Artikel wurde am 23. Juli um 16.05 Uhr aktualisiert.
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