Truppenübungsplatz: Wölfe auch in Grafenwöhr gesichtet
15.12.2016, 06:04 UhrSieben, acht Jahre lang, meint Ulrich Maushake, Forstdirektor im Bundesforstamt Grafenwöhr, wurde auf dem Truppenübungsplatz kein Wolf gesehen. Doch seit September häufen sich die Sichtungen. Am 5. September nahm eine Wildtierkamera einen Wolf auf dem Gelände auf. Auch in Forchheim wurde zuletzt ein Wolf gesichtet.
Seitdem gab es sechs weitere Sichtungen. "Es müssen mindestens zwei verschiedene Wölfe sein", sagt Maushake. Denn einmal wurden zwei Tiere gleichzeitig gesehen. Er geht fest davon aus, dass sich immer mehr Wölfe auf dem Truppenübungsplatz ansiedeln.
Natur zieht Wölfe an
Dass sich die Rudeltiere dort wohl fühlen, hat mehrere Gründe. Zum einen liegt das laut Maushake daran, dass der Lebensraum sehr naturbelassen ist. "Bis auf die militärische Nutzung, aber die ist für die Tiere nachvollziehbar." Nachvollziehbar sei für die Tiere alles, was für sie klar erkennbar ist. Wenn ein Panzer auf die Schießbahn rolle, dann wüssten sie, dass die Soldaten nicht auf sie, sondern auf Ziele schießen.
In einem normalen Wald dagegen sei den Tieren nicht klar, ob sie nun einem Forstarbeiter begegnen, der mit der Motorsäge einen Baum fällt, oder ob ein Spaziergänger auf dem Weg bleibt. "Die Kalkulierbarkeit der Gefahr durch den Menschen auf einem Übungsplatz ist für die Tiere eindeutig", so Maushake.
Viel Futter vorhanden
Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr ist der größte europäische Nato-Übungsplatz. Er ist sehr wenig erschlossen — laut Maushake ein weiterer Grund, warum sich der Wolf dort so wohl fühlt. Und das Raubtier finde dort genug zu Fressen, denn es gebe sehr viel Wild.
Im Landkreis Amberg-Sulzbach gibt es keine gesicherten Nachweisungen, meint Christine Hollederer, Pressesprecherin am Landratsamt. "Allerdings ist davon auszugehen, dass der gesichtete Wolf in das Umfeld außerhalb des Truppenübungsplatzes ausstreift."
Sie ist davon überzeugt, dass die Raubtiere über kurz oder lang den Kreis Amberg-Sulzbach als Lebensraum erobern. Denn der Landkreis gelte als „Wolfserwartungsland“ wegen seiner "naturräumlichen Ausstattung".
"Erfolg für Naturschutz"
Für den Fachmann Ulrich Maushake ist die Wiederansiedlung ein großer Erfolg. "Alle Tiere, die ausgestorben waren und wiederkommen sind ein Erfolg für den Naturschutz." Dennoch seien mit der Rückkehr auch Herausforderungen verbunden, "das ist keine Frage".
Denn dass der Wolf wieder da ist, beeinflusse zum Beispiel die Jagd. "Für uns ist es kein Problem, wenn der Wolf die Tiere frisst. Dann gibt es etwas weniger zu schießen." Doch das Verhalten des Wildes werde sich ändern, zumindest in den ersten paar Jahren.
Wichtige Aufgabe des Bundesforstamtes sei es, die Schäden des Wildes mit den Anforderungen des Waldbaus und des Naturschutzes in Harmonie zu bringen. "Der Wolf wird einen Einfluss haben", betont Maushake. Dieses Gleichgewicht gelte es, neu auszutarieren. Beim Bundesforstamt begrüßt man die Rückkehr des Wolfes vielmehr, als dass man sie fürchtet. Allerdings: Wie scheu die Tiere sind, werde sich zeigen. "Wenn man sie über Generationen nicht bejagt, dann verlieren sie zunehmend ihre Scheu", so Maushake.
Zuwanderung ein "natürlicher dynamischer Prozess"
Christine Hollederer äußert sich diplomatisch zur Rückkehr der Raubtiere: "Wölfe sind schon immer Bestandteil der europäischen Fauna. Eine Zuwanderung ist ein natürlicher dynamischer Prozess, der aktiv nicht zu beeinflussen ist. Im Übrigen ist der Wolf eine streng geschützte Art." Doch prinzipiell sei der Wolf vorsichtig und weiche dem Menschen aus. "Seit es wieder Wölfe in Deutschland gibt, hat es keinen Angriff auf Menschen durch Wölfe gegeben."
Weil die Tiere viel anpassungsfähiger seien als noch vor ein paar Jahren vermutet, könne er auch außerhalb des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr heimisch werden, so Maushake. Auch wenn die Übungsplätze die ersten Orte seien, wo die Tiere die Bedingungen vorfinden, um sich zu etablieren. Maushake verweist auf die Lausitz, wo sich Wölfe angesiedelt haben. Gab es vor 15 Jahren in Deutschland zwei Wolfsrudel, sind es mittlerweile 46.
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