Landkreis Roth
Technik allein reicht nicht: Corona-Spuren in den Rother Landkreis-Schulen
6.12.2021, 10:45 UhrCorona, die Pandemie und die Folgen – niemand wunderte es in dem Gremium, dass sich alle Ausführungen auf diesen Punkt konzentrierten. Doch hielten sich die insgesamt zehn Schulchefs und -chefinnen nicht lang mit Jammern auf, sondern versuchten, den Blick auf das zu richten, was gut läuft und worauf sie mit den jeweiligen Lehrerkollegien im positiven Sinn hinarbeiten wollen.
Wichtige Schulsozialarbeit
So gab es durch die Bank viel Lob für die Bemühungen des Landkreises als gemeinsamen Schulträgers, die Schulsozialarbeit spürbar an allen seinen Schulen auszubauen. Unisono gaben die Schulleiter hier zu Protokoll, dass gerade dieses Beratungsangebot in der jetzigen problembeladenen Zeit „unheimlich wertvoll“ sei.
Zum anderen würdigten sie die „gute digitale Ausstattung“ – umso wichtiger in Zeiten, in denen der Online-Unterricht Teil des Alltags von Lehrern und Schülern geworden ist. Beate Buchholz, Leiterin der Rother „Schule am Stadtpark“ (vielen besser bekannt als Förderzentrum) brachte es auf den Punkt: „Die Zusammenarbeit mit dem Landkreis läuft super. Und für das, was von oben kommt, können Sie ja nichts dafür...“
Vertrauensvolle Zusammenarbeit
Ein Kompliment, das stellvertretender Landrat Walter Schnell gern zurückgab. Er bedankte sich für die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit allen kreiseigenen Schulen – insbesondere „weil derzeit jeden Tag von den verschiedenen Lehrerverbänden andere Meldungen kommen, was sie in Zeiten der Pandemie wollen. Das macht es der Politik nicht einfacher, zu entscheiden.“
Was die Leiter der Kreisschulen – von Landwirtschafts-, über Berufs- und Wirtschaftsschule bis hin zu Förderzentrum und weiterführenden Schulen – wollen, wurde schnell und unmissverständlich klar. Nämlich keinen Distanzunterricht. „Wir alle wollen unsere Kinder und Jugendlichen im Präsenzunterricht.“ Wendelsteins Gymnasial-Direktor Dr. Johannes Novotný sprach damit im Namen aller anderen neun Kollegen und Kolleginnen, die im Ausschuss in Kürze auf die Situation an ihrer Schulen eingingen. Hier die wesentlichen Aussagen im Überblick:
Gymnasium Wendelstein (Schulleiter Dr. Johannes Novotný): Immer spürbarer werde die Diskrepanz zwischen dem, was die Schüler eigentlich laut Jahrgangsstufe leisten müssten. Und dem, was sie könnten. Sowohl, was das schulische Wissen als auch die soziale Kompetenz angehe. Hinzu komme, dass die Schule personell „über der Grenze des Möglichen“ agieren müsse. Gründe seien unter anderem Langzeit-Erkrankte im Kollegium und im Sekretariat. Angesichts der Tatsache, dass viele liebgewonnene Angebote, wie Skikurs oder Weihnachtskulturabend, abgesagt werden mussten, „fällt es schwer, optimistisch nach vorne zu blicken.“
Gymnasium Roth (Robert Rieß): Prägend sei im Schulbild die Generalsanierung. Probleme, beispielsweise durch Lärmbelästigung, hätten gut gelöst werden können. Die Ersatzklassenzimmer, oft nur „Container“ genannt, verdienten bei weitem diesen Namen nicht. „Das sind voll funktionsfähige Klassenzimmer, in die unsere Schüler gerne gehen.“ Ebenso gelöst seien Schwierigkeiten in punkto Mensa-Essen. Allerdings werde demnächst in Absprache mit dem Elternbeirat der Menüpreis von derzeit 3,90 Euro auf 4,20 Euro angehoben. Gerne nehme die Schule das Angebot wahr, die Schulsozialarbeit auszubauen – eine entsprechende Stelle ist derzeit ausgeschrieben.
Realschule Roth (Susanne Steiner): Während die Schüler mittlerweile das Testen gewohnt seien, „sind wir Lehrer davon genervt, mit wie viel Bürokratie das Ganze verbunden ist“. Dank verschiedener staatlicher Programme sei es zumindest gelungen, vergleichsweise viele Förder- und Ergänzungsstunden anzubieten und damit Bildungslücken aufzuholen sowie soziale Kompetenz zu schulen. Neu und mit Begeisterung aufgenommen: ein eigener Schulhund, der in Wirtschafts- und Mathestunden dabei ist. „Sie glauben nicht, wie begehrt plötzlich diese Stunden sind.“
Schule am Stadtpark Roth mit den Außenstellen Leerstetten und Weinsfeld (Beate Buchholz): Die Schule werde unter allen Umständen versuchen, den Präsenzunterricht aufrecht zu erhalten. Wenn es sein müsse, auch mit „Notgruppen“, wie es sie bereits vor Monaten gegeben habe. Denn die Kinder und Jugendlichen müssten es wieder lernen, „gemeinsam zu lernen und miteinander auszukommen“. Fürs nächste Schuljahr sei geplant, erstmals neue Stütz- und Förderklassen für „besonders verhaltensauffällige Kinder einzurichten, die sonst nirgends mehr aufgenommen werden.“
Berufsschulzentrum Roth (seit September Undine Landvogt): Die Schülerzahlen seien steigend, die Schulausstattung sei „wow“. Der neue Ausbildungszweig „Informatiker im dualen System“ tue gleichermaßen der Schule wie auch den Unternehmen der Region „sehr gut“. Wenn es die Pandemie wieder erlaube, mehr als die vergangenen 20 Monate zur Normalität überzugehen, „wollen wir uns Konzepte überlegen, wie wir Berufsausbildungen speziell für Gymnasiasten attraktiver machen können.“
Landwirtschaftsschule Roth (Ingrid Bär): Trotz anfänglicher Bedenken habe wieder ein Studiengang „Hauswirtschaft“ eingerichtet werden können – mit Studierenden (darunter zwei Männer) im Alter zwischen 22 und 65 Jahren. Neu sei die Kooperation unter anderem mit dem Pflegestützpunkt. Damit könne ein Wahlfach „Unterstützung im Alltag“ angeboten werden für „Hauswirtschafter/-innen, die vielleicht einmal in die Pflege gehen wollen.“ Moralische Unterstützung sei für die angehenden Landwirte und Landwirtinnen wichtig, die sich „in der allgemeinen gesellschaftlichen Diskussion oft nicht verstanden fühlen.“
Gymnasium Hilpoltstein (Anja Hilpert): Die Oberstufe komme schulisch „relativ gut“ durch die Pandemie. In der Mittelstufe „teilt sich das stark auf zwischen schwachen und leistungsstarken Klassen“. Wirklich Sorge bereiteten die Jüngsten, die gerade von der Grundschule aufs Gymnasium gewechselt sind und hier mit „großer Orientierungslosigkeit“ zu kämpfen hätten. Prinzipiell müsse man wohl auf die Schüler vertrauen und „so viel Normalität und Struktur im Alltag geben, wie es nur irgendwie möglich ist.“
Realschule Hilpoltstein (Stefan Bindner): Die Corona-Test Auswertungen hier hätten gezeigt, dass „97 Prozent unserer Schülerinnen und Schüler, wenn sie positiv getestet wurden, das Virus außerhalb der Schule übertragen bekommen haben. Oft auch über den Arbeitsplatz der Eltern.“ Die Digitalisierung, die in Pandemie-Zeiten unheimlich an Fahrt gewonnen habe, sei eine „Herausforderung für alle“. Auch für die Lehrer, wenn diese „Konzepte, die über Jahrzehnte Gültigkeit hatten, nun über Bord geworfen werden müssten.“ Aber schließlich gehe es auch darum, „Kinder für die Zukunft auszubilden“. Deutlich schwieriger, aber dennoch wichtig sei es derzeit allerdings, gerade mit Eltern „persönlich im Gespräch zu bleiben“.
Wirtschaftsschule Greding (Wendelin Ferstl): Die Schule sei bisher „relativ gut“ mit nur vier registrierten Fällen unter aktuell 71 Schülern durch die Pandemie gekommen. Bewährt habe sich die fachliche Kooperation mit Lehrern aus Mittel- und Berufsschule. Um in Zukunft noch mehr möglich zu machen, soll in Abstimmung mit dem Elternbeirat demnächst ein Förderverein gegründet werden. „Wir sind eine kleine Schule, aber wir wachsen ständig.“
Als Schlusswort dankte stellvertretender Landrat Walter Schnell allen Schul-Kollegien und den Schulleitern. Trotz aller pandemiebedingter Aufregungen, Irritationen und Unsicherheiten „erlebe ich Sie als feste Anker in stürmischer See“.
Offenes Ohr für Sorgen und Nöte
Für den Landkreis ist der Bildungsbereich schon seit Jahren ein Investitionsschwerpunkt. Das soll sich auch 2022 nicht ändern. Sowohl in bauliche als auch in inhaltliche Veränderungen fließen voraussichtlich rund 26,5 Millionen Euro. Das sieht es der Haushaltsplanentwurf vor, den Kreiskämmerer Jürgen Lafère in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses für Schul- und Bildungswesens vorstellte.
Nicht zuletzt aufgrund der Pandemie, die nachweislich immer mehr und immer öfter Kinder, Jugendliche und ihre Familien in psychische Ausnahmesituationen bringt, soll die Schulsozialarbeit in den kreiseigenen Schulen ausgebaut werden. Mit zusätzlichen Stellen, wie unter anderem in den Gymnasien. Oder auch mit zusätzlichen Stunden. Laut Lafère werden damit alle Landkreisschulen ab kommenden Jahr Schulsozialarbeit anbieten können.
Dort, wo bereits „Neulinge“ am Start sind, „werden sie mit offenen Armen aufgenommen“, berichtete Dorothee Schmidt, die Leiterin des Jugendamts. „Die Kinder und Jugendlichen scheuen sich in der Schule nicht, zu unseren Mitarbeiterinnen zu kommen. Vielleicht, weil sie gar nicht als Vertreterinnen des Jugendamts wahrgenommen werden.“
Und: „Von den Schuleitern und -leiterinnen haben wir durchwegs die Rückmeldung, wie wichtig dieses Angebot ist“ – eine Aussage, die auch im Ausschuss mehrfach wiederholt wurde.
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