Grundlage für die Energiewende in Zahlen gegossen
3.3.2012, 09:00 UhrZu verdanken ist das dem ersten Teil des Energieentwicklungskonzeptes für den Landkreis Roth. Das Institut für Energietechnik (IfE) an der Hochschule Amberg-Weiden (HAW) hat dazu eine geradezu unfassbar große Datenmenge zusammengetragen. Es hat im Landkreis Roth mit seinen 16 Gemeinden 35300 (Wohn-)Gebäude, sämtliche Firmen und alle Verkehrsströme unter die Lupe genommen.
Wer die Zahlen studiert, muss kein großer Prophet sein, um auf die Eingangsfrage zumindest eine halbe Antwort zu geben. Die vollständige Energiewende wird nur gelingen können, wenn die gewaltigen Einsparpotenziale beim Gebäudebau (Stichwort: Dämmen) genutzt werden und wenn der (Individual-)Verkehr entweder zurückgeht oder umgestellt wird auf andere Antriebsformen (Stichwort: Elektromobilität).
Nachfolgend ein Überblick darüber, wo wie viel Energie benötigt wird.
Strom
407093000 Kilowattstunden Strom wurden 2010 im Landkreis Roth verbraucht. Auf private Haushalte und kleinere Firmen entfielen dabei nur 37 Prozent, also etwa 151,5 Millionen Kilowattstunden. Den deutlich größeren Anteil benötigen die großen Firmen, die energieintensive Industrie und die sogenannten Sonderkunden wie die Bahn oder auch die Bundeswehr: 234,7 Millionen Kilowattstunden, also 58 Prozent des gesamten Verbrauchs.
Demgegenüber ist der Stromverbrauch in kommunalen Liegenschaften wie Schulen, Rathäusern und gemeindlichen Turnhallen (20,9 Millionen Kilowattstunden) fast vernachlässigbar.
Immerhin: 72058000 Kilowattstunden Strom wurden 2010 im Landkreis Roth bereits durch Photovoltaikanlagen (41,5 Millionen kWh), Biogasanlagen und andere Kraft-Wärme-Kopplungen (21 Millionen kWh), Wasserkraft (9,1 Millionen kWh) und Windkraft (0,5 Millionen kWh) regenerativ erzeugt. Das ist knapp die Hälfte des privaten Verbrauchs und 18 Prozent des Gesamtverbrauchs. Tendenz: steigend.
Besonderheit am Rande: Das kleine Rohr war 2010 die erste Gemeinde im Landkreis Roth, in der mehr erneuerbarer Strom erzeugt als insgesamt verbraucht wurde. Möglicherweise hat dies 2011 auch Kammerstein dank seiner neuen Freiflächen-Photovoltaik-Anlage geschafft. Zahlen dazu liegen aber noch nicht vor.
Erdgas
Bis auf Heideck, Kammerstein, Rohr und Thalmässing sind alle Gemeinden (oder zumindest Teile davon) im Landkreis Roth ans Erdgasnetz angeschlossen. Heute gibt es knapp 14000 Abnehmer, die 2010 einen Verbrauch von umgerechnet 571161000 Kilowattstunden meldeten.
Anders als beim Strom sind private Haushalte und kleine Unternehmer die Hauptabnehmer. 363,9 Millionen kWh wurden hier verbraucht, 187,7 Millionen kWh gingen auf das Konto von Gewerbe, Industrie und Sonderkunden. Die kommunalen Liegenschaften schneiden sich mit 19,6 Millionen kWh nur drei Prozent vom Kuchen ab.
Erdöl & Co.
Der fossile Energieträger, der weltweit wohl am frühesten zur Neige gehen wird, ist im Landkreis Roth nach wie vor sehr gefragt. Unglaubliche 83 Millionen Liter Heizöl wurden im Jahr 2010 in die Tanks von Privatleuten und Firmen gepumpt. Das entspricht einem Energiegehalt von 836,7 Millionen Kilowattstunden – das ist doppelt so viel wie der gesamte Stromverbrauch.
Demgegenüber fristen Flüssiggas (26,9 Millionen Kilowattstunden, das entspricht 2,7 Millionen Liter Heizöl) und Kohle (4,8 Millionen Kilowattstunden, das entspricht 0,48 Millionen Liter Heizöl) ein Nischendasein.
Biomasse
Biomasse spielt im Landkreis Roth eine immer größere Rolle. Das verwundert nicht, denn 45 Prozent der Gesamtfläche von 89500 Hektar sind von Wald bedeckt und weitere 41 Prozent mit landwirtschaftlich genutzter Fläche.
Obwohl der Holzabsatz in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist, wächst nach wie vor mehr Holz nach, als in den Wäldern geerntet wird. Den Biomasseverbrauch 2010 im Landkreis Roth beziffert das Institut für Energietechnik umgerechnet auf 283,2 Millionen Kilowattstunden. Das entspricht etwa 28,1 Millionen Liter Heizöl. Verfeuert werden Stückholz in tausenden von Kaminöfen, aber auch Hackschnitzel und Holzpellets in ganz normalen Heizungen.
Für Öl, Gas und Biomasse gilt: Fast alles wird verfeuert, um Gebäude zu beheizen. Entsprechend groß sind hier die Einsparpotenziale. Häuser aus den 1990er Jahren und aus den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts sind in der Regel Niedrigenergiehäuser, neue Bauten haben oft Passivhaus-Standard oder sind Nullenergiehäuser. Doch die Mehrzahl der 35300 Wohngebäude im Landkreis stammt aus den 1950er, 60er und 70er Jahren. Entsprechend viel Energie wird hier zum Fenster hinaus geheizt.
Verkehr
Noch mehr Energie als für das Heizen und für den Strom wird im Flächenlandkreis Roth für Mobilität benötigt. Die Amberger Experten vom IfE errechneten für das Jahr 2010 einen Bedarf von über 1,3 Milliarden Kilowattstunden. Das entspricht 133,2 Millionen Liter Diesel. Klar ist: Wenn es nicht gelingt, alternativen Antrieben (Elektroautos, wasserstoffgetriebene Autos) zum Durchbruch zu verhelfen, wird der Plan eines energieautarken Landkreises Roth bis zum Jahr 2030 zumindest hier scheitern.
Wie geht es weiter?
Für Professor Markus Brautsch, den Chef des Instituts für Energietechnik, ist die in rund einjähriger Arbeit zusammengetragene Datensammlung die Arbeitsgrundlage für die lokale und regionale Energiepolitik der nächsten Jahre.
Seine Arbeit ist aber damit noch nicht getan. Schon in den nächsten Wochen will Brautsch zwei „Potenzialbetrachtungen“ vorlegen. Erstens: Wie kann Energie effizienter eingesetzt und wo kann sie eingespart werden? Und zweitens: Wo und wie kann man noch mehr auf Erneuerbare Energien (Windkraft, Photovoltaik, Biomasse, Wasserkraft, Solarthermie und Geothermie) bauen?
Diese Potenziale sind nämlich noch längst nicht ausgeschöpft Es bleibt also noch viel zu tun.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen