Wendelstein: Kein Sieger, kein Verlierer, viele Informationen
15.2.2014, 09:05 UhrEine Diskussion im eigentlichen Sinn war das jedoch nicht, denn die beiden Kommunalpolitiker gaben lediglich in geordneter Weise ihre Stellungnahmen ab. Die Veranstaltung (Podiumsdiskussion mit Werner Langhans und Klaus Vogel) war erstaunlich gut besucht. Auch das Publikum war ausgesprochen diszipliniert und hörte aufmerksam zu.
Neun Hauptthemen
Eigentlich waren neun Fragen zu beantworten. Die Zahl neun erwies sich jedoch als Mogelpackung, denn oft gab es unter einer Nummer mehrere Spiegelstriche beziehungsweise a), b), c). Anderseits gab es Fragen, die auf die Wendelsteiner Verhältnisse nicht unbedingt zutrafen.
Die wichtigsten Fragen (teilweise verkürzt) und die Stellungnahmen von Klaus Vogel und Werner Langhans (ebenfalls kürzer):
Was können sie Unternehmen bieten, die eine Betriebsvergrößerung oder Standortverlegung planen?
Werner Langhans: Wir hatten große Flächen im Gewerbegebiet 4.3/4.4. Die meisten Flächen sind vergeben, das ist ein Problem. Aber wir wollen Möglichkeiten schaffen: zum Beispiel im Richtweg und im Anschluss an den Handwerkerhof.
Klaus Vogel: Wir müssen langfristig denken, wenn wir Gewerbeflächen entwickeln. Das dauert 10 bis 15 Jahre. Aber wir dürfen nicht ausweisen „auf Teufel komm raus“. Die Unternehmerfabrik Roth und der Bund der Selbständigen können da als Ratgeber dienen.
Wollen sie spezielle Betriebe/Branchen gezielt ansiedeln oder fördern?
Klaus Vogel: Wir haben einen guten Mix. Aber Maschinen- und Anlagenbau, Medizintechnik und Engineering wären das „Wunschkonzert“. Was wir nicht wollen, sind Betriebe, die keine Arbeitsplätze bringen, aber Flächen verbrauchen, wie Schrotthändler. Und die Logistik-Betriebe haben wir ins Muna-Gewerbegebiet gebracht.
Werner Langhans: Speditionen wollten wir übrigens anfangs auch nicht im Muna-Gebiet, jetzt haben wir vier Logistiker dort. Wir haben einen wunderbaren Branchen-Mix in Wendelstein. Wichtig ist, dass wir qualifizierte Arbeitsplätze bieten. Das heimische Gewerbe ist gut durchmischt. Ein Hotel wäre noch interessant.
Die Parkplatzsituation im Altort ist ein Problem. Wie können sie entgegenwirken?
Werner Langhans: Der Altort hat Charme und Flair, aber keine großen Betriebe, wie einen Supermarkt. Ein kleiner Tante-Emma-Laden dort wäre toll, denn die Nahversorgung ist wichtig. Wir haben Parkplätze, aber es gibt einen Konflikt zwischen Hotels und Einzelhandel, die einen wollen, dass Parken bis 10 Uhr frei ist, die anderen möglichst nur bis 8 Uhr. Ein Parkhaus wird schlecht angenommen. Es gibt hier keinen „Königsweg“.
Klaus Vogel: Die Parkplätze im Altort sind nicht vermehrbar. Die Autos werden immer größer, und die Leute möchten immer gerne mit dem Auto gleich in den Laden fahren. Es ist immer ein Konflikt, nur wenn sich jeder an die eigene Nase fasst, wird es besser. Was ein wenig hilft, ist der Appell der Unternehmer an die eigenen Leute, nicht die Parkplätze zu belegen. Und, man darf nicht vergessen, alle Parkplätze sind kostenlos, das ist ein Luxus.
Sehen sie Potentiale in puncto Wirtschaftsförderung?
Klaus Vogel: Wir sollten die Unternehmerfabrik im Landkreis Roth verstärkt einbinden und auch den Bund der Selbständigen öfter mit ins Boot holen. Das sind die richtigen Leute, die gehören an den Tisch. Wirtschaftsförderung ist es auch, bei heimischen Betrieben zu kaufen, die Wirtschaftsförderung kann jeder selber betreiben, das ist die klassische Wirtschafsförderung vor Ort. Außerdem müssen wir die Betriebe an „runden Tischen“ zusammenbringen.
Werner Langhans: Der „Unternehmertreff“ ist wichtig. Wir haben zwei große Unternehmertreffen gehabt in meiner Amtszeit. Wir haben 300 Unternehmen angeschrieben, über 200 sind gekommen. Da hat es Gespräche über den Tisch gegeben, und es wurden Visitenkarten getauscht. Ich sehe mich dabei als Dienstleister und Moderator. Ich mache Firmenbesuche mit meinen Mitarbeitern - auch die müssen die Firmen kennenlernen - wir haben die Gewebeschau und eine Imagebroschüre.
Der Bedarf schnell, unbürokratisch und außerhalb von Öffnungszeiten behördliche Angelegenheiten zu erledigen ist stark gewachsen. Wie könnten sie sich einen Service für Unternehmen und Bürger vorstellen, durch z.B. Unterstützung von Genehmigungsverfahren, Vereinfachung der Bürokratie, Online-Informationen, Formular-Downloads, Verknüpfungen zum Landratsamt beziehungsweise anderen Behörden?
Werner Langhans: Wir sind sehr offen, und bekannt dafür, dass wir kurze Wege haben. Ich danke hier auch dem Landratsamt für schnelle Genehmigungsverfahren. Im Muna-Gewerbepark wurde beispielsweise in einem halben Jahr eine Firma hochgezogen. Wir haben einmal im Monat auch samstags geöffnet und sind sehr flexibel. Wer zu uns kommt, erhält eine persönliche Betreuung. Termine gibt es auch außerhalb der Öffnungszeiten. Auf der Hompage sind Anfragen möglich.
Klaus Vogel: Das alles kann ich bestätigen. Das ist eigentlich kein Thema in Wendelstein. Aber ich sage auch den Untenehmern: Je besser eure Planung ist, desto schneller geht es. Der GNF (Gewerbepark Nürnberg-Feucht/„Muna“-Gewerbepark) wurde über den Landkreis Roth abgewickelt, weil es da am schnellsten geht. Bei „online“ ändert sich schnell vieles, wir müssen an der Entwicklung dranbleiben. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu Landrat Herbert Eckstein, viel kürzer kann der Weg nicht sein.
Das Wort „Transparenz“ wird in letzter Zeit immer häufiger als Schlagwort eingesetzt. Was verstehen sie im kommunalpolitischen Sinn darunter?
Klaus Vogel: Ein „gläsernes Rathaus“. Vieles passiert im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzungen, aber erst muss alles öffentlich auf den Tisch, wir müssen die Tagesordnung im Gemeinderat umkehren. Der Bürger soll die Gemeinderatsbeschlüsse im Internet nachlesen können - da gab es ja auch einen Antrag der Grünen – und es sollte eine Kontaktadresse für Rückfragen geben. Aber: Der Bürger hat auch eine Holschuld, er muss sich die Info abholen.
Werner Langhans: Transparenz heißt mehr: Man muss auch die Zusammenhänge erklären, der Bürger sieht die oft nicht – darin sehe ich das Problem. Ja, der Bürger hat eine Holschuld. Wir sind absolut transparent, ein Lob geht hier auch an meine Verwaltung. Ich habe die Bürgerversammlungen vor der Wahl gehalten – auch das ist Transparenz. Ich glaube, dass Wendelstein schon immer transparent war. Ich bin auch gespannt, was die Grünen zu dem Thema sagen, wenn sie selbst im Gemeinderat sind.
Nachwuchs ist auch unternehmerische Zukunft. Welche Anreize bieten sie der Jugend, um sie an die Marktgemeinde zu binden oder wieder zurückzuholen? Wie und wo möchten sie dabei die Unternehmer vor Ort einbinden?
Werner Langhans: Wir haben den Berufe-Markt, es gibt Praktika uns wir haben Firmen als Sponsoren. Wir müssen das Glied zwischen Wirtschaft und Schule immer wieder schließen. Wir haben schon vieles erreicht. In den Gemeindewerken und im Bauhof bilden wir auch selber aus. Ich kann den Firmen sagen: Die eigenen Kräfte sind die besten, ich lege jedem das Ausbilden ans Herz. Generell gilt es, in Wendelstein die Lebensqualität zu erhalten.
Klaus Vogel: Wendelstein war unter SPD-Führung federführend, wir waren jeweils die ersten mit Jugendtreff, Ferienprogramm und Berufe-Markt. Der Jugendtreff sollte die jungen Leute mit einem „Berufsknigge“ vorbereiten. Wir müssen gemäß Landschaftsplan den Flächennutzungsplan entwickeln und Wohnflächen schaffen, um Sesshaftigkeit zu ermöglichen. Die Schulen gehören dazu, ganz besonders die Lehrer der Abschlussklassen.
Wie sehen sie die Entwicklung der beiden großen Vereine vor Ort?
Klaus Vogel: Kleinschwarzenlohe, Großschwarzenlohe und Röthenbach müssen auch dabei sein. Ich freue mich über die Wahl des neuen Vorstands des FV, die ich als eine gelungene Wahl empfinde. Im Vordergrund steht, dass der FV gesundet, noch nicht der Fusionsgedanke. Mich stören die Scharfmacher an den Biertischen. Der TSV hat für 2014 aus verschiedenen Gründen das Ausrichten der Kirchweih dem FV angeboten. Wichtig ist, dass die Vereine zusammenarbeiten. Aber ich erinnere an die Übernahme der Sonderlast des FV durch die Gemeinde. Auch andere hätten jetzt das Recht darauf.
Werner Langhans: Wir haben eine wunderbare Vereinsförderung in Wendelstein. Die Gemeinde unterstützt die Vereine - auch bei Sanierungen. Und wir haben Grundstücke gekauft und an die Vereine verpachtet. Der FV hat eine neue Führung – nur so geht’s weiter. Aber das muss sich einfach entwickeln. Das Angebot der Vereine ist reichlich, wir sind stolz auf die vielen Sparten. Die Synergie muss von den Vereinen selber ausgehen. Wir haben fünf große Sportvereine in Wendelstein. Probleme werden die bekommen alle im Hinblick auf Ehrenamt, Nachwuchs und Finanzen.
Unsere Unternehmen brauchen gut ausgebildete Schulabgänger mit unterschiedlichsten Abschlüssen. Was planen sie, um diesen Anforderungen an Bildung und Möglichkeiten der Schulabschlüsse vor Ort, gerecht zu werden?
Werner Langhans: Wir haben einen „Bildungsstandort Wendelstein“, auch deswegen wollen junge Familien nach Wendelstein ziehen. Wichtig dafür wäre ein „Jungfamilienmodell“. Ein „Einheimischenmodell“, wie wir es bisher hatten, darf es ja gemäß EU-Rechtsprechung nicht mehr geben. Wir sind offen für alles. Wir können etwas entwickeln – auch mit der Unternehmerfabrik.
Klaus Vogel: Wir sollten die Waldorfschule nicht unterschlagen. Wir haben ein richtig rundes Bildungsangebot. Es gilt, die Schulen richtig auszustatten - zum Beispiel mit Smartbaords – und sie immer auf dem neuesten Stand zu halten. Das Kinder- und Jugendbüro sollte als Klammer dienen zwischen Kindern, Schule, Unternehmerfabrik und Kommune.
Wie stehen sie zur BDS-Azubi-Akademie (Bund der Selbständigen plant Fortbildung für Azubis über die Berufsschule hinaus)?
Klaus Vogel: Wir sollten das nicht auf Wendelstein beziehen, wir sollten über den Tellerrand hinausschauen. Wichtig ist, dass wir das möglichst breit aufstellen. Denn: Von der Wiege bis zur Bahre in einem Betrieb – das gibt es nicht mehr.
Werner Langhans: Das ist eine interessante Sache, das kann nur von Erfolg gekrönt sein. Das Angebot ist von Unternehmern für Unternehmer, es vermittelt „soft skills“ zusätzlich zur Berufsschule. Wir sollten das Thema auch im Landkreis behandeln.
Was sind ihre wichtigsten Aufgaben für die Zukunft?
Werner Langhans: Zukunftsfähige Strukturen vor Ort schaffen. Dazu gehören Breitbandversorgung, Angebote für Kinderbetreuung und Natur- und Umweltschutz. Die Daseinsvorsorge müssen wir ausbauen und damit selbstbestimmtes Altern ermöglichen. Außerdem müssen wir Arbeitsplätze schaffen und erhalten.
Klaus Vogel: Wir brauchen Beiräte für verschiedene gesellschaftliche Gruppen: für Senioren, Jugend und Naturschutz. Wir müssen den Flächennutzungsplan überarbeiten – der ist 25 Jahre alt. Weiche Standortfaktoren wie Jugendtreff und Tourismus müssen wir stärken. Und wir müssen die Vereinsbezuschussung massiv anheben, denn die Gebäude der Vereine sind 25 Jahre alt und benötigen eine energetische Sanierung.
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