Sexuelle Belästigung? Ex-Chefin des BR-Studios Franken erhebt schwere Vorwürfe

12.10.2019, 16:16 Uhr
Bis Juli war Kathrin Degmair noch beim Bayerischen Rundfunk.

© BR Bis Juli war Kathrin Degmair noch beim Bayerischen Rundfunk.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung erhebt die ehemalige Studioleiterin nun massive Anschuldigungen gegen ein einflussreiches Mitglied eines BR-Gemiums, also des Rundfunkrates oder des Verwaltungsrates. Der Mann soll demnach bereits zwischen Ende 2015 und Mai 2017 wiederholt verbal sexuell übergriffig und zudringlich geworden sein. Er habe mehrfach intensiv versucht, "bei ihr zu landen", wie laut SZ mehrere Personen bestätigten. Die Rede sei von zahlreichen unangemessenen intimen, anzüglichen und sexistischen Bemerkungen.

Degmairs Anwalt könne bestätigen, "dass es verbale, grenzüberschreitende Verhaltensweisen" gegenüber seiner Mandantin gegeben habe. Beim BR fragt man sich, so Informationen der Nürnberger Nachrichten, warum Kathrin Degmair sich so spät äußert, und warum sie den Mann, gegen den sich die Vorwürfe richten, offenbar mehrfach in Restaurants in München und Nürnberg getroffen habe.

 

Die Begegnungen mit Degmair seien allesamt dienstlicher Natur gewesen, erklärte der Mann nach dem SZ-Bericht. Ihre Sicht der Dinge bestreite er vehement. Es habe kein Fehlverhalten, keine anzüglichen oder intimen Bemerkungen gegeben. Er habe auch nicht versucht, sie zu einer intimen Beziehung zu bewegen. 

BR nimmt Missbrauchsvorwürfe grundsätzlich ernst

BR-Justiziar Albrecht Hesse betonte gegenüber den Nürnberger Nachrichten, sein Sender nehme Missbrauchsvorwürfe grundsätzlich sehr ernst. Das gelte auch bei jeglicher möglichen Form von Belästigung durch Dritte. Aufgrund der strikten Trennung der Organe seien auch die Gremien beim BR als Dritte zu betrachten. Man könne Vorwürfen aber nur nachgehen, wenn Betroffene diese auch zur Kenntnis bringen und konkretisieren. Keiner der aktuelle erhobenen Vorwürfe sei, so Hesse, bei den für solche Fälle ausgewiesen Anlaufstellen des BR "eingespeist"  oder an die BR-Gleichstellungsstelle adressiert worden. 

Die Entscheidung, Kathrin Degmair dem Rundfunkrat nicht mehr für eine weitere Amtszeit in Nürnberg vorzuschlagen, sei unabhängig von der ganzen Thematik zu sehen, betont Albrecht Hesse. Sie sei "rein sachlich" begründet gewesen. Intendant Ulrich Wilhelm habe sie "nach langer und sorgfältiger Überlegung getroffen und diese auf ein sehr breites, über die fünf Jahre hinweg geformtes Bild gestützt". 

Auf Nachfrage erklärt auch Monika Panitz von der Geschäftsstelle Rundfunkrat/Verwaltungsrat: "Die Vorsitzenden der Gremien haben sich Ende September, sobald konkrete Hinweise vorlagen, bei einem juristischen Experten mit langjähriger praktischer Erfahrung in Strafsachen bei Gericht kundig gemacht. Im Ergebnis wurde ihnen bestätigt, dass auf Basis der vorliegenden Informationen und Erkenntnisse keine Versäumnisse und kein Handlungsgebot für den BR oder seine Gremien erkennbar waren."

Im Juli trennten sich Degmair und der BR

Nach der Abberufung Kathrin Degmairs hieß es von mancher Seite im Sender, sie habe einen zu forschen Umgangston gepflegt, eine ruppige Art gegenüber Untergebenen an den Tag gelegt und Mitarbeiter vor anderen in einem schneidenden und groben Ton zur Rede gestellt. Andere sagten, ein Mann in dieser Position wäre niemals aus solchen Gründen abgesetzt worden. Es meldeten sich damals auch Unterstützer Degmairs zu Wort. 

Nach ihrer Absetzung in Nürnberg sollte die Führungsfrau zunächst einen anderen Posten bekommen. Der Plan scheiterte jedoch. Im Juli gaben der BR und Degmair ihre Trennung bekannt. 

Die frühere Studioleiterin in Nürnberg habe laut SZ ihre jetzt öffentlich gewordenen Vorwürfe erstmals beim Trennungsgespräch mit BR-Intendant Ulrich Wilhelm angesprochen, allerdings ohne Details oder einen Namen zu nennen. Inzwischen liege die Angelegenheit auf dem Tisch von Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Sie ist Vorsitzende des BR-Verwaltungsrates. Gegenüber der Zeitung sagte die Politikerin nach einer Anhörung Degmairs, "es hat sich kein Anhaltspunkt für einen Zusammenhang zwischen der behaupteten Verhaltensweise und der Nicht-Verlängerung des Vertrages" von Degmair ergeben.

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