Podcast mit Roland Englisch
Söder wettert, Aiwanger irrlichtert
17.5.2023, 15:46 UhrWenn am 8. Oktober in Bayern ein neuer Landtag gewählt wird, dann kann derzeit nur eine Partei ganz beruhigt auf die kommenden Monate schauen. Die CSU hat sich aus ihrem früheren Tief befreit und klettert in den Umfragen langsam, aber stetig nach oben. Selbst eine absolute Mehrheit ist inzwischen wieder in Sicht. "Dass es derzeit in Richtung absolute Mehrheit läuft, fürchtet Söder eigentlich", so die Analyse unseres Landtagskorrespondenten Roland Englisch, die auf den ersten Blick überrascht
Im Podcast "Horch amol" weist Englisch darauf hin, dass diese Tendenz in den Umfragen dazu führen könnte, dass etliche Wählerinnen und Wähler zur Freien Wählergemeinschaft oder der FDP abwandern, weil sie genau diese Alleinherrschaft einer Partei verhindern wollen. Zudem droht die Gefahr, dass sich die Anhängerschaft zu sehr in Sicherheit wiegt und deshalb auf den Gang zur Wahlurne verzichtet, so Englisch. Alles in allem aber wohl eher ein Luxus- als ein tatsächliches Problem der Christsozialen.
Ampelregierung im Visier
Und Ministerpräsident Markus Söder geht in diesen Tagen die Munition nicht aus, um gegen die Ampel in Berlin zu schießen. Angefangen von der Wahlrechtsreform über das geplante Heizungsgesetz bis hin zu den Querelen um Robert Habecks Staatssekretär Patrick Graichen: Söder lässt keine Gelegenheit aus, um seine Empörung über die politische Arbeit der Bundesregierung kundzutun. "Die bayerischen Themen spielen in diesem Wahlkampf so gut wie keine Rolle", konstatiert Englisch. "Söder ignoriert die Opposition in Bayern komplett", sagt der langjährige Beobachter der Landespolitik. Da das "Grünen-Bashing" bislang so gut funktioniert, gibt es auch keinen Grund für Söder davon abzuweichen. Roland Englisch sieht aber auch die Gefahr, dass sich diese Strategie in den kommenden fünf Monaten "abnutzen kann".
Für die offensichtliche Schwäche der Oppositionsparteien Grüne, SPD und FDP macht Englisch jeweils individuelle Gründe aus. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Ludwig Hartmann, sei zwar "fleißig, bodenständig und ehrlich", kann aber das Charisma von Katharina Schulze nicht ersetzen. Schulze wiederum ist (noch) zu jung, um als Ministerpräsidentin zu kandidieren. Gleichzeit bläst den Grünen der Gegenwind aus Berlin gerade kräftig ins Gesicht.
SPD und FDP fehlt die Zugkraft
Diesen Gegenwind spürt auch die SPD, wenngleich etwas schwächer. Roland Englisch glaubt durchaus an einen "kleinen Kanzlerbonus", von dem die Sozialdemokraten profitieren sollten. Allerdings hat sich die Partei in den vergangenen Jahren in internen Grabenkämpfen aufgerieben. "Die Partei ist über die Zeit ausgeblutet", sagt der NN-Korrespondent und müsse froh sein, überhaupt die Zehn-Prozent-Hürde zu überspringen.
Der erneute Einzug der FDP in den Landtag ist für Englisch momentan eher unwahrscheinlich. Durch Entscheidungen der Ampel lassen die Freidemokraten Federn. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die FDP in der Geschichte des bayerischen Landtags häufiger unter der Fünf-Prozent-Hürde blieben, als diese zu überspringen. "Sie schwimmen im Nichts herum", konstatiert Englisch.
Söder und die Flüchtlingspolitik
Trotz der momentan laufenden vier Untersuchungsausschüsse - für Roland Englisch ein "Akt der Verzweiflung" - ist Söder demnach auf der Siegerstraße. Zumal ihm Hubert Aiwanger von den Freien Wählern ein Thema abnimmt, von dem sich der Ministerpräsident dieses Mal fernhält. In der Frage nach dem Umgang mit den Flüchtlingen fährt Markus Söder eine völlig andere Linie als noch in den letzten Wahlkämpfen. "Hier hat er tatsächlich glaubhaft die Position gewechselt", sagt Englisch. Es erfolgt keine Annäherung an Rechtsaußen-Positionen und die sonst so gerne verwendeten markigen Parolen bleiben aus.
Den Part des Populisten überlässt Markus Söder in diesem Fall seinem Koalitionspartner in Form von Hubert Aiwanger. Aus Sicht von Roland Englisch versucht Aiwanger, "den AfD-Wählern ein Angebot zu machen". Dabei sei vollkommen klar, dass seine Forderungen im Landtag keine Mehrheit finden. Dennoch sei der "irrlichternde Aiwanger" in der Partei wohl gelitten, da er den Ton eines bestimmten Klientel treffe und so die Stimmen für die Freien Wähler sichert.
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