Todesursachen
Statistikamt enthüllt: Daran starben die Bayern wirklich während der Corona-Pandemie
8.7.2021, 12:09 UhrEgal ob ein Mensch an Krebs, bei einem schrecklichen Unfall oder an Covid-19 stirbt: Bei jedem Toten muss ein Arzt eine Leichenschau durchführen und anschließend eine Todesbescheinigung ausfüllen. Diese enthält auch die Todesursache.
"An" oder "mit" Covid-19 verstorben?
Doch sind die Toten während der Corona-Pandemie wirklich "an" oder lediglich "mit" Covid-19 verstorben? Viele Menschen bezweifeln, dass die Infektion mit Sars-CoV-2 gerade bei älteren Menschen, die an vielen unterschiedlichen Krankheiten leiden, die hauptsächliche Todesursache war. Deshalb entstanden rund um Covid-19 viele Verschwörungstheorien.
Um die Todesursache bei vielen verschiedenen Grunderkrankungen eindeutig zu identifizieren, gibt es allerdings ein einheitliches Regelwerk der Weltgesundheitsorganisation (WHO). „Da werden bestimmten Kombinationen von Erkrankungen bestimmte Todesursachen zugeordnet“, erklärt Andrea Buschner, Referentin für die Todesursachenstatistik beim Bayerischen Landesamt für Statistik in Fürth.
Aus dieser Vorgehensweise ergeben sich auch die Zahlen für Bayern: Bei sechs Prozent der Verstorbenen der ersten Corona-Welle von März bis Juni 2020 wurde Covid-19 nachgewiesen. Bei 2236 Todesfällen soll die Krankheit der Grund für das Versterben gewesen sein. Bei 369 weiteren Sterbefällen war Covid-19 zwar nicht unmittelbar todesursächlich, eine Infektion wurde allerdings bei den Verstorbenen nachgewiesen.
Im April 2020 gab es viel mehr Tote als sonst
"Damit sind 5,6 Prozent aller Sterbefälle während der ersten Corona-Welle im Jahr 2020 auf Covid-19 als Grundleiden oder als Begleiterkrankung zurückzuführen", teilt das Landesamt für Statistik mit. Höhepunkt war dabei der April. In diesem Monat wurde Covid-19 bei 1581 Menschen als Todesursache identifiziert.
Dass die Zahl der Todesfälle im April 2020 in Bayern im Vergleich zu den Jahren 2016 bis 2019 um 20 Prozent anstieg, liegt damit zum großen Teil an der Corona-Pandemie. Mehr als zwölf Prozent aller Verstorbenen im April 2020 erlagen einer Infektion mit Sars-CoV-2.
Weil das Interesse an den Daten seit Beginn der Pandemie so groß ist, wertet das Landesamt für Statistik ab sofort monatlich ausführlich die Todesursachen in Bayern aus. Zuvor gab es nur eine Jahresstatistik.
Dreifache Qualitätssicherung bei den Todesbescheinigungen
Die Statistik basiert auf den Todesbescheinigungen. Diese werden zunächst ans Standesamt geschickt und dort ein erstes Mal überprüft. Anschließend gehen sie auf elektronischem Weg an das Landesamt für Statistik und in Papierform an die Gesundheitsämter, wo sie erneut auf Plausibilität analysiert werden. Die dritte Stufe der Qualitätssicherung erfolgt abschließend durch das Kodierer-Team im Statistikamt.
Durch die nun erstmals veröffentlichten Monatsberichte weiß man genau, welche Rolle Infektionen mit Sars-CoV-2 bei den Sterbefällen spielten: Während bei der ersten Welle 2214 Menschen an Covid-19 starben, war bei 3462 die dauerhafte Verengung der Herzkranzgefäße, bei 2427 eine Demenzerkrankung und bei 2129 ein Herzinfarkt die Ursache für das Versterben. 1770 Menschen in Bayern starben an einer Krebserkrankung im Bereich der Atmungsorgane, der Großteil davon litt an Lungenkrebs.
Der Monatsbericht zu den Todesursachen soll künftig helfen, saisonale Schwankungen zu identifizieren. Etwas Geduld muss man dennoch haben, wenn man die Daten sehen möchte.
Darum werden die Daten spät veröffentlicht
Sie werden erst veröffentlicht, wenn Daten zu mindestens 80 Prozent der Sterbefälle vorliegen. "Die Statistik soll nicht zu stark von den endgültigen Ergebnissen abweichen", erklärt Andrea Buschner vom Statistikamt. Deshalb wurden nun auch erst die Berichte von Januar bis September 2020 veröffentlicht, die sehr viel stärkere zweite Corona-Welle fehlt noch vollständig. Nach und nach soll hier ein Monat nach dem anderen veröffentlicht werden.
Im Dezember: Fast doppelt so viele Tote in Nürnberg wie vor einem Jahr
Immerhin werden einzelne Todesursachen-Daten jetzt schon deutlich früher publiziert als bislang. Bisher wurde jeweils im Herbst die Jahresstatistik für das komplette vorangegangene Jahr veröffentlicht, Monatsberichte gab es nicht. "Ihr habt die Daten doch schon, es muss doch einen Grund geben, dass ihr sie nicht veröffentlicht. Sie werden absichtlich zurückgehalten", hatten etliche Verschwörungstheoretiker den Statistikern während der Pandemie vorgeworfen.
Fakten gegen Verschwörungstheorien
"Dabei haben wir die Daten in der Vergangenheit nie früher veröffentlicht", betont Buschner. Nun immerhin kann man den Verschwörungstheoretikern Fakten entgegenhalten.
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Die Monatsberichte sollen beibehalten werden, selbst wenn Covid-19 in Zukunft eine geringere Rolle spielen sollte. Ohnehin werden in den Berichten nur auswählte Todesursachen aufgezählt, die häufigsten. "Wenn eine Todesursache künftig weniger relevant ist, wird sie in der Statistik eben einfach durch eine andere ersetzt", meint Buschner.