Welche Zukunft hat der Tourismus in Treuchtlingen?
23.7.2020, 05:52 UhrIn der Vergangenheit ist zwar viel geschehen – etwa mit der Sanierung der Therme und der Innenstadt –, doch der Stadt fehlt ein genaues Profil. Das war ein Ergebnis einer Potentialanalyse, die die Münchner Agentur Project M im Auftrag der Stadt zum Thema Gesundheitstourimus erstellt hat.
Wie zeichnet sich Gesundheitstourismus aus?
Es lassen sich zwei Arten von Gästen unterscheiden, die verschiedene Bedürfnisse haben. "Gesunde ohne Indikation" setzen auf einen hohen Erlebnis- und Spaßfaktor und möchten in einer Region Wellness- und Aktivurlaub machen, um einer zukünftigen Erkrankung vorzubeugen. Dabei wird unterschieden zwischen Urlaub mit gesundem Mehrwert (Wellness und Genuss) sowie Reisen zur Erhaltung und Verbesserung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit (etwa mit sportmedizinischen Angeboten). Der zweite Typ sind die Betroffenen mit Indikation. Diese können sich etwa einen sorgenfreien Urlaub in speziellen Einrichtungen wünschen (etwa Personen mit chronischen Erkrankungen und Hilfsbedarf) oder sie reisen gezielt aus medizinischen Gründen, um sich behandeln zu lassen (die klassische Kur und Rehabilitation).
Was bietet Treuchtlingen schon heute?
Die Auswertung der Agentur Project M ergibt, dass in allen Bereichen ein Basisangebot vorhanden ist, wobei der Fokus auf noch gesunde Menschen gerichtet werden soll, die ihre Fitness erhalten wollen. Denn für ein sorgenfreies Reisen wäre zu viel Aufwand bei den bestehenden Angeboten nötig, zudem fehlt bei den Reisen aus medizinischen Gründen eine Kurklinik. Kurzfristig wird in dieser Sparte deshalb keine Weiterentwicklung empfohlen, allerdings soll das Konzept erneut überprüft werden, wenn die psychosomatische Fachklinik errichtet wurde. Treuchtlingen müsse im Vergleich zu anderen Kurorten einiges nachholen, um auf dem Markt mithalten zu können, so das Fazit der Autoren der Analyse. "Die Entscheidung, ob und wie sich die Stadt auf dem gesundheitstouristischen Markt positionieren soll, muss her!", so ihre Forderung. Zwar wurden in den vergangenen 20 bis 30 Jahren zahlreiche Konzepte entwickelt, jedoch wurde keines davon genau weiterverfolgt.
Wo liegen die Stärken und Schwächen der Stadt?
Treuchtlingen kann laut Analyse mit seiner Lage im Naturpark Altmühltal und am Rand des Seenlands punkten, ebenso mit dem Angeboten im Bereich Bewegung (Rad- und Wanderwege) sowie dem Thema Wasser (Therme, Altmühl, Karlsgraben). Deshalb würde es sich anbieten, die Naturerfahrung als gesundheitstouristisches Gut zu vermarkten und den Heilquellen-Kurbetrieb als Sprungbrett zur Prädikatisierung zu nutzen. Schwächen sehen die Analysten darin, dass es kein klares Profil gibt, was die Stadt sein möchte und welche Gruppe von Gästen man empfangen möchte. Zudem gab es Kritik daran, dass sich die Angebote nicht einfach buchen lassen können, nicht alle Beherbergungsbetriebe in geforderter Qualität vorhanden sind und dass es im Ort eine geringe Aufenthaltsqualität gibt – geschuldet durch den Sitz der Firma Altmühltaler im Zentrum sowie den stark befahrenen Straßen im Ortskern. Um den Idealzustand herzustellen, müsste die Stadt viel (nicht vorhandenes) Geld in die Hand nehmen und auch neue Stellen im Tourismus schaffen. Vor allem sei es auch wichtig, die Bürger mitzunehmen und aufzuklären, damit diese sich nicht gegenüber den Gästen benachteiligt fühlen.
Welche Schritte folgen nun?
Die Kur- und Touristinfo schlägt verschiedene Handlungsempfehlungen vor. Kurzfristig soll eine eindeutige Schlagrichtung und Identifikationsgrundlage in der gesamten Stadtentwicklung gefunden und eine neue "Marke Treuchtlingen" definiert werden. Der Mountainbike-Tourismus soll in gesundheitstouristische Bahnen gelenkt werden, hinzu kommt ein Waldgesundheitstraining. Außerdem will die Touristinfo eine Qualitätsoffensive starten, etwa durch die Zertifizierung von Wanderwegen und bestehende Wege, wie Erlebnispfad am Burgstall, aufhübschen und in ein neues Konzept einbinden. Mittelfristig will die Touristinfo ihre Marketingaktivitäten ausbauen, etwa durch einen Newsletter an die Gäste und die Präsentation auf dem Sozialen Netzwerk Instagram. Zudem sollen die Angebote auf bestimmte Zielgruppen von Gästen zugeschnitten werden. Weiterhin möchte die Touristinfo ihr Netzwerk erweitern und die Zusammenarbeit mit Tourismusverbänden aber auch Partnern wie den VGN und die Deutschen Bahn verstärken, um von deren Werbeaktionen zu profitieren.
Wo soll es langfristig hingehen?
Die Kur- und Tourismusinfo unter Federführung ihrer Leiterin Stefanie Grucza möchte Treuchtlingen als Kurort inszenieren. Zu dem Konzept zählen die Themen Barrierefreiheit, einheitliche Bepflanzung und Pflege der Grünanlagen, ein verkehrsberuhigter Ortskern, ein touristisches Leitsystem sowie eine Inwertsetzung des Kurparks. Zudem sollen die Gesundheits- und Aktivangebote ausgebaut und das Tourismus- und Stadtmarketing verstärkt werden.
Wer soll das bezahlen?
Das Geld für den laufenden Betrieb könnte von den Gästen und den Unternehmern kommen. So erhebt die Stadt Treuchtlingen schon bislang in der Kernstadt einen Kurbeitrag von 0,50 Euro pro Urlaubsgast und Nacht. Dafür erhalten die Besucher eine Gästekarte und damit Rabatte bei verschiedenen Unternehmen. Durch die Erhöhung auf 1,50 Euro sowie die Ausweitung auf die Ortsteile könnten 26 000 bis 78 000 Euro zusätzlich eingenommen werden – wobei dann in den Dörfern auch ein entsprechendes Angebot nötig ist. In anderen bayerischen Kurorten beträgt die Abgabe im Durchschnitt zwischen 2 und 3,50 Euro. Zudem könnte die Stadt einen Fremdenverkehrsbeitrag einführen, den dann die Unternehmen pro angebotenem Bett, pro Sitzplatz in der Gastronomie oder pro Quadratmeter Verkaufsfläche berappen müssen, wenn sie vom Tourismus profitieren (bis zu 10 000 Euro Einnahmen). Andere Tourismusorte setzen auf freiwillige Instrumente, bei denen die Unternehmen Mitglied eines Vereins werden oder in einen Fonds einzahlen, aus dem dann Werbemaßnahmen bezahlt werden.
Wie geht es weiter?
Zunächst soll für Treuchtlingen eine Marke entwickelt werden, die dann eine bestimmte Zielgruppe anspricht. Dabei hilft eine Agentur (Concept X), die bereits Erfahrungen mit anderen Städten und Wirtschaftsunternehmen hat. Neben einen Leitbild entsteht am Ende auch ein neues Logo und ein Werbeslogan. Die Ergebnisse sollen Ende Februar 2021 vorgestellt werden. Dafür muss die Stadt knapp 21 000 Euro in die Hand nehmen. Die entwickelte Marke soll als zentrales Leitbild fungieren und einen Kompass für die weitere Stadtentwicklung in all ihren Bereichen darstellen. Die Mitglieder des Kur-, Kultur-, Tourismus- und Stadtmarketingausschusses haben mehrheitlich für den Fahrplan gestimmt. Neben den Ergebnissen der aktuellen Fragebogenaktion (die bis Ende Juli läuft), sollen die Bürger auch bei einem Seminar über die Pläne informiert werden.
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