Urlaub trotz Pandemie: Camper und Campingplatzbetreiber fordern Öffnungen
16.4.2021, 15:13 UhrEr rollt wieder. Nach langer Winterpause ist Campingfreund Stefan Kubec aus Pettstadt (Kreis Bamberg) mit seinem Wohnwagen, einem Dethleffs Beduin, Baujahr 1979, unterwegs. Es geht nicht, wie geplant, in Richtung Altmühlsee, wo Kubec mit seiner Familie die Osterferien verbringen wollte. Sein Ziel ist Hamburg. Nicht zum Campen, sondern zum Demonstrieren.
"Wir verstehen nicht, warum man nach Malle fliegen darf, aber nicht campen kann", erklärt der Familienvater. Verreisen ist trotz Corona-Pandemie derzeit erlaubt, auch wenn die bayerische Regierung bittet, "von nicht notwendigen Reisen abzusehen". Urlaub im fränkischen Seenland ist trotzdem tabu. Die aktuellen Corona-Verordnungen enthalten nämlich ein Beherbergungsverbot für touristische Zwecke.
Die Campingplätze in der Region sind seit November 2020 geschlossen. Das stört den Camper Kubec, die Betreiber und den Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland e.V. (BVCD), der sich Anfang April mit einem Brandbrief an die Kanzlerin gewandt hat.
Darf man trotz Corona im Wohnmobil übernachten? Die Antwort ist "Jein".
"Wir können es nicht nachvollziehen, dass die Schutz- und Hygienekonzepte unserer Mitgliedsbetriebe in den laufenden Diskussionen ignoriert werden", schreibt BVCD-Präsident Gunter Riechey.
Auch Susanne Ehrnsperger, Betreiberin des Waldcampingplatzes am Brombachsee, versteht nicht, warum ihre Anlage in Pleinfeld weiterhin zu bleiben muss. "Camping ist doch derzeit die Corona-konformste Urlaubsform, man kann nicht besser unter sich sein." Was sie besonders ärgert: Auf dem öffentlichen Parkplatz vor ihrer Anlage übernachten immer wieder Urlauber in ihren Wohnmobilen. "Das wären meine Kunden."
Wie reagiert die Politik?
Verboten ist die Übernachtung im Reisemobil derzeit nicht. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums verweist aber darauf, dass Camping auf nicht dafür vorgesehenen Plätzen unzulässig ist. Außerdem dürfe derzeit in Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die 7-Tage-Inzidenz über 100 beträgt, die eigene Wohnung von 22 bis 5 Uhr nicht verlassen werden. "Wohnwägen und Wohnmobile, die nicht als Wohnsitz gemeldet sind, zählen nicht als Wohnung."
Ähnlich wie in Bayern gilt auch in Schleswig-Holstein ein Beherbergungsverbot. Dagegen haben erst kürzlich drei Camperinnen geklagt - allerdings erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag der Camperinnen zurückgewiesen. Dauercamping hingegen ist derzeit in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen uneingeschränkt erlaubt, in Bayern darf nur in seinem Wohnwagen übernachten, wer dort seinen Erst- oder Zweitwohnsitz hat. Das Bayerische Wirtschaftsministerium begründet das Übernachtungsverbot für touristische Zwecke damit, dass Sozialkontakte minimiert und Infektionsketten leichter zurückverfolgt werden können.
Was passiert hinter verschlossenen Schranken?
Auf dem Campingplatz Sippelmühle von Eberhard Gabler (Kreis Neumarkt) tut sich momentan wenig. Bei ihm stehen viele Dauercamper, die dürfen derzeit allerdings nur für Reparaturarbeiten auf den Platz. "Das ist absolut unverständlich für die Leute. Mit mehreren Menschen in ein Flugzeug steigen ist erlaubt, aber ein Stellplatz von mindestens zehn Metern Größe ist zu ansteckend", so Gabler. Obwohl die Menschen ihren Stellplatz derzeit nicht nutzen können, müssen sie weiter zahlen. "Aber es springen wenige ab. Die Leute wissen, sobald einer kündigt, ist der Platz sofort wieder weg", erklärt Gabler. "Jeder schaut, dass er für den Sommer einen Platz hat."
Nur mit Corona-Impfung reisen? So planen Veranstalter und Urlaubsländer
Das Team des Waldcampingplatz in Pleinfeld nutzt die Zeit für Renovierungsarbeiten. Derzeit wird die Stromversorgung erneuert und überlegt, welche Maßnahmen aus dem vergangenen Camping-Sommer verbessert werden können. Ein Thema ist beispielsweise der enge Spülbereich, in dem das Abstandsgebot letztes Jahr häufig gebrochen wurde. "Da bringen wir jetzt Außenwaschbecken an", erklärt die Betreiberin.
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Außerdem werden auf einigen Campingbuchten Privatbäder gebaut, so wird auch der Kontakt in den Sammelbädern reduziert. "Die Bäder werden von Messebauern angefertigt, die ansonsten derzeit arbeitslos wären", erklärt Ehrnsperger. Ansonsten stehen Grundputz und Waldarbeiten auf dem Plan. "Und auch die Verwaltungsarbeit ist derzeit nicht wenig", weiß Ehrnsperger.
Was sie besonders ärgert? "Keiner wusste bis kurz vor Ostern, dass wir nicht aufmachen dürfen. Dementsprechend haben wir im März extra neue Mitarbeiter eingestellt, um für einen Ansturm gewappnet zu sein." Diese Mitarbeiter darf sie nun wegen der zu kurzen Betriebsangehörigkeit nicht in Kurzarbeit schicken.
Wie geht es weiter?
Immer wieder erreichen einzelne Anfragen das Team von Susanne Ehrnsperger. "Normalerweise wären wir um die Zeit für die Sommerferien bereits ausgebucht." Die Verordnung der bayerischen Landesregierung, die den Camping-Tourismus einschränkt, gilt mindestens noch bis Anfang Mai.
Wie das Wirtschaftsministerium mitteilt, will es sich für eine zeitnahe und verantwortungsvolle Öffnung aller Beherbergungsbetriebe inklusive Campingplätze einsetzen. Aber erst, wenn es die Infektionszahlen zulassen. Noch hat Ehrnsperger einen finanziellen Puffer, den sie letztes Jahr aufbauen konnte. Aber der hält nicht mehr lang: "Wenn sie uns Pfingsten nicht öffnen lassen, wird es knapp."
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Auch Stefan Kubec weiß langsam nicht mehr, wie es weitergehen soll. Seine Frau, die zwei Töchter und der Hund wollen raus, der tägliche Spaziergang und der kleine Spielplatz im Garten werden auf Dauer langweilig. Für ihn ist das Campen ein Stück Freiheit, man ist flexibel, man kann die Kinder auf den abgeschlossenen Plätzen laufen lassen und braucht sich keine Gedanken machen. Das klappt seiner Meinung nach auch mit Abstand, Hygieneregeln und Schnelltest vor Betreten des Platzes. Er setzt sich deshalb gemeinsam mit anderen Campern in der Facebookgruppe "Campen mit Abstand" weiter für eine bundesweite Öffnung der Campingplätze ein. Am kommenden Samstag fährt er deshalb wieder los - mit seinem 79er-Dethleffs zur nächsten Demo in Berlin.
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