Vergewaltigung in Fürth: Prozess beginnt heute
16.7.2019, 07:33 UhrAls Elisabeth M. am 3. November 2018 gegen 8 Uhr morgens im Pegnitzgrund von einem Fremden mit einem Messer bedroht, in ein Gebüsch gezerrt und vergewaltigt wurde, war dies nicht nur ein Albtraum für die Frau, es war auch ein "besonders perfides Ausnahmedelikt", wie Polizeipräsident Roman Fertinger damals formulierte, stammen doch die Täter sexueller Übergriffe sonst eher aus dem Familien- und Bekanntenkreis der Geschädigten. 23 solcher Fälle listet die Statistik für Mittelfranken für das Jahr 2017 auf. Dass dagegen Fremde überfallartig ihr Opfer missbrauchen, hat sich 2017 im Regierungsbezirk dreimal ereignet.
Dazu kommt: Medien und Menschen bewerten diese Tat in jenen Herbsttagen nicht nur als Verbrechen, das geahndet werden muss, sondern auch als Politikum – handelt es sich doch bei dem mutmaßlichen Täter um einen 37 Jahre alten Türken, der so erheblich vorbestraft ist, dass er Deutschland längst hätte verlassen müssen.
Ab Dienstag muss er sich wegen schwerer Vergewaltigung und Körperverletzung vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth verantworten, bislang rechnet das Gericht mit 17 Verhandlungstagen. In aller Regel sind Gerichtsverhandlungen öffentlich, um sicherzustellen, dass eine Kontrolle durch die Bürger möglich ist – eine "Geheimjustiz" soll vermieden werden. Doch es ist zu erwarten, dass in diesem Strafverfahren in weiten Teilen die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Schließlich wird über den persönlichen Lebensbereich der Geschädigten zu sprechen sein, eine öffentliche Erörterung widerspricht dem Opferschutz.
Genaue Angaben des Opfers
Es war Elisabeth M. (Name geändert, aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wird ihr Alter mit etwa 50 Jahren angegeben), die der Polizei die besten Hinweise geben konnte, um die Spur ihres mutmaßlichen Peinigers aufzunehmen: Sie konnte sich damals befreien, flüchtete und vertraute sich einem Jogger an. Später half die Frau der Polizei mit einer präzisen Personenbeschreibung.
Eine Behördenmitarbeiterin erkannte einen Klienten. Der 37-jährige Türke, in Fürth geboren, geriet ins Visier der Ermittler. Er ist kein Unbekannter bei Polizei und Justiz – zuletzt saß er 2018 im Gefängnis und hätte als ausländischer Straftäter ausreisen müssen. Als er in Untersuchungshaft kam, wurde die Ausreisepflicht wegen des Ermittlungs- und Strafverfahrens ausgesetzt.
Nach der Festnahme des 37-Jährigen meldete sich im Herbst Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung zu Wort. Im Fürther Stadtrat hatte Rechtsreferent Mathias Kreitinger erläutert, dass die Ausländerbehörde keinen Fehler gemacht hatte. Vielmehr hätte sich der 37-jährige Türke K. als erheblich vorbestrafter, sogenannter ausreisepflichtiger Ausländer, nicht mehr hier aufhalten sollen. Er hätte abgeschoben werden können, hätte er nicht die Beschaffung seiner Papiere verzögert.
OB Jung sprach damals von einer Gesetzeslücke – und wies darauf hin, dass es nicht sein könne, dass Menschen, die schwerste Straftaten verübt haben, unseren Rechtsstaat aushebeln können. Er forderte künftig schnellere Abschiebehaft. Die meisten Fürther Stadträte stimmten dem OB damals zu – doch es entwickelte sich auch eine breite Diskussion.
In Fürth äußerte sich eine Integrationspreisträgerin und der Vorsitzende des Ausländerbeirats zustimmend. Gleichzeitig warnten Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbunds und der Allianz gegen Rechtsextremismus vor Populismus. Die Kritiker fürchteten, dass abgelehnte Asylbewerber und ausreisepflichtige Migranten pauschal in die Nähe von Kriminalität und sexualisierte Gewalt gerückt werden.